Historisches Museum Bremerhaven online

His­to­ri­sches Muse­um Bre­mer­ha­ven online

Wie alle ande­ren Muse­en auch, bleibt das His­to­ri­sche Muse­um Bre­mer­ha­ven wegen der Coro­na-Pan­de­mie vor­erst geschlos­sen. Da mög­lichst vie­le Men­schen zu Hau­se blei­ben sol­len, kommt das Muse­um jetzt wenigs­tens vir­tu­ell dort­hin: auf face­book und auf der Web­site des Muse­umsGestar­tet wird mit einer Serie über die aktu­el­le Son­der­aus­stel­lung „Die Geest­e­mün­der Unter­neh­mer­fa­mi­lie Kohn 1830–1967“.Historisches Museum Bremerhaven onlineDie Son­der­aus­stel­lung „Kapi­tä­ne und Holz­fa­bri­kan­ten. Geest­e­mün­der Unter­neh­mer­fa­mi­lie Kohn 1830–1967“ zeigt die Geschich­te einer erfolg­rei­chen Holz­fir­ma und ihrer Inha­ber und Inha­be­rin­nen, aber auch ein span­nen­des Kapi­tel der Geest­e­mün­der Stadt­ge­schich­te. Franz Johann Syab­be Kohn (1828–1877), der die Fir­ma „Pundt & Kohn“ grün­de­te, ver­brach­te sei­ne Kind­heit zunächst im kurz vor sei­ner Geburt gegrün­de­ten Bre­mer­ha­ven. Dort arbei­te­te sein Vater als Hafen­lot­se und spä­ter als Kapi­tän, bevor er auf der Ost­see ver­schol­len blieb. Trotz­dem zog es auch den jun­gen Franz J. S. Kohn zur See­fahrt. Mit finan­zi­el­ler Unter­stüt­zung sei­nes Stief­va­ters leg­te er sein Examen an der Steu­er­mann-Schu­le in Bre­men ab und fuhr schon mit 22 Jah­ren als Kapi­tän zur See. Wie für einen Bre­mer­ha­ve­ner Kapi­tän nicht anders zu erwar­ten wäre, fuhr er Aus­wan­de­rer nach Nord­ame­ri­ka. Die­se Fahr­ten dau­er­ten Mit­te des 19. Jahr­hun­derts noch sechs bis acht Wochen. Bei ungüns­ti­gen Wet­ter­be­din­gun­gen konn­ten die Rei­sen auch deut­lich län­ger andau­ern.Historisches Museum Bremerhaven onlineKaum zu glau­ben, dass auf der gera­de mal 27 Meter lan­gen Brigg „JOHANN“ bis zu 150 Pas­sa­gie­re im Zwi­schen­deck ein­schiff­ten. Die­ses Schiff, das der Mari­ne­ma­ler Carl Jus­tus Har­men Fede­ler (1799–1858) noch kurz vor sei­nem Tod für Kapi­tän Kohn auf einem Gemäl­de fest­hielt, hat­te sich Kohn 1853 in Els­fleth bau­en las­sen. Auf dem Gemäl­de, das vom Deut­schen Schiff­fahrts­mu­se­um als Leih­ga­be zur Ver­fü­gung gestellt wur­de, ist das Schiff unter vol­len Segeln im Wind lie­gend zu sehen. Obwohl Kapi­tän Kohn die See­fahrt lieb­te, gab er sein See­manns­le­ben 1862 aber auf, um in das Geest­e­mün­der Holz­ge­schäft ein­zu­stei­gen. Denn durch die auf­kom­men­de Dampf­schiff­fahrt ent­stand der Segel­schiff­fahrt immer grö­ße­re Kon­kur­renz  und durch die lan­gen Rei­sen blieb ihm auch wenig Zeit für die Fami­lie. Immer­hin war er schon drei­fa­cher Vater. Wie sei­ne Geschich­te wei­ter­geht, steht im nächs­ten Beitrag!

In locke­rer Fol­ge stellt Kura­to­rin Eve­lyn Frie­sen wei­te­re Expo­na­te aus der Aus­stel­lung mit Foto und kur­zem Text vor. 

 

Ein mit Dampf betriebener Rangierkran

Ein mit Dampf betrie­be­ner Rangierkran

Die­ser sel­te­ne Dampf-Ran­gier-Kran steht auf einem Gleis­stück im Außen­be­reich des Deut­schen Schif­fahrts­mu­se­um in Bremerhaven.

Ein mit Dampf betriebener Rangierkran

Der Kran sah im Jah­re 2012 noch sehr gepflegt aus

Der All­rad­an­trieb ermög­lich­te es, zwei bis drei Güter­wa­gen auf ebe­ner Stre­cke zu zie­hen. Dank eines Kegel­rad-Wen­de­ge­trie­bes konn­te der Kran Schwen­kun­gen um 360 Grad durch­füh­ren. Die gesam­te Maschi­nen­an­la­ge ist im Kran­füh­rer­haus unter­ge­bracht. Das Hub­werk besteht aus einer Seil­trom­mel, dem Stirn­rad mit Hand­brem­se und einem Rit­zel. Die Hub- und Senk­ge­schwin­dig­keit und das siche­re Fest­hal­ten der Las­ten wer­den mit einer kräf­ti­gen Fuß­brem­se reguliert.

Ein mit Dampf betriebener Rangierkran

Mitt­ler­wei­le gam­melt er vor sich hin.

Der durch eine Zwil­lings­dampf­ma­schi­ne ange­trie­be­ne Kran wur­de 1933 von der Fir­ma Oren­stein & Kop­pel in Lübeck gebaut und war bis 1972 auf der Jacht­werft Kurt Bartels in Els­fleth im Ein­satz. Nach­dem die Werft sich von dem Kran getrennt hat, restau­rier­te sie ihn und schenk­te ihn dem Deut­schen Schif­fahrts­mu­se­um in Bremerhaven.

Ein mit Dampf betriebener Rangierkran

Nie­mand scheint sich um den his­to­ri­schen Kran zu kümmern.

Mitt­ler­wei­le rot­tet der Dampf-Ran­gier-Kran lang­sam vor sich hin. Seit Wochen reg­net es durch drei zer­stör­te Fens­ter in das Inne­re des Kranführerhauses.

Repair Café in Bremerhaven

Repair Café in Bremerhaven
in der Werk­statt 212 in der Alten Bür­ger 212

Die nächs­ten Repair Cafés fin­den an fol­gen­den Ter­mi­nen statt:
Sonn­abend, 08. Febru­ar 2020 und jeden 2. Sams­tag im Monat,
jeweils von 12 bis 17 Uhr.

Über­all auf der Welt schie­ßen die Repair Cafés wie Pil­ze aus dem Boden. Ende 2013 gab es welt­weit 275 Repair Cafés. Ein Jahr spä­ter konn­te man schon 700 zäh­len. Allein in Deutsch­land wer­den in etwa 180 Repair Cafés Elek­tro­ge­rä­te und Möbel zu neu­em Leben erweckt.Repair Café in BremerhavenAm 13.12.2014 wur­de auch in der See­stadt in der Alten Bür­ger 212 vom Jugend­kli­ma­rat ein Repair Café eröff­net. Hier kann man Gegen­stän­de des täg­li­chen Bedarfs gemein­sam mit frei­wil­li­gen Tüft­lern repa­rie­ren, deren Repa­ra­tur aus wirt­schaft­li­cher Sicht unsin­nig wäre. Indus­trie­ma­schi­nen wer­den nicht repa­riert. Aber wer Pro­ble­me mit sei­nen all­täg­li­chen Gerä­ten hat, darf auf Hil­fe hof­fen. Frei­wil­li­ge Tüft­ler sind an die­sem Tag ger­ne bereit, sich der Din­ge anzu­neh­men. Ob es ein Toas­ter oder ein defek­tes Smart­phone ist, eine Lam­pe, ein Föhn, Spiel­zeug oder gar ein zer­bro­che­ner Stuhl. Hier bekommt man Hilfe.

Wir wol­len etwas gegen die Weg­werf­ge­sell­schaft und die Kurz­le­big­keit vie­ler Elek­tro­ge­rä­te tun und damit einen Teil zum Schutz von Mensch und Umwelt bei­tra­gen”, sagt die 13-jäh­ri­ge Swant­je Malin Schä­fer vom Jugend­kli­ma­rat Bre­mer­ha­ven, auf des­sen Initia­ti­ve das ers­te Repair Café in der See­stadt eröffnet.

Aber eines ist erwünscht. Jeder muss bereit sein mit­zu­ma­chen. Nur sei­ne Sachen abge­ben und nach erfolg­ter Repa­ra­tur wie­der abho­len, dass ist nicht der Sinn des Cafés. Hil­fe zur Selbst­hil­fe soll es hier geben, eine gemein­sa­me Lösungs­su­che wird ange­strebt. Viel­leicht bei Kaf­fee und Kuchen? So kommt man in Kon­takt und kann sei­ne prak­ti­schen Fähig­kei­ten ent­de­cken und weitergeben.

Frei­wil­li­ge Hel­fer sind jeder­zeit will­kom­men, Senio­ren, Stu­den­ten, Jugend­li­che, Kin­der oder ande­re Men­schen mit gerin­gem Ein­kom­men bei der Repa­ra­tur ihres Gegen­stan­des zu unter­stüt­zen. Ganz neben­bei wir so welt­weit rund 200.000 Kilo Elek­tro­ab­fall vermieden.

Eines soll aber ver­mie­den wer­den: Das Repair Café soll den ört­li­chen Fach­ge­schäf­ten kei­ne Kon­kur­renz machen. Des­halb wird im Café weder genäht noch wer­den Fahr­rä­der repariert.

Alles ist kos­ten­los, aber über frei­wil­li­ge Spen­den wür­de sich das Team des Repair-Cafés natür­lich freuen.
Quel­le:
Repair-Cafe Bre­mer­ha­ven

Die Nordstraße verändert ihr Gesicht

Die Nord­stra­ße ver­än­dert ihr Gesicht.

Eine Stra­ße ver­än­dert ihr Gesicht, wenn alt­ein­ge­ses­se­ne Geschäf­te auf­ge­ben, wenn die Spar­kas­sen­fi­lia­le ver­schwin­det oder wenn der lang­jäh­ri­ge Arzt sei­ne Pra­xis schließt. Und wenn ein gan­zer Gebäu­de­kom­plex abge­ris­sen wird, erkennt man das Vier­tel oft nicht wieder.

Thams  & Garfs eröff­ne­te bereits im Jah­re 1910 in Bre­mer­ha­ven eine Zweig­nie­der­las­sung. Nach dem 2. Welt­krieg wur­de das Haupt­ge­schäft in der in der Bür­ger­meis­ter-Smidt-Str. 93  als ers­tes Lebens­mit­tel­ge­schäft in Bre­mer­ha­ven  als Selbst­be­die­nungs­la­den aus­ge­stat­tet. Hier stell­te man schon Ende der 1950er Jah­re sei­ne Ein­käu­fe selbst zusam­men. Fri­sche Eier, Milch in Fla­schen, But­ter, Sah­ne Obst und Süßig­kei­ten wur­den in einen Draht­korb gelegt, dann ging man zur Kas­se. In Bre­mer­ha­ven gibt es im Jah­re 1970 neben der Fili­al­ver­wal­tung in der Gra­zer Stra­ße 50 neun Thams & Garfs-Filialen.

Die Nordstraße verändert ihr Gesicht

Die Thams & Garfs-Filia­le in der Nord­stra­ße 67 lei­tet Gün­ter Cor­des. Rück­ge­hen­de Umsät­ze ver­an­las­sen die Geschäfts­lei­tung, immer Filia­len zu schlie­ßen. Als Thams & Garfs im Jah­re 1986 end­gül­tig auf­ge­löst wird, über­nimmt Gün­ter Cor­des das Geschäft und  führt es in eige­ner Regie wei­ter. Der Laden flo­riert, und die Kun­den lie­ben “ihren” Kauf­mann. Alex­an­der stellt lako­nisch fest: “In die­sem Super­markt wur­de der Ser­vice groß geschrie­ben! Scha­de drum… .”

Auch Anja erin­nert sich: “Ja wirk­lich… sogar in der Obst- und Gemü­se­ab­tei­lung wur­de man per­sön­lich bedient! Und die Fleisch- und Wurst­the­ke war sehr gut sor­tiert und immer schön frisch… das war sehr gemüt­li­ches Ein­kau­fen, wie frü­her mit Mutti.”

Die Nordstraße verändert ihr Gesicht

Tan­ja, die in der Nord­stra­ße groß gewor­den ist, beschreibt sehr plas­tisch, wel­che Ein­kaufs­er­leb­nis­se sie hat­te: “Mei­ne Mut­ter hat­te einen Schre­ber­gar­ten kurz hin­ter Cor­des, und somit hab ich bereits als Kind mein Eis dort bei “Tham­mel & Gam­mel” geholt. Erst als Jugend­li­che und spä­ter als jun­ge Erwach­se­ne habe ich dann wei­ter­hin bei Cor­des eingekauft.

Die Kin­der beka­men dort immer ein Würst­chen oder ’ne Schei­be Wurst in die Hand gedrückt, wenn Mut­ti dort ein­kauf­te. Ich weiß noch, wie mei­ne Toch­ter als Klein­kind im Laden ein­mal einen ful­mi­nan­ten Wut­an­fall bekam, — und ich mich soooo geär­gert hab, als sie trotz­dem “ihre” Wurst an der Fleisch­the­ke bekam.

Ich habe sehr ger­ne dort ein­ge­kauft und beson­ders den “alten” Flei­scher ver­mis­se ich heu­te noch. Fleisch in der Qua­li­tät habe ich seit­dem kaum wie­der bekom­men. Und es war so prak­tisch! Eben bei der Spar­kas­se einen Scheck ein­lö­sen (Geld­au­to­ma­ten gab es noch nicht), bei Cor­des ein­kau­fen, und auf dem Rück­weg eben bei der Post Brief­mar­ken raus­ho­len! Über­all einen kur­zen Schnack hal­ten, weil jeder sich kann­te, und dann zufrie­den nach Hau­se dackeln.”

An die Wurst­ge­schen­ke erin­nert sich auch Uwe ger­ne: “Immer wenn ich mit mei­ner Mut­ter bei Thams & Garfs (Tam­mel und Gam­mel) ein­kau­fen war, gab es für mich ein Würst­chen an der Fleisch­the­ke. Auf die ging man direkt zu, wenn man den Gang vom Ein­gang aus lang­ge­gan­gen ist… .”

Günter Cordes bei der Arbeit

Über dem Super­markt resi­dier­te ein Uro­lo­ge. Mit­te der 1970er-Jah­re beglei­tet Ter­ry sei­ne Mut­ter dort­hin. Er schau­te aus dem Fens­ter und zähl­te die Autos, “die aus Rich­tung Flö­ten­kiel her­an­ge­fah­ren kamen — wobei mich am meis­ten inter­es­siert hat, wie oft ein Mer­ce­des dar­un­ter war. Im Schnitt waren es 36 % , dar­an erin­ne­re ich mich noch… .”

Rechts neben dem Fri­schemarkt emp­fängt die Städ­ti­sche Spar­kas­se ihre Kun­den und ver­sorgt sie mit Bar­geld und ande­ren Finanz­ge­schäf­ten. Jule hat dort von 1979 bis 1983 ihre Aus­bil­dung absol­viert: “Die Städ­ti­sche Spar­kas­se hat­te damals 15 Filia­len, ver­teilt über das gesam­te Stadt­ge­biet. Die Filia­le Nord­stra­ße befand sich in dem glei­chen mit Wasch­be­ton ver­klei­de­ten Gebäu­de, in dem auch der Super­markt befand.”

Ter­ry gefiel der Innen­raum der Spar­kas­sen­fi­lia­le gut und Uwe Z. weiß noch: “Jeden Welt­spar­tag habe ich auf der Spar­kas­se mei­ne säu­ber­lich geroll­ten Mün­zen abge­ge­ben und auf mein Spar­buch eingezahlt… .”

Gün­ter Cor­des macht mit sei­nem 300-Qua­drat­me­ter-Frisch­markt gute Umsät­ze – bis die Städ­ti­sche Spar­kas­se im August 2002 die Nord­stra­ße ver­lässt und fort­an ihre Geld­ge­schäf­te an der Pfer­de­ba­de betreibt. “Das Kun­den­ver­hal­ten hat sich in den letz­ten Jah­ren erheb­lich ver­än­dert”, erklär­te damals ein Spar­kas­sen-Vor­stands­mit­glied der Nord­see-Zei­tung. “Wir sind da, wo der Kun­de ist. Die expo­nier­te Lage und die kos­ten­in­ten­si­ve Reno­vie­rung der alten Räum­lich­kei­ten in der Nord­stra­ße mach­ten uns die Ent­schei­dung leicht”, war im sel­ben Arti­kel zu lesen.

Die Nordstraße verändert ihr Gesicht

Auch die in der Nähe gele­ge­ne Post schließt, und für Gün­ter Cor­des beginnt “das Ster­ben auf Raten” – “ganz lang­sam.” Es wird fort­an schwer für ihn. Nicht die Nähe zum Real-Markt ist das Pro­blem. Die Bil­lig-Dis­coun­ter sind es. Am Blink haben gleich meh­re­re Dis­coun­ter eröff­net, und vie­le Kun­den gehen nun dort ein­kau­fen. Etwa ein Drit­tel der Kun­den hal­ten “ihrem” Kauf­mann die Treue und erle­di­gen ihre kom­plet­ten Ein­käu­fe wei­ter­hin bei Gün­ter Cor­des. Die ande­ren – vor­wie­gend jün­ge­re Leu­te – kau­fen in der Nord­stra­ße nur noch das ein, was sie beim Dis­coun­ter ver­ges­sen haben.

Am 31. Juli 2013 schließt der 66-Jäh­ri­ge Gün­ter Cor­des nach 27 Jah­ren sei­nen Fri­schemarkt. “Rea­lis­tisch betrach­tet hät­te ich schon vor zehn Jah­ren schlie­ßen müs­sen. Seit­dem habe ich nur rein­but­tern müs­sen und dadurch mei­ne Alters­vor­sor­ge ver­lo­ren”, erklärt er der Nord­see-Zei­tung. Sei­ne Mit­ar­bei­ter, eine Halb­tags­kraft, zwei Voll­zeit­be­schäf­tig­te und sie­ben 400-Euro-Mit­ar­bei­ter, müs­sen sich eine neue Beschäf­ti­gung suchen.

Lehe

Die Nord­stra­ße wur­de im Jah­re 1904 ange­legt. Sie soll die Lan­ge Stra­ße ent­las­ten, über die damals der Ver­kehr in bei­de Rich­tun­gen geführt wird. Die Nord­stra­ße ver­bin­det den Flö­ten­kiel mit der Hafenstraße.

Nicht nur der Auto­ver­kehr fließt durch die Nord­stra­ße. Auf den Schlacht­fel­dern Euro­pas tobt der Ers­te Welt­krieg, als die Arbei­ter­ju­gend sich auf den Weg zu einem Wald­fest macht und durch die Nord­stra­ße läuft.

Als der Zwei­te Welt­krieg vor­bei ist, kom­men Jeeps der 51. High­land Divi­si­on die Nord­stra­ße her­un­ter­ge­fah­ren, um die Stadt zu beset­zen. Karl Will­ms beschreibt in der Nord­see-Zei­tung: “Da kamen sie aus der Nord­stra­ße her­an. Autos, Jeeps, die saßen da drin mit Waf­fe im Anschlag, wir drück­ten uns die Nasen platt am Türglas.“

Und es gibt auch Erin­ne­run­gen an Kar­ne­vals­um­zü­ge oder an Demons­tra­tio­nen gegen die Sta­tio­nie­rung der Pers­hing-II-Rake­ten im Okto­ber 1983. Damals zie­hen tau­sen­de Demons­tran­ten durch die Nord­stra­ße. Wem es zu eng wird, der spa­ziert ein­fach über die gepark­ten Autos.

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Trotz­dem wohnt man ger­ne in der Nord­stra­ße. Zwi­schen dem Atlan­tic-Hotel und dem Gericht gibt es schö­ne Alt­bau­woh­nun­gen. Es ist eng hier und gemüt­lich. Bus­li­ni­en, Spar­kas­se und Post, Ärz­te und Super­märk­te – alles ist fuß­läu­fig erreich­bar. Sogar ein klei­nes Knei­pen­vier­tel gibt es.

Heu­te hat sich vie­les ver­än­dert. Eine Post ist gibt es hier nicht mehr, und das ehe­ma­li­ge Wasch­be­ton­ge­bäu­de war lan­ge ver­waist. Der Super­markt hat geschlos­sen, die Ärz­te sind ver­schwun­den, und die Spar­kas­se ist auch längst nicht mehr da. Fünf Jah­re rot­tet der ehe­ma­li­ge Fri­sche-Markt vor sich hin.

Die Nordstraße verändert ihr Gesicht

Im Jah­re 2016 kauft ein Inves­tor das 700 Qua­drat­me­ter gro­ße Grund­stück und läßt die 1965 erstell­te Hal­le abrei­ßen. Auch die Tief­ga­ra­ge wird nicht ver­schont. Für 3,8 Mil­lio­nen Euro soll hier ein neu­er pyra­mi­den­för­mi­ger Gebäu­de­kom­plex ent­ste­hen: 17 Woh­nun­gen, zwei Pent­house­woh­nun­gen, Arzt­pra­xis, Tief­ga­ra­ge. Die Zufahrt wird in die Tor­gau­er Stra­ße verlegt.

Eine Stra­ße ver­än­dert ihr Gesicht!

Nach­trag vom 28.12.2019
Ein Haus­arzt und ein Phy­sio­the­ra­peut sind die ers­ten, die am 1. Juli 2019 trotz Bau­stel­le in das Erd­ge­schoss des neu­en Miets­hau­ses ein­zie­hen.Die Nordstraße verändert ihr GesichtDie ande­ren Woh­nun­gen sind seit 1. Okto­ber 2019 bezugs­fer­tig. 13 Zwei- und Drei-Zim­mer-Woh­nun­gen wer­den als sozia­ler Woh­nungs­bau staat­lich geför­dert.Die Nordstraße verändert ihr GesichtQuel­len:
J. Rab­bel: Das Laden­ster­ben geht wei­ter, Nord­see-Zei­tung vom 5.7.2013
Von der  Nord­stra­ße zur Pfer­de­ba­de umge­zo­gen, Nord­see-Zei­tung v. 10.8.2002
Spar­kas­sen-Stand­ort an der Pfer­de­ba­de, Nord­see-Zei­tung vom 12.8.2002
Lach­kol­ler und But­jer­cou­ra­ge, Nord­see-Zei­tung vom 7.5.2005
Zwi­schen Lach­krampf und Laus­bu­ben­mut, Nord­see-Zei­tung vom 7.5.2005
S. Schwan: Tschüss, olle Gru­sel­hal­le, Nord­see-Zei­tung vom 16.10.2017
H. Haus­hahn: Ham­bur­ger Kaf­fee-Lager Thams & Garfs Paul Düvier GmbH, BEW aktu­ell 03/2016, Sei­ten 34 + 35
juwis’s welt: Kurs abge­steckt Rich­tung Geisterstadt?
S. Schwan: Neu­es Miets­haus für Lehe ist fer­tig, NORD24.de vom 5.7.2019

Die Geschichte der Unternehmerfamilie Kohn in Geestemünde

Die Geschich­te der Unter­neh­mer­fa­mi­lie Kohn in Geestemünde

Mit der neu­en Son­der­aus­stel­lung “Kapi­tä­ne und Holz­fa­bri­kan­ten – Die Geest­e­mün­der Unter­neh­mer­fa­mi­lie Kohn 1830–1967” wid­met sich das His­to­ri­sche Muse­um Bre­mer­ha­ven einem in Ver­ges­sen­heit gera­te­nen Kapi­tel der Geest­e­mün­der Geschich­te. Über drei Gene­ra­tio­nen lei­te­ten Mit­glie­der der Fami­lie Kohn die Fir­ma “Pundt & Kohn”, die Holz impor­tier­te und eine Holz­fa­brik am Quer­ka­nal betrieb. Ihre Geschich­te zeigt die Bedeu­tung des Holz­han­dels für Geest­e­mün­de und erin­nert an Hafen­an­la­gen und Gebäu­de, die längst aus dem Stadt­bild ver­schwun­den sind.Unternehmerfamilie KohnFranz Johann Syab­be Kohn (1828–1877) war Kapi­tän auf Aus­wan­de­rer­schif­fen, bevor er im auf­stre­ben­den Hafen­ort Geest­e­mün­de sess­haft wur­de und 1863 mit Kapi­tän Diet­rich Pundt die Fir­ma “Pundt & Kohn” an der Gees­te grün­de­te. Sein Sohn Franz Kohn (1857–1909) eröff­ne­te das Säge­werk “Back­haus & Co.” und bau­te das Fami­li­en­un­ter­neh­men zu einer der bedeu­tends­ten Holz­fir­men an der Unter­we­ser aus. Als Sena­tor beglei­te­te er vie­le Neu­bau­pro­jek­te in Geest­e­mün­de. Ger­hard Kohn (1883–1962) und Hans Kohn (1887–1967) führ­ten “Pundt & Kohn” erfolg­reich durch die wirt­schaft­li­chen Kri­sen nach dem Ers­ten Welt­krieg. Wäh­rend Hans Kohn 1924 Sena­tor und 1933 Prä­si­dent der Indus­trie- und Han­dels­kam­mer in Weser­mün­de wur­de, ver­leg­te Ger­hard Kohn sei­nen Schwer­punkt nach Mel­le bei Osna­brück und betei­lig­te sich am Auf­bau der dor­ti­gen Möbel­in­dus­trie. 1937 änder­te die Fami­lie ihren jüdisch klin­gen­den Nach­na­men in “Koh­nert” und benann­te auch das Unter­neh­men um. “Pundt & Koh­nert”, schwer getrof­fen vom Luft­an­griff auf Weser­mün­de 1944, konn­te nach dem Zwei­ten Welt­krieg nicht an die frü­he­ren Erfol­ge anschlie­ßen und wur­de 1967 aufgelöst.

In der Aus­stel­lung wer­den 50 his­to­ri­sche Foto­gra­fien, Sti­che, Plä­ne und Doku­men­te sowie 12 Gemäl­de gezeigt, die über­wie­gend aus der Samm­lung des His­to­ri­schen Muse­ums Bre­mer­ha­ven stam­men. Ein Teil der Expo­na­te, wie das sel­te­ne Gemäl­de der Scho­ner­bark “Sali­er” beim Holz­la­den in den Tro­pen aus der Zeit um 1877, wur­de dem Muse­um aus dem Nach­lass von Johan­na Mat­teuc­ci, geb. Koh­nert (1944–2015), gestif­tet. Dazu zählt auch eine Aus­wahl an Gemäl­den von Hans Koh­nert, der an der Kunst­schu­le in Wei­mar stu­diert hat­te. Sein Enkel Dr. Dirk Koh­nert unter­stütz­te die Aus­stel­lung durch Leih­ga­ben und zahl­rei­che Infor­ma­tio­nen zur Fami­li­en­ge­schich­te. Vier Gemäl­de aus dem ehe­ma­li­gen Fami­li­en­be­sitz stellt das Deut­sche Schiff­fahrts­mu­se­um als Leih­ga­ben zur Verfügung.

Kapi­tä­ne und Holz­fa­bri­kan­ten – Die Geest­e­mün­der Unter­neh­mer­fa­mi­lie Kohn 1830–1967
Son­der­aus­stel­lung 30.11.2019 bis 03.05.2020
His­to­ri­sches Muse­um Bremerhaven
An der Gees­te, 27570 Bremerhaven
Di-So 10–17 Uhr, Ein­tritt frei
Pres­se­mit­tei­lung:
His­to­ri­sche Muse­um Bre­mer­ha­venHMB aktu­ell 61/19 – 28.11.2019

Abrissbagger in Bremerhavens Fritz-Reuter-Strasse

Abriss­bag­ger in Bre­mer­ha­vens Fritz-Reuter-Strasse

Seit fast zwei Wochen ste­hen zwei Abriss­bag­ger in Bre­mer­ha­vens Fritz-Reu­ter-Stra­ße. Als Opfer haben sie sich das Haus Num­mer 6 aus­ge­sucht. Man ver­mu­tet, dass das Gebäu­de Anfang der 1920er Jah­re errich­tet wur­de. Die Bau­sub­stanz soll so schlecht sein, dass eine Sanie­rung nicht mehr mög­lich ist. Abrissbagger in Bremerhavens Fritz-Reuter-StrasseDas Grund­stück mit dem dar­auf ste­hen­den Haus Num­mer 6 hat die GWF Immo­bi­li­en GmbH erwor­ben. Sie will im Jahr 2020 damit begin­nen, auf dem dann fer­tig beräum­ten Grund­stück ein neu­es Wohn- und Geschäfts­haus zu errich­ten. 14 neue Ein‑, Zwei- und Drei-Zim­mer-Woh­nun­gen hat die GWF geplant. Das Erd­ge­schoss ist für Gewer­be­flä­chen vor­ge­se­hen.Abrissbagger in Bremerhavens Fritz-Reuter-StrasseDie GWF hat etwa 1400 in Geest­e­mün­de, Lehe und Mit­te bele­ge­ne Woh­nun­gen im Bestand. In einer Zeit größ­ter Woh­nungs­not grün­de­te im Jah­re 1927 dama­li­ge Mie­ter­ver­ein Bre­mer­ha­ven e.V. sei­ne eige­ne Woh­nungs­bau­ge­sell­schaft, die heu­ti­ge GWF Woh­nungs- und Immo­bi­li­en GmbH. 
Quel­le:
Nord­see-Zei­tung vom 31.7.2019: “Nach Abriss soll ein Neu­bau entstehen”

Taufparty für die “Vasco da Gama”

Tauf­par­ty für die “Vas­co da Gama”

Das war schon ein sel­te­nes Schau­spiel, wel­ches am ver­gan­ge­nen Pfingst­sonn­tag auf der Weser gebo­ten wur­de. Eine gro­ße Tauf­par­ty für die “Vas­co da Gama” hat vie­le Zuschau­er an die See­bä­der­ka­je gelockt. War der Wil­ly-Brandt-Platz schon am Nach­mit­tag des 9. Juni 2018 um 17 Uhr gut besucht, füll­te er sich ab 20 Uhr merk­lich. Die Schau­lus­ti­gen mar­schier­ten direkt zur Weser, um an der Kaje einen guten Platz zu erwi­schen. Über­all auf der See­bä­der­ka­je wur­den die Smart­phones gezückt, um die Tauf­par­ty für die “Vas­co da Gama” auf einem Foto fest­zu­hal­ten.Taufparty für die "Vasco da Gama"Eigent­lich soll­te die “Vas­co da Gama” erst am Tage der Tauf­par­ty in Bre­mer­ha­ven ein­tref­fen. Doch das Sturm­tief “Ivan” ver­an­lass­te den grie­chi­schen Kapi­tän, Ams­ter­dam nicht anzu­lau­fen son­dern direkt Bre­mer­ha­ven anzu­steu­ern. So mach­te das 219 Meter lan­ge Kreuz­fahrt­schiff bereits am Sonn­abend gegen 20.30 Uhr an der Colum­bus­ka­je fest. 

Die Däm­me­rung hat­te bereits ein­ge­setzt, als die “Vas­co da Gama” lang­sam auf der Weser auf­tauch­te. Zwei Schlep­per brach­ten das Kreuz­fahrt­schiff auf sei­ne Posi­ti­on direkt vor der See­bä­der­ka­je. Toll unter­hal­ten von der Band “United Four” ver­folg­ten etwa 2000 fei­ern­de Zuschau­er auf einer gro­ßen Video­lein­wand, wie auf der “Vas­co da Gama” der Mode­ra­tor Uwe Bahn die Tauf­pa­tin Annett Loui­san ankün­dig­te. Mit einem kräf­ti­gen Hieb auf einen gro­ßen roten Buz­ze­re und den Wor­ten: “Ich wün­sche dir, du schö­nes Schiff, immer eine Hand­breit Was­ser unterm Kiel”, lös­te die Tauf­pa­tin einen elek­tri­schen Kon­takt aus. Dar­auf­hin ließ ein eiser­ner Arm eine Fla­sche Cham­pa­gner am Bug des Kreuz­fah­rers zer­schel­len.Taufparty für die "Vasco da Gama"An Land und an Bord sorg­te der lei­der nur kur­ze Auf­tritt der han­no­ver­schen Rock­band “Fury in the Slaugh­ter­house” für eine tol­le Stim­mung. Gemein­sam mit Annett Loui­san stimm­ten die Band­mit­glie­der spon­tan das schö­ne Lied “Trap­ped Today, Trap­ped Tomor­row” an. Die Stim­me der Tauf­pa­tin war aber lei­der zu schwach, sie konn­te sich ein­fach nicht durchsetzen.

Nach die­sem Schau­spiel rich­te­ten die Zuschau­er auf dem Schiff und auf der Kaje ihren Blick in süd­li­cher Rich­tung. Über der Geest­e­mo­le erleuch­te­te ein von wun­der­schö­ner Musik unter­mal­tes impo­san­tes Feu­er­werk den Him­mel und bil­de­te den krö­nen­den Abschluss der Schiffs­tau­fe.Taufparty für die "Vasco da Gama"Am Pfingst­mon­tag brach die “Vas­co da Gama” mit 1108 Gäs­ten zu ihrer zehn­tä­gi­gen Tauf­rei­se in die Fjord-Land­schaft Süd­nor­we­gens auf. Neun Näch­te lang kön­nen die ers­ten Pas­sa­gie­re das von Tran­sO­ce­an umge­bau­te Schiff, das im Jah­re 1994 als Pas­sa­gier­schiff “Sta­ten­dam” in Dienst gestellt wur­de, erkun­den. Anschlie­ßend wird der Kreuz­li­ner in Bre­mer­ha­ven zurückerwartet. 
Quel­len:
K. Mün­de­lein: Am Sonn­tag will sie nur tau­fen, Nord­see-Zei­tung vom 5.6.2019
Tauf­par­ty für Kreuz­fah­rer, Sonn­tags­jour­nal vom 9.6.2019

Der Kalkofen in Lehe

Der Kalk­ofen in Lehe

Wäh­rend der ers­te Kalk­ofen in Lehe schon für das 18. Jahr­hun­dert nach­ge­wie­sen ist, waren hier nach 1840 bis zu vier Brenn­öfen in Betrieb. Der eine stand am Bahn­über­gang und war im Besit­ze der Fami­lie Will­ms. Der Stand­ort des Tim­mer­mann­schen Ofens wird in der Nähe der alten Grau­pen­müh­le und der Fran­zo­sen­brü­cke ver­mu­tet, und zwar in der Nach­bar­schaft des Leher Hafens. Ein drit­ter Ofen hat­te sei­nen Platz auf dem Kötz­feld, west­lich von dem Markt­platz, auf dem einst die “Ger­ma­nia” stand. Der statt­lichs­te und moderns­te Kalk­ofen in Lehe war aber ohne Zwei­fel der, den im Jah­re 1850 der Groß­va­ter  von Buern­hu­us­vad­der Jan Bohls gemein­sam mit den Leher Bür­gern Krü­ger und Wöhl­ken  im Leher Büt­tel nahe der obe­ren Hafen­stra­ße errich­tet hat.Der Kalkofen in LeheLehe hat­te nicht ohne Grund vier Kalk­hüt­ten: Der Fle­cken hat­te in der Zeit von 1734 bis 1808 durch fünf schwe­re Brand­ka­ta­stro­phen 396 Wohn­häu­ser ver­lo­ren. Davon leg­te der Brand von 1796 gan­ze 160 Bau­ten in Schutt und Asche und im Jah­re 1808 wei­te­re 147. Es setz­te eine Bau­tä­tig­keit ein, wie sie Lehe vor­her noch nie erlebt hat­te. Auch das im Jah­re 1827 gegrün­de­te Bre­mer­ha­ven ver­lang­te auf­grund der ein­set­zen­den regen Bau­tä­tig­keit nach Kalk­mör­tel und Bau­stei­nen. Zement gab es damals noch nicht, folg­lich ver­wen­de­te man Muschel­kalk als Bin­de­mit­tel zwi­schen den Stei­nen. Die Fol­ge war eine außer­ge­wöhn­lich star­ke Nach­fra­ge nach Kalk. 

Das Roh­ma­te­ri­al fand man in den Mün­dungs­ge­bie­ten von Elbe und Weser, näm­lich Muscheln und Schne­cken­ge­häu­se. Im Som­mer lie­ßen die Fischer ihre fla­chen Boo­te bei Ebbe tro­cken fal­len und gru­ben kör­be­wei­se Muscheln und Schne­cken müh­sam aus dem Sand aus. Die Fischer brauch­ten bis zu drei Tage, bis ein Kahn voll war. Die „Muschel­scha­len-Fische­rei“, nann­te man in Platt „Schil­len“ (Schill = Scha­le) nann­te. Mit Pfer­de­ge­span­nen wur­den die Muschel­scha­len und Schne­cken­ge­häu­se von den Schill­fi­schern zu den Kal­kö­fen trans­por­tiert und in einem beson­de­ren Ver­fah­ren zu Kalk­mehl verbrannt.

Der Ofen im Leher Büt­tel ist 11,60 Meter hoch und hat einen Durch­mes­ser von 6 Metern. Die Mau­er ist 0,47 Meter dick. Über dem Erd­bo­den befin­den sich drei Rei­hen Zug­lö­cher. An der Nord­sei­te befin­den sich drei gro­ße Öff­nun­gen zum Ein­schüt­ten der Füllmasse. 

Zuerst stell­te der Brand­meis­ter im Ofen eine dop­pel­te Torf­schicht so auf, dass die Torf­so­den in auf­rech­ter Stel­lung schräg gegen­ein­an­der stan­den. Auf die­se Schicht schüt­te­te er dann eine 10 cm dicke Lage Muscheln. Wei­te­re Torf- und Muschel­schich­ten folg­ten, die zunächst durch die Sei­ten­öff­nun­gen und zum Schluss durch den Schorn­stein ein­ge­bracht wur­den. Auf Lei­tern wuch­te­ten die Arbei­ter die mit dem Torf und mit den Muschel­scha­len gefüll­ten Kör­be zu den Luken hinauf.

In die Mit­te des Füll­gu­tes wur­de ein Eisen­rohr gestellt, um einen Schacht – den “Schorn­stein” – zu bil­den. War der Kalk­ofen gefüllt, wur­de das Eisen­rohr ent­fernt. Schließ­lich wur­den die Öff­nun­gen mit Mau­er­stei­ne ver­schlos­sen. Dann füll­te man glü­hen­de Holz­koh­le in den “Schorn­stein”. Die Brenn­hit­ze erreich­te tau­send Grad. Damit der Ofen nicht aus­ein­an­der­plat­zen wür­de, sicher­ten acht Eisen­bin­der und eine Ket­te das einen hal­ben Meter dicke Mau­er­werk.Der Kalkofen in LeheDrei Tage zogen dicke Rauch­schwa­den durch den Fle­cken, dann lag auf dem Boden des Ofens das mit der Tor­fa­sche ver­misch­te hei­ße Kalk­mehl. Man zog es aus der unte­ren Luke und trans­por­tier­te es zum unmit­tel­bar dane­ben­lie­gen­den “Kalk­haus”. Dort gos­sen die “Löscher” bis zu zwan­zig Eimer Was­ser auf den hei­ßen Kalk und ver­rühr­ten ihn in Holz­trö­gen zu einem fei­nen Brei. Mit Eisen­schlä­geln, die an einem Holz­stiel befes­tigt waren, wur­de nun die Mas­se unter stän­di­gem Rüh­ren hin und her, um auch die nicht ver­brann­ten Muschel­stü­cke zu zerkleinern.

Eine mit Muschel­kalk gefüll­te Ton­ne kos­te­te damals etwa vier Reichs­mark. Der hoch­wer­ti­ge Muschel­kalk wur­de bis nach Thü­rin­gen und in die Mag­de­bur­ger Bör­de verkauft.

In Bre­mer­ha­ven-Lehe gibt es noch einen Zeu­gen der Muschel­kalk-Her­stel­lung. Wie eine selt­sam geform­te Stein­gut­fla­sche erhebt sich der Kalk­ofen an der Weich­sel­stra­ße im Leher Büt­tel. Die­ses im Jah­re 1850 erbau­te Indus­trie­denk­mal ist der ein­zi­ge noch erhal­te­ne Brenn­ofen an der Unter­we­ser und der ein­zi­ge Über­le­ben­de von den ursprüng­lich vier Leher Öfen.

Seit dem Jah­re 1870 ist der Büt­te­ler Ofen erkal­tet. Die Zeit des Muschel­kalks war vor­bei. Man benutz­te ihn nur noch zum Wei­ßen der Innen­räu­me, solan­ge es in den Alt­bau­ten noch kei­ne Tape­ten gab. An die Stel­le des Muschel­kal­kes trat nun der mit der Bahn oder auf Schif­fen her­an­ge­hol­te Stein­kalk. Und dann trat der Port­land-Zement sei­nen Sie­ges­zug an.

Aber 25 Jah­re spä­ter zog in den Kalk­ofen in Lehe neu­es Leben ein. Im Jah­re 1895 hat ein Stor­chen­paar auf dem erlo­sche­nen Schorn­stein sein Nest gebaut, und jeden Früh­ling war­te­te ganz Lehe auf die Rück­kehr der Stör­che.Der Kalkofen in LeheIm Jah­re 1976 wur­de der Kalk­ofen im Leher Büt­tel unter Denk­mal­schutz gestellt. Er gilt als tech­ni­sches Denk­mal mit gro­ßem Sel­ten­heits­wert in der Kul­tur­land­schaft Nord­deutsch­lands und wur­de 2012 für 20.000 Euro mit Hil­fe der Stif­tung Wohn­li­che Stadt saniert. Bereits 1939 wür­dig­te das Inven­tar der Kunst­denk­ma­le der Pro­vinz Han­no­ver den Kalk­ofen im Leher Büt­tel als Denk­mal einer vor­in­dus­tri­el­len Epo­che mit einer Abbildung.
Quel­len:
H. Schrö­der: Geschich­ten der Stadt Lehe, Sei­te 222
C. C. Cor­des: Der alte Kalk­ofen im Leher Büt­tel, Nie­der­deut­sches Hei­mat­blatt Nr. 217 vom Janu­ar 1968
H. Cars­tens: Zement ver­dräng­te Muschel­kalk, Nie­der­deut­sches Hei­mat­blatt Nr. 722 vom Febru­ar 2010
B. Sche­per: Bre­mer­ha­ven so wie es war, Sei­te 25
H. Gab­cke: Bre­mer­ha­ven in zwei Jahr­hun­der­ten 1827 – 1918, Sei­te 63
Lan­des­amt für Denk­mal­pfle­ge: Kalk­ofen