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Das war meine Werft — Folge 11

Das war mei­ne Werft — Fol­ge 11

Durch die stock­dunk­le Nacht prescht ein rie­si­ges Schiff mit fünf haus­ho­hen Mas­ten durch die schwie­ri­gen Gewäs­ser süd­lich der eng­li­schen Küs­te nach Wes­ten, dem Atlan­ti­schen Oze­an ent­ge­gen. Nur durch die Kraft des Win­des und ohne Maschi­nen­un­ter­stüt­zung wird das bis zum Maxi­mum bela­de­ne größ­te quer­ge­ta­kel­te Segel­schiff der Welt vor­an­ge­trie­ben. Es ist die Preu­ßen, die bei der Joh. C. Teck­len­borg Werft am 7. Mai 1902 vom Sta­pel lief.Das war meine Werft - Folge 111842 errich­te­te der Bre­mer Zim­mer­baas Jan Simon Abe­gg in Bre­mer­ha­ven einen Schiff­bau­be­trieb. 1845 über­nahm Franz Teck­len­borg die Werft. Die Lei­tung hat­te der gelern­te Schiffs­zim­me­rer Johann Carl Teck­len­borg inne. Die Schiffs­werft trug den Namen “Joh. C. Teck­len­borg A.-G. Schiffs­werft und Maschi­nen­fa­brik, Bre­mer­ha­ven-Geest­e­mün­de”.   Um die Wen­de zum 20sten Jahr­hun­dert zähl­te die Teck­len­borg-Werft im damals preu­ßi­schen Geest­e­mün­de  zu den ältes­ten und bedeu­tends­ten Werf­ten im Deut­schen Reich.

Tecklenborg Werbung

Zunächst bau­te Teck­len­borg Holz­schif­fe, schaff­te aber – wie nur weni­ge Werf­ten — den Über­gang zum moder­nen Eisen­schiff­bau. Dafür war es erfor­der­lich, die Werft auf die ande­re Sei­te der Gees­te nach Geest­e­mün­de zu ver­le­gen. Teck­len­borg kauf­te 1881 auf dem Mühl­acker — einer von der Gees­te umflos­se­nen Halb­in­sel — ein ent­spre­chen­des Gelän­de für neue moder­ne Werft­an­la­gen und bau­te fort­an auf bis zu sie­ben Hel­gen Damp­fer und Segel­schif­fe aus Eisen und Stahl und begann mit dem Kes­sel- und Maschinenbau.

Joh. C. Tecklenborg Werbung

18 Groß­seg­ler lie­fen hier vom Sta­pel, dar­un­ter auch das Fünf­mast­voll­schiff “Preu­ßen”, das die für ein Segel­schiff unglaub­li­chen Abmes­sun­gen von 135,5 Meter Län­ge und 16,4 Meter Brei­te auf­wies. Der Groß­mast hat­te eine Höhe von 57 Metern, und die Segel­flä­che betrugt rie­si­ge 5560 Qua­drat­me­ter. Das Schiff war der gan­ze Stolz der in Ham­burg ansäs­si­gen Ree­de­rei  F. Laeisz, die es vor­wie­gend zum Trans­port von Sal­pe­ter von Süd­ame­ri­ka nach Deutsch­land ein­setz­te. Der Rah­seg­ler “Preu­ßen” war das ein­zi­ge Fünf-Mast-Voll­schiff ohne Hilfs­an­trieb, das jemals die Mee­re befuhr. Sie dien­te als Vor­bild für das im Jah­re 2000 in Dienst gestell­te Segel-Kreuz­fahrt­schiff “Roy­al Clip­per”.Das war meine Werft - Folge 11Auch die eben­falls an die Ree­de­rei F. Laeisz abge­lie­fer­te Vier­mast­stahl­bark, “Padua” lief hier im Jah­re 1926 vom Sta­pel. Das Schiff, das heu­te mit dem Namen “Kru­zens­tern” unter rus­si­scher Flag­ge segelt, gehör­te zu den berühm­ten Fly­ing P‑Linern der Redee­rei. Regel­mä­ßig macht der Groß­seg­ler in Bre­mer­ha­ven fest.

Tecklenborg-Werft

1914 wur­de am Vor­abend des Ers­ten Welt­krie­ges das für den “Deutschen–Schulschiff-Verein” auf der Teck­len­borg Werft gebau­te Segel­schul­schiff “Groß­her­zog Fried­rich August“ in Dienst gestellt. 1919 muss­te die Bark als Repa­ra­ti­ons­zah­lung nach Eng­land abge­ge­ben wer­den und wur­de von dort schließ­lich 1923 an Nor­we­gens Ree­der­ver­band ver­kauft. Die Drei­mast-Bark ist wur­de auf den Namen “Stats­raad Lehm­kuhl” umge­tauft und ist heu­te noch regel­mä­ßig als Schul­schiff für die König­li­che Nor­we­gi­sche Mari­ne auf allen Welt­mee­ren anzu­tref­fen. Das im ver­gan­ge­nen  Jahr hun­dert Jah­re alt gewor­de­ne Segel­schiff kommt auch immer mal wie­der in sei­ne Geburts­stadt Bremerhaven.

Stapelllauf "Schulschiff Deutschland"

Das letz­te Segel­schiff, das in der Teck­len­borg Werft im Jah­re 1927 vom Sta­pel lief, war die “Schul­schiff Deutsch­land”, ein für die Han­dels­schiff­fahrt als Voll­schiff geta­kel­ter Drei­mas­ter. Der fast 90 Jah­re alte Groß­seg­ler ist seit 1995 ein Kul­tur­denk­mal und liegt als Muse­ums­schiff in Bremen-Vegesack.

Hochseeschlepper "Seefalke"

Auf der Teck­len­borg Werft wur­den aber nicht nur Segel­schif­fe gebaut. So bau­te die Werft im Jah­re 1924 für die Ree­de­rei W. Schuch­mann den Ber­gungs­schlep­per “See­fal­ke” und rüs­te­te ihn mit zwei MAN-Moto­ren aus. Mit sei­nen 3.000 PS soll es damals welt­weit kei­nen gleich star­ken Schlep­per gege­ben haben.

Der Pas­sa­gier­damp­fer “Johann Hein­rich Bur­chard” war das größ­te Schiff, das auf der Teck­len­borg Werft gebaut wur­de. Es war für den Süd­ame­ri­ka­dienst der Ham­bur­ger Ree­de­rei HAPAG bestimmt, lief am 10.02.1914 vom Sta­pel und lag wäh­rend des Ers­ten Welt­krie­ges im Kaiserhafen.

Schnelldampfer Johann Heinrich Burchard

Nach dem ver­lo­re­nen Ers­ten Welt­krieg geriet der Schiff­bau in Deutsch­land in eine schwe­re Kri­se, die auch nicht an der Teck­len­borg Werft vor­über­ging. 1926 schloss sich die Bre­mer Werft AG Weser mit sie­ben ande­ren Werf­ten zur “Deut­sche Schiff- und Maschi­nen­bau Akti­en­ge­sell­schaft” (Deschi­mag) zusam­men. Eine die­ser Werf­ten war die Teck­len­borg Werft, die bereits wie­der ren­ta­bel arbei­te­te. Ver­lief die Zusam­men­ar­beit zunächst posi­tiv, soll­te sich das Blatt bald wen­den. Gro­ße und lukra­ti­ve Auf­trä­ge wur­den an die Werft AG Weser ver­ge­ben, die Teck­len­borg Werft erhielt nur noch Repa­ra­tur­auf­trä­ge. Sie wur­de der­art geschwächt, dass sie bald Ver­lus­te mach­te   und die Kapi­tal­eig­ner der Deschi­mag die Werft 1928 aus geschäfts­po­li­ti­schen Grün­den schlie­ßen und kom­plett demon­tie­ren lie­ßen. Die Schlie­ßung der Tra­di­ti­ons­werft bedeu­te­te für etwa 2.500 Beschäf­tig­te die Arbeitslosigkeit.

Eines der letz­ten unver­wech­sel­ba­ren Merk­ma­le der Werft war das Ver­wal­tungs­ge­bäu­de — der graue Esel, wie man ihn auch nann­te. Er wur­de 1971 abgerissen.

Quel­len:
Nord­see-Zei­tung vom 03.09.2012: “Intak­te Werft wird aufgegeben”.
Rolf-Micha­el Busch­ow: “Preu­ßen am Bug”, Preu­ßi­sche Zei­tung 1999
Kiel­horn, Deut­scher Han­dels­schiff­bau und sei­ne Gesetzgebung
Mes­se­ge­mein­schaft Teck­len­borg Bre­mer­ha­ven e. V.
Tors­ten Knob­loch: Kri­sen und Zusam­men­brü­che der Unter­we­ser­werf­ten in der Wei­ma­rer Republik

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Das war meine Werft – Folge 10

Von der Del­phin-Werft zur mari­ti­men Ruhezone

Wer von der Innen­stadt kom­mend die Hafen­stra­ße ver­lässt und rechts in die Stra­ße Auf den Sül­ten ein­biegt, fin­det sich plötz­lich in einer Oase der Ruhe wie­der. Auf den Sül­ten, das ist eher ein Gas­se als eine Stra­ße. Über altes Kopf­stein­pflas­ter erreicht man am Ende der Gas­se die Werft­stra­ße. Hier lädt ein Park­platz dazu ein, das Auto zu verlassen.
Auf den SültenDann sind es nur noch ein paar Schrit­te, und man steht auf einem Aus­sichts­platz an der Gees­te-Kaje — genau dort, wo sich Ende der 1870er Jah­re an einem dicht an die Hafen­stra­ße her­an­füh­ren­den Geest­e­bo­gen ein klei­ne  Boots­werft ange­sie­delt hat, die klei­ne Schif­fe, Motor­boo­te und Leich­ter bau­te und auch mit der Repa­ra­tur von Küs­ten- und Fische­rei­fahr­zeu­gen ihr Geld ver­dien­te. (mehr …)

Das war meine Werft – Folge 9

Zu den bekann­tes­ten Werf­ten in Bre­mer­ha­ven gehör­te sicher­lich die Rick­mers-Werft. In ihrer 150-jäh­ri­gen Fir­men­ge­schich­te fan­den hier Tau­sen­de Schiff­bau­er, Nie­ter und Schwei­ßer aus Bre­mer­ha­ven  und dem Umland Arbeit. Und die Bewoh­ner rund um der Geest­hel­le hat­ten sich mit dem fort­dau­ern­den Lärm der Niet­ham­mer eben­so arran­giert wie mit dem nächt­li­chen Auf­blit­zen der Schweißgeräte.

Zeitgenössisches Ölgemälde Rickmer Clasen Rickmers (1807–1886)

Im Jah­re 1832 stie­gen auf Hel­go­land der 25-jäh­ri­ge Holz­schiff­bau­er Rick­mer Cla­sen Rick­mers und sei­ne Ehe­frau Etha in eine selbst gebau­te Scha­lup­pe und segel­ten nach Bre­mer­ha­ven. Rick­mers hat­te auf sei­ner Hei­mat­in­sel Hel­go­land das Schiff­bau­hand­werk erlernt und auf wei­ten Rei­sen nach Bra­si­li­en, Mexi­co und USA vie­le Erfah­run­gen gesam­melt. Kaum in Bre­mer­ha­ven ange­kom­men, begann Rick­mers sei­ne Tätig­keit als Meis­ter­knecht auf der Werft von Cor­ne­li­us Jant­zen Cor­ne­li­us. 1834 mie­te­te der Hel­go­län­der einen klei­nen Zim­me­rer­platz an der Oster­stra­ße, auf dem er nur in den Som­mer­mo­na­ten klei­ne­re Boo­te her­stel­len und repa­rie­ren konn­te. 1836 lief das ers­te Schiff vom Sta­pel. Es war der 23 BRT gro­ße Kahn “Catha­ri­na”, den Rick­mers im Auf­trag des Geest­en­dor­fer Kapi­täns Len­the baute.

Der Betrieb ent­wi­ckel­te sich so gut, dass Rick­mers beim Amt­mann um einen grö­ße­ren Platz an der Gees­te dicht ober­halb der Fäh­re nach­such­te. Zunächst wur­den sei­ne Gesu­che abge­lehnt, doch 1839 erhielt er end­lich das gewünsch­te grö­ße­re Grund­stück. Bereits 1843 lief ein Voll­schiff mit einer Kiel­län­ge von 35 Meter und einer Trag­fä­hig­keit von 850 Ton­nen vom Sta­pel. Das für dama­li­ge Zei­ten rie­si­ge Schiff wur­de auf den Namen “Bre­men” getauft.

1854 ließ  Rick­mers den ers­ten deut­schen Clip­per, die “Ida Zieg­ler”, vom Sta­pel lau­fen. In der Fol­ge­zeit bau­te er so vie­le Schif­fe, dass Rick­mers 300 Arbei­ter beschäf­ti­gen konn­te. So wur­de auch die­ser Platz zu klein, und Rick­mers mach­te sich erneut auf die Suche nach einem grö­ße­ren Stand­ort. Die­sen fand er auch, aber nicht in Bre­mer­ha­ven son­dern auf Geest­e­mün­der Gebiet in Geest­hel­le. Geest­hel­le gehör­te ursprüng­lich zu Lehe, wur­de aber auf Betrei­ben des Amt­manns dem han­no­ver­schen Geest­e­mün­de zugeschlagen.

Visitenkarte

1856 bau­te Rick­mers auf der Geest­hel­le (auf dem Gebiet um die vor­letz­te Gees­t­e­schlei­fe vor der Mün­dung) also einen moder­nen Werft­be­trieb, der 1857 eröff­net wur­de. Bis zum Tode des Grün­ders 1886 wur­den nur Holz­schif­fe gebaut, da R. C. Rick­mers den Eisen­schiff­bau ablehnte.

"Etha Rickmers"

Doch das größ­te Schiff der Rick­mers­werft war der mit einem Hilfs­mo­tor aus­ge­stat­te­te Fünf­mas­ter “R. C. Rick­mers”. Rick­mer Cla­sen Rick­mers hat den Sta­pel­lauf des von ihm geplan­ten in sei­ner Art größ­tem Schiff der Welt nicht mehr erlebt. Er starb am 27. Novem­ber 1886.

"Herzogin Sophie Charlotte"

Nach dem Tod des Grün­ders R. C. Rick­mers stell­ten sei­ne Söh­ne Andre­as Cla­sen Rick­mers (1835–1924), Peter Andre­as Rick­mers (1838–1902) und Wil­helm Hein­rich Rick­mers (1844–1891) die Werft auf den moder­nen Eisen­schiff­bau um. 1894 wird das ers­te Stahl­schiff gebaut, die Vier­mast­bark “Her­zo­gin Sophie Char­lot­te”.

1889 wur­de die Werft in eine Akti­en­ge­sell­schaft umge­wan­delt, sämt­li­che Akti­en blie­ben im Besitz der Fami­lie. Dass Fami­lie Rick­mers ein tra­di­tio­nell patri­ar­cha­li­sches Fir­men­ver­ständ­nis pfleg­te, kommt bei der Ein­rich­tung des gro­ßen Werft­ge­län­des zum Aus­druck. Die Fami­lie plant auch eine werf­t­ei­ge­ne Arbei­ter­sied­lung. In der Mit­te der zwei recht­wink­lig ange­ord­ne­ten Häu­ser­zei­len errich­tet der Patri­arch eine Fami­li­en­vil­la mit Garten.

Rickmers Werft

Nach Aus­bruch des Ers­ten Welt­krie­ges wur­de die Werft 1914 vor­über­ge­hend still­ge­legt, doch schon 1915 wur­den für die Reichs­ma­ri­ne Minen­such­boo­te gebaut. Als ers­tes Schiff nach Ende des Krie­ges lief 1920 die “Sophie Rick­mers” vom Sta­pel. Doch dann erreich­te die Wirt­schafts­kri­se 1924 auch die Rick­mers­werft, und zwar so hef­tig, dass sich der Lei­ter Paul Rick­mers ent­schließt, den Betrieb stillzulegen.

1928 ist die Rickmers-Werf tnoch stillgelegt

Sei­ne Ent­schei­dung, die Werft­to­re zu schlie­ßen, bedeu­te­te für 380 Mit­ar­bei­ter den Weg in die Arbeits­lo­sig­keit. Nur eini­ge Jah­re spä­ter ereil­te das glei­che Schick­sal auch vie­le ande­re deut­sche Werf­ten. Für die­se gab es zumeist kei­ne Ret­tung, sie wur­den demon­tiert. Für die Rick­mers-Werft zeig­te sich mehr als zehn Jah­re spä­ter, dass die Ent­schei­dung Paul Rick­mers klug war. Die zum größ­ten Teil ver­al­te­te Fisch­damp­fer­flot­te muss­te repa­riert oder ersetzt wer­den. Ab 1936 beka­men die Werf­ten an der Unter­we­ser wie­der zahl­rei­che Aufträge.

1937 wird auf der Rickmers-Werft wieder gearbeitet

Im Hin­blick auf die­se erfreu­li­che Ent­wick­lung ent­schloss sich 1937 auch Paul Rick­mers, sei­ne Werft­to­re wie­der zu öff­nen. Zunächst beschäf­tig­te er 40 Leu­te, um die still­ge­leg­te Werft wie­der betriebs­be­reit zu machen. Die teil­wei­se ver­rot­te­ten Hel­gen muss­ten repa­riert und erneu­ert wer­den. Neu­es moder­nes Werk­zeug wur­de ange­schafft, das Ersatz­teil­la­ger auf­ge­füllt und eine neue Slip­an­la­ge für Schif­fe bis 1500 Ton­nen gebaut. Als sich das Jahr 1937 dem Ende zuneig­te, ver­dien­ten bereits wie­der 266 Arbei­ter ihr Brot auf der Rick­mers-Werft – vie­le Beschäf­tig­te waren ehe­ma­li­ge Werftangehörige.

Eingangstor zur Rickmers-Werft mit Gaststätte Hermann Waterstraat

Die Werft erhält vie­le wei­te­re Auf­trä­ge. Die KdF-Schif­fe “Der Deut­sche” und “Sier­ra Cor­do­ba” wer­den instand gesetzt, Ber­gungs­schif­fe wer­den repa­riert und die Fisch­damp­fer “R. Walt­her Dar­ré” und “Carl Röwer” müs­sen umge­baut und aus­ge­bes­sert wer­den. Zusätz­lich ist die Werft mit zahl­rei­chen Neu­bau­ten wie Küs­ten­mo­tor­schif­fe, klei­ne Frach­ter und auch Fisch­damp­fer gut ausgelastet.

Dann rüs­tet das NS-Regime für einen Krieg auf, die Pro­duk­ti­on für die zivi­le Schiff­fahrt wird ein­ge­stellt. Die Kriegs­ma­ri­ne lässt nun haupt­säch­lich Minen­such­boo­te bauen.

Minensuchboote

Die Werft wird aus­ge­baut und beschäf­tigt 1940 bereits 840 Men­schen, 1943 sind es mehr als 1000 Men­schen, dar­un­ter über 200 Zwangs­ar­bei­ter. Bei dem Bom­ben­an­griff auf Bre­mer­ha­ven am 18. Sep­tem­ber 1944 wird das Rick­mers­ge­län­de durch 2000 Brand­bom­ben zum gro­ßen Teil zer­stört. Auch die meis­ten Wohn­häu­ser und die Rickmers’sche Vil­la wur­den Opfer der Bom­ben oder des anschlie­ßen­den Feu­ers. Wäh­rend des Krie­ges wer­den auf der Rick­mers-Werft kei­ne Schif­fe mehr gebaut oder repariert.

Stapellauf

Nach dem Krieg durf­ten auf­grund des Pots­da­mer Abkom­mens deut­sche Werf­ten kei­ne Schif­fe mehr bau­en. So war es ein Glück, dass die Rick­mers-Werft Repa­ra­tur­auf­trä­ge für die US-Navy bekam.

Da die Fami­li­en­vil­la der Rick­mers ja zer­stört war, wohn­ten die­se nun eine Zeit­lang in einem Gebäu­de, in dem auch das tech­ni­sche Büro unter­ge­bracht war. Die Arbei­ter soll­ten tra­di­ti­ons­be­wusst sein. Der ers­te Absatz aus einem Merk­blatt für Lehr­lin­ge aus dem Jah­re 1956 lau­tet: “Du bist ein Lehr­ling der Fir­ma Rick­mers-Werft Bre­mer­ha­ven. Die­ses Bewusst­sein muss Dich stolz machen. Dein Stolz sei aber nicht Über­heb­lich­keit son­dern Verpflichtung.”

Küstenfrachter

Auch Küs­ten­mo­tor­schif­fe und Fische­rei­fahr­zeu­ge durf­ten her­ge­stellt wer­den. Aus den Fische­rei­fahr­zeu­ge ent­wi­ckel­te die Rick­mers-Werft in den 1950er Jah­ren die Heck­traw­ler. Schließ­lich lie­fen an der Geest­hel­le auch wie­der Fracht­schif­fe für Deutsch­land und für das Aus­land vom Stapel.

Werftarbeiter

Da die tech­ni­schen Anfor­de­run­gen an die Schif­fe immer anspruchs­vol­ler wur­den, ließ die Rick­mers-Werft 1967 im Fische­rei­ha­fen einen moder­nen Repa­ra­tur­be­trieb mit Krä­nen auf der mehr als 450 Meter lan­gen Pier­an­la­ge bau­en. Nun wur­de der Betrieb für Repa­ra­tu­ren- und Umbau­ar­bei­ten in den Fische­rei­ha­fen aus­ge­la­gert. Auch Neu­bau­ten wur­den hier nun ausgerüstet.

Rickmers-Werft

Mit­te der 1980er Jah­re wird es wie­der schwie­rig. Wegen der asia­ti­schen Kon­kur­renz waren deut­sche Schif­fe schwer zu ver­kau­fen, die Werft bekam finan­zi­el­le Schwie­rig­kei­ten. Der Mehr­zweck-Con­tai­ner­frach­ter “Brit­ta Thien” war der letz­te Neu­bau, der vom Sta­pel lief. Ein Anfang 1985 ver­such­ter Ver­gleich schei­ter­te, und ein Jahr spä­ter muss­te  der Kon­kurs bean­tragt werden.

Helgen-Portaldrehkran der Rickmers-Werft

Noch heu­te erin­nert der grü­ne Hel­gen-Por­tal­dreh­kran vor dem Gebäu­de des Arbeits­am­tes an die Rick­mers-Werft. Das gro­ße Arbeits­amts­ge­bäu­de gab es frü­her noch nicht. Auf dem Grund­stück stand die Schiff­bau­hal­le. Und in dem heu­te ver­schlick­ten und mit hohen Grä­sern bewach­se­nen Fluss­bo­gen war der “Schlipp”.

Steinfragmente auf dem ehemaligen Werftgelände

Auch das his­to­ri­sche Ein­gangs­tor ist noch erhal­ten und steht unter Denk­mal­schutz. Wie vie­le Arbei­ter mor­gens und abends wohl die­ses Tor pas­siert haben mögen?

Werkstor heute

Auf den Weg zur Arbeit benutz­ten vie­le den “schwar­zen Weg” am Geest­e­bo­gen. Es war ein Fahr­rad­weg, der nach Geest­e­mün­de führ­te. Am Weg stand eine Erfri­schungs­bu­de mit einer Feu­er­lösch­platt­form. Und dort, wo heu­te das Kapi­täns­vier­tel beginnt, schlos­sen sich die Büros an.

Als sich die Werft­to­re für immer schlos­sen, waren bei Rick­mers 1.200 Mit­ar­bei­ter beschäftigt.

Quel­len:
Har­ry Gab­cke: Bre­mer­ha­ven in zwei Jahr­hun­der­ten 1827 — 1918
Har­ry Gab­cke: Bre­mer­ha­ven in zwei Jahr­hun­der­ten 1919 — 1947
Nord­see-Zei­tung vom 29.08.2012
wikipedia.org

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Das war meine Werft – Folge 8

Die Mit­glie­der der Bre­mer Depu­ta­ti­on hat­ten eine ganz kon­kre­te Vor­stel­lung, was den Zweck des neu­en Hafen­or­tes anging: Bre­mer­ha­ven soll­te dem See­han­del die­nen, und sei­ne Ein­woh­ner hat­ten die­se Auf­ga­be zu unterstützen.

Wencke-Dock

Nach­dem Bür­ger­meis­ter Johann Smidt für die Stadt Bre­men mit dem Staats­ver­trag vom 11. Janu­ar 1827 für 73.658 Taler vom König­reich Han­no­ver ein Stück Land an der Geest­e­mün­dung erwor­ben hat­te, genoss der Schiff­bau im neu­en Bre­mer­ha­ven eine Schlüs­sel­po­si­ti­on. So war es nur ver­ständ­lich, dass die knap­pe Grund­stücks­flä­che am Gees­teu­fer in mög­lichst vie­le Par­zel­len auf­ge­teilt wur­de. Dadurch soll­ten sich zahl­rei­che Werf­ten ansie­deln kön­nen und der Wett­be­werb geför­dert werden.

Flussdampfer

Die Ansied­lung von neu­en Bür­gern wur­de eben­falls regle­men­tiert. Nur Bür­ger, die einen Nach­weis der frei­en Ver­füg­bar­keit über die eige­ne Per­son vor­le­gen konn­ten, beka­men ihren “Ein­wan­de­rungs­an­trag” bewil­ligt. Außer­dem muss­te der Bewer­ber einen Nach­weis vor­le­gen kön­nen, dass er bis­her einen sitt­li­chen Lebens­wan­del geführt hat. Und er muss­te sich zu einer christ­li­chen Reli­gi­on beken­nen. Bür­ger­meis­ter Smidt soll die Auf­fas­sung ver­tre­ten haben, dass Juden in einem christ­li­chen Staats­we­sen  “Fremd­kör­per” sei­en und in Bre­mer­ha­ven nicht gedul­det wer­den sollen.

1914 Fischdampfer Roon im Bau, zweiter von rechts.

Um sicher­zu­stel­len, dass der Neu­bür­ger der Gemein­de Bre­mer­ha­ven nicht zur Last fällt, muss­te die­ser einen Bür­ger benen­nen. Außer­dem hat­te er ent­we­der aus­rei­chen­des Ver­mö­gen vor­zu­wei­sen oder die Kennt­nis­se und Fähig­kei­ten zum Betrei­ben eines “nahr­haf­ten” Gewer­bes. Arbei­ter soll­ten über einen ent­spre­chen­den Gesund­heits­zu­stand verfügen.

Sagitta

Bild: His­to­ri­sches Muse­um Bre­mer­ha­ven, Klei­ne Schrif­ten 8, Bre­mer­ha­ven 2008. Quel­le: http://de.wikipedia.org/wiki/Sagitta_%28Schiff,_1885%29

Von der Depu­ta­ti­on wer­den die Bre­mer zusätz­lich auf den Man­gel an “tüch­ti­gen Hand­wer­kern” und auf die gute Ver­dienst­mög­lich­kei­ten in Bre­mer­ha­ven auf­merk­sam gemacht. Gleich­zei­tig soll aber eine gewis­se Risi­ko­be­reit­schaft einer der ent­schei­den­den Fak­to­ren für die Nie­der­las­sung in Bre­mer­ha­ven in den Grün­dungs­jah­ren gewe­sen sein. In einem Bre­mer­ha­ve­ner Geschichts­buch heißt es dazu: “(…) der jun­ge Hafen­ort hat­te zu die­ser Zeit das Sta­di­um eines Expe­ri­ments noch nicht durch­lau­fen. Gera­de in den ers­ten Jah­ren nach Eröff­nung des Hafens bestand ange­sichts der mas­si­ven Kri­tik an der neu­en Anla­ge kei­ne zwin­gen­de Not­wen­dig­keit, die Zukunft des Ortes opti­mis­tisch zu beurteilen.”

Quel­le:
Nord­see-Zei­tung vom 24.08.2012

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Das war meine Werft – Folge 7

Um die unte­ren Tei­le eines Schiffrump­fes zu repa­rie­ren, muss man das Schiff zunächst “tro­cken­le­gen”. Hier­zu bedient man sich eines Docks, die es heut­zu­ta­ge ent­we­der als Tro­cken­dock oder als Schwimm­dock gibt.

Schwimmdock

Das Tro­cken­dock gibt es schon fast so lan­ge, wie die Men­schen Schif­fe bau­en. Etwa 200 v. Chr. soll es in Ägyp­ten erfun­den wor­den sein.

An der Gees­te leg­te man die Schif­fe in Schlick- oder Mud­docks tro­cken. Man nutz­te hier­zu ein­fach Ebbe und Flut. Sobald das Was­ser ablief, dich­te­te man die Ein­fahrt der Fahr­rin­ne mit Erd­wäl­le und Holz­plan­ken ab. Das nun ein­ge­schlos­se­ne Was­ser wur­de abge­schöpft, bis die Schif­fe tro­cken fielen.

Die­se, für Schif­fe mit gerin­gem Tief­gang ein­fa­che Metho­de an den Schiffs­rumpf zu gelan­gen, war aber nicht über­all mög­lich.  Dann bedurf­te es einer sehr umständ­li­chen Pro­ze­dur: Das Schiff muss­te “kiel­ge­holt” wer­den. Es wur­de mit Hil­fe von Win­den und Fla­schen­zü­gen im Was­ser auf die Sei­te gelegt. Klei­ne­re Schif­fe wur­den auf Gleit­höl­zer  oder Schlit­ten­wa­gen an Land gezogen.

Wencke-Dock

Die ers­ten Tro­cken­docks in Deutsch­land ent­stan­den in Bre­mer­ha­ven. Die ers­te Anla­ge wur­de 1837 bis 1840 von Johann Lan­ge ange­legt und nach 1860 durch sei­nen Sohn Carl Lan­ge um eine zwei­te Anla­ge ergänzt.

Wencke-Werft

Ein wei­te­res Tro­cken­dock ent­stand 1845 bis 1846 in der Werft F. W. Wen­cke. Es hat­te höl­zer­ne Dock­wän­de und war 52 m lang und 32 m breit mit einer Ein­fahrts­brei­te von 11 m. Der Schwie­ger­sohn des Werft-Grün­ders, Albert Rosen­thal, ließ 1860 die Anla­ge um eine zwei­te 81 m lan­ge Kam­mer ergän­zen, wobei die gemein­sa­me Ein­fahrt auf 15 m ver­brei­tert wur­de. Die höl­zer­nen Wän­de wur­den spä­ter durch sol­che aus Muschel­kalk- und Zie­gel­stei­nen ersetzt. Über­res­te die­ser 4,8 m tie­fen Anla­ge sind heu­te noch erhal­ten und ste­hen unter Denkmalschutz.

Lange-Dock

Das Tro­cken­dock ist ein Bas­sin, dass durch ein was­ser­dich­tes Sperr­tor ein­fach vom Fluss­lauf oder vom Hafen abge­trennt wird. Sobald das Schiff im Dock schwimmt, wird es mit­tig aus­ge­rich­tet. Dann wird das Sperr­tor geschlos­sen und das Was­ser aus der Dock­kam­mer gepumpt, so dass der Was­ser­spie­gel sinkt und das Schiff auf den Boden der Kam­mer absackt. Damit das Schiff nicht umfällt, sichert man es auf bei­den Sei­ten durch so genann­te Kimmstapel.

Nach dem voll­stän­di­gen Abpum­pen des Was­sers kön­nen die Arbei­ten am tro­cken lie­gen­den Schiff aus­ge­führt wer­den. Danach wird die Anla­ge ein­fach wie­der geflu­tet, bis das Schiff wie­der auf­schwimmt und aus dem Dock gezo­gen wer­den kann.

F-124 im Dock

Anders als ein Tro­cken­dock kann ein Schwimm­dock direkt zum repa­ra­tur­be­dürf­ti­gen Schiff gebracht wer­den, wenn etwa ein hava­rier­tes Schiff die Werft nicht mehr errei­chen aus eige­ner Kraft errei­chen kann. 

Zum Ein­do­cken des Hava­ris­ten wer­den die Flut­tanks des Schwimm­docks mit Was­ser gefüllt und das Dock sackt ab. Nun wird das Schiff in das Dock gezo­gen und die Flut­tanks des Schwimm­docks wie­der leer­ge­pumpt. Das Dock hebt sich wie­der an und das Schiff liegt trocken.

Die 1924 von Max Sieg­hold gegrün­de­te Sieg­hold-Werft Bre­mer­ha­ven GmbH & Co. stell­te als kleins­te See­schiffs­werft Bre­mer­ha­vens das ers­te Schwimm­dock im Unter­we­ser­raum in Betrieb.

Wencke-Dock

Das an der Gees­te direkt am Ein­gang zur Innen­stadt lie­gen­de Wen­cke-Dock aber gilt als der ältes­te in Tei­len erhal­te­ne Schiffs­bau­platz Euro­pas aus der Grün­der­zeit Bre­mer­ha­vens. Als jetzt ein­zu­stür­zen droh­te, stell­te der Bund aus einem Son­der­pro­gramm 900.000 Euro bereit. Die Stadt Bre­mer­ha­ven setz­te zusätz­lich 1,2 Mil­lio­nen ein, und so begann man im Novem­ber 2011, das Dock in sei­nen alten Umris­sen sicht­bar zu machen. Die Kro­nen­mau­er wur­de frei­ge­legt und saniert und die umge­stürz­te Kai­mau­er wie­der befes­tigt. Vom Dock­haupt aus füh­ren Wege um das Wen­cke-Dock her­um, so dass der Besu­cher sich die alte Anla­ge sicher anschau­en kann.

Lange-Dock und Wencke-Dock

Nach­dem die Sanie­rungs­ar­bei­ten am Wen­cke-Dock abge­schlos­sen sind, soll nun auch das benach­bar­te Lan­ge-Dock für etwa 240.000 Euro saniert wer­den. Die gemau­er­ten Dock­häup­ter und die Trep­pen­kon­struk­ti­on dro­hen zu ver­fal­len. Da bei­de Docks neben­ein­an­der lie­gen, soll hier die ein­ma­li­ge Mög­lich­keit wahr­ge­nom­men wer­den, ein Are­al zu schaf­fen, wel­ches für Deutsch­land einen ein­zig­ar­ti­gen tech­ni­schen und indus­tri­el­len Denk­mal­wert besit­zen kann. Schließ­lich haben die Werft­be­sit­zer Lan­ge und Wen­cke den Beginn der Bre­mer­ha­ve­ner See­schiff­bau­ge­schich­te­maß­geb­lich mitgeprägt.

Der aus Vege­sack stam­men­de Johann Lan­ge hat im Jah­re 1837 in Bre­mer­ha­ven ein Zweig­be­trieb eröff­net, der aus­schließ­lich als Repa­ra­tur­be­trieb gedacht war. Dafür hat er an der Gees­te ein Tro­cken­dock errich­ten las­sen. Die Werft wur­de 1895 an Georg See­beck verkauft.

Quel­len:
Nord­see-Zei­tung vom 24.08.2012 und 21.02.2014
de.wikipedia.org

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Das war meine Werft – Folge 6

Die nun indus­tri­ell gefer­tig­ten Schif­fe wer­den immer grö­ßer, schnel­ler und teu­rer. Der immense Kapi­tal­be­darf ver­drängt die Fami­li­en­be­trie­be und erfor­dert die Grün­dung von Aktiengesellschaften. 

industrielle Fertigung

Obgleich  in Euro­pa das ers­te Tro­cken­dock schon 1495 in Ports­mouth ange­wandt wur­de, soll­te es noch meh­re­re hun­dert Jah­re dau­ern, bis es sich für den Schiff­bau im 19. Jahr­hun­dert all­ge­mein durch­setz­te. Jahr­hun­der­te­lang war Holz das domi­nie­ren­de Bau­ma­te­ri­al. Erst mit Beginn der Indus­tria­li­sie­rung began­nen die Schiff­bau­er, ver­stärkt Eisen ein­zu­set­zen, und etwa ab 1890 ersetz­te ver­nie­te­ter Stahl das Eisen.

Die Umstel­lung vom Holz­schiff­bau zum Stahl­bau war für die tra­di­tio­nel­len Betrie­be auch aus finan­zi­el­ler Sicht nicht ein­fach. Gro­ße Men­gen an Kapi­tal muss­ten beschafft wer­den, um die teu­er gewor­de­nen Schiffs­bau­ten und die dafür erfor­der­li­chen Maschi­nen zu finan­zie­ren. Auch kos­te­te die Umschu­lung neu­er Arbei­ter viel Geld, und für die­se muss­ten neue und teu­re Arbeits­plät­ze ein­ge­rich­tet wer­den. Schlos­se­rei­en, Gie­ße­rei­en, Kes­sel- und Kup­fer­schmie­den sowie moder­ne Kon­struk­ti­ons­bü­ros mit Schnür­bo­den gehör­ten jetzt zur Standardeinrichtung.

Das hier­zu erfor­der­li­che Kapi­tal über­stieg die Mög­lich­kei­ten eines Fami­li­en­be­trie­bes. Die Fami­li­en­be­trie­be wan­del­ten sich um in Akti­en­ge­sell­schaf­ten, um so gro­ße Men­gen an Kapi­tal beschaf­fen zu kön­nen. Gleich­zei­tig war das Risi­ko der Ein­zel­un­ter­neh­mer jetzt begrenzt auf ihr Akti­en­ka­pi­tal. Aller­dings ver­rin­ger­te sich das Mit­spra­che­recht des ehe­ma­li­gen Allein­ei­gen­tü­mers erheb­lich; jetzt waren die Aktio­nä­re die neu­en Her­ren im Betrieb und hat­ten das Sagen.

Nächs­ter Schritt bei der Ver­schie­bung der Besitz­ver­hält­nis­se ist die seit etwa 1890 in Deutsch­land fort­schrei­ten­de wirt­schaft­li­che Kon­zen­tra­ti­on, die durch den Ein­stieg der Schwer­indus­trie in das Werft­ge­schäft gezeich­net ist. Nach der Kri­se in den 1920er Jah­ren stei­gen die Groß­ban­ken mit ihrem Kapi­tal in den Schiff­bau ein. Höhe­punkt die­ser Ent­wick­lung im Unter­we­ser­raum war die Ent­ste­hung der “Deschi­mag” in den Jah­ren 1926 bis 1928. Es war der ers­te Groß­kon­zern der deut­schen Schiff­bau­in­dus­trie. Unter den acht hier ver­ein­ten nord­deut­schen Werf­ten war auch die Teck­len­borg und die See­beck­werft, die auf die­se Wei­se ihre Eigen­stän­dig­keit verloren.

Quel­le:
Nord­see-Zei­tung vom 27.08.2012

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Das war meine Werft – Folge 5

Ein Schnür­bo­den ist einem Zei­chen­brett ähn­lich. Auf einem Zei­chen­brett kon­stru­iert der Tisch­ler einen Schrank oder der Archi­tekt ein Gebäu­de. Ein Schnür­bo­den ist wesent­lich grö­ßer und dient der Kon­struk­ti­on von sehr gro­ßen Bau­tei­len. zum Bei­spiel Schif­fen. Aber Zei­chen­brett und Schnür­bo­den die­nen bei­de dazu, die Umris­se der Bau­tei­le auf­zu­tra­gen, um die Abmes­sun­gen der her­zu­stel­len­den Ein­zel­tei­le im Maß­stab 1:1 zur Ver­fü­gung zu haben.

Schnürboden

Auf den Schnür­bo­den wur­den mit einer Schnur die Kon­struk­ti­ons­zeich­nung auf­ge­tra­gen. Der Fach­mann nann­te den Zei­chen­vor­gang “auf­ge­schnürt”.

Auch zum Auf­bau eines Ras­ters bedien­te man sich die­ser Tech­nik, indem man auf den Schnür­bo­den in regel­mä­ßi­gen Abstän­den Schnü­re spann­te und die Ras­te­rung der Kon­struk­ti­ons­zeich­nung dann auf den Schnür­bo­den über­trug.  Mit der Schnür­me­tho­de kann der Zeich­ner sehr schnell eine Gera­de auf­tra­gen. Gleich­zei­tig kann er die Schnur auch als Zir­kel ver­wen­den. Somit hat er die Mög­lich­keit, nahe­zu sämt­li­che geo­me­tri­sche For­men abzubilden.

Frü­her hat man für die Her­stel­lung eines Schnür­bo­dens (oft auch als Reiß­bo­den bezeich­net) einen gro­ßen Platz geglät­tet. Spä­ter ging man dazu über, den Schnür­bo­den in einem gro­ßen Saal unter­zu­brin­gen, oft­mals den Dach­bo­den einer Fabrik­hal­le, um unab­hän­gig von der Wit­te­rung arbei­ten zu können.

Auch in Werf­ten gab es seit dem Über­gang zum Eisen- und Stahl­schiff­bau Schnür­bö­den, die sich in der Regel auf dem Dach­bo­den der Schiff­bau­hal­le befan­den. Jeder Schiffs­neu­bau nahm hier sei­nen Anfang. 

Hier arbei­te­ten die Meis­ter ihres Faches, Kön­ner mit einem aus­ge­präg­ten räum­li­chen Ver­ständ­nis. Auf den Knien rut­schend, zeich­ne­ten die Schiffs­bau­er die Form des Schif­fes zunächst mit Blei oder Tusche im Maß­stab 1:1 mil­li­me­ter­ge­nau in den Holz­bo­den, akri­bisch nach den Maßen, die die Inge­nieu­re für das jewei­li­ge Schiff im Kon­struk­ti­ons­bü­ro errech­net haben. Haben sich die Inge­nieu­re ver­rech­net, hier auf dem Schnür­bo­den wur­de der Feh­ler bemerkt. Um die Zeich­nung halt­bar zu machen, wur­den die ein­ge­zeich­ne­ten Lini­en anschlie­ßend in die Ober­flä­che des Reiß­bo­dens, der weiß gestri­chen war, eingeritzt. 

CAD ersetzt den Schnürboden

Nach­dem das kom­plet­te Schiff gezeich­net war, konn­te man anhand der nun vor­han­de­nen Ori­gi­nal­ma­ße die Mal­len (Scha­blo­nen und Model­le) für die ein­zel­nen Schiffs­tei­le her­stel­len. So leg­te man Holz­lat­ten auf die Zeich­nung und bog die Lat­ten so weit, bis sie der genau Form der Zeich­nung ent­spra­chen. Anschlie­ßend leg­ten die Män­ner die Lat­ten auf dün­ne Holz­plat­ten, zeich­ne­ten Umris­se auf die Plat­ten und säg­ten Scha­blo­nen zurecht. Die Werk­stü­cke selbst wur­den dann in der Schiff­bau­hal­le nach den Model­len geschnit­ten, gebo­gen, geschmie­det oder gezimmert.

Auf dem Hel­gen wur­den die­se Tei­le dann – bei Wind und Wet­ter – durch Nie­ten mit­ein­an­der ver­bun­den. Sobald der Rumpf mit den Auf­bau­ten fer­tig gestellt war, lief er vom Sta­pel. Danach konn­ten am Aus­rüs­tungs­kai die Maschi­nen, die Innen­ein­rich­tung und die Deck­aus­rüs­tung ein­ge­baut werden.

In den 1980er Jah­ren, ver­dräng­te das Com­pu­ter Aided Design (CAD) die Schnür­bö­den. Heu­te ent­ste­hen die Schiffs­tei­le und gan­ze Schiffs­kon­struk­tio­nen mit Hil­fe von auf­wen­di­gen Pro­gram­men am Computer.

Quel­len:
Nord­see-Zei­tung vom 27.08.2012
de.wikipedia.org

Buch

Das war meine Werft – Folge 4

Die ers­ten Werf­ten in Bre­mer­ha­ven darf man sich nicht so groß vor­stel­len, wie die heu­ti­gen Werf­ten. Es waren klei­ne­re Fami­li­en­be­trie­be, die haupt­säch­lich Holz­schif­fe gebau­te haben. Den­noch wur­den die­se Schif­fe auch Mit­te des 19. Jahr­hun­derts schon sehr prä­zi­se und mit gro­ßem hand­werk­li­chen Kön­nen gebaut.

Da war zum Bei­spiel der Boots­bau­platz vom Schiffs­zim­mer­baas Cor­ne­li­us Jant­zen Cor­ne­li­us. Er hat­te 1821 von der han­no­ver­schen Regie­rung ein Grund­stück gepach­tet und bau­te hier­auf eine Hel­ling für Schiffs­neu­bau­ten und –repa­ra­tu­ren. Als Neu­bau­ten lie­fer­te Cor­ne­li­us aber nur klei­ne­re für den Küs­ten- oder Bin­nen­ver­kehr geeig­ne­te Fahr­zeu­ge ab. Doch 1827 ver­ließ ein Prahm sei­ne Werft, der bis zu vier Fuhr­wer­ke trug und die­se ober­halb der heu­ti­gen Alten Geest­brü­cke über die Gees­te trans­por­tie­ren konnte.

Prahm

Auch der 1775 in Vege­sack gebo­re­ne Schiff­bau­er und Ree­der Johann Lan­ge beschäf­tigt sich mit sei­ner an der Lesum-Mün­dung gele­ge­ne Werft zunächst vor­nehm­lich mit Repa­ra­tu­ren und Umbau­ten. Doch schon bald begann er, eini­ge Schif­fe für die Bre­mer Herings­fi­sche­rei-Com­pa­gnie zu bau­en. Und schon am 7. Mai 1817 lie­fert Lan­ge das ers­te von ihm gebau­te Fluss­dampf­schiff „Die Weser“ – eines der ers­ten deut­schen Dampf­schif­fe — ab.

Wencke-Werft

Gera­de hat­te Fried­rich Wil­helm Wen­cke im Jah­re 1833 sei­ne Neu­bau­werft fer­tig­ge­stellt, als er 1834 von sei­nem Nach­barn Lan­ge den Auf­trag erhielt, das ers­te Bre­mer­ha­ve­ner See­schiff — die 87 Las­ten gro­ße Brigg “Wil­helm Lud­wig” — zu bauen.

Brigg "Wilhelm Ludwig"

Danach lie­fert die Wen­cke-Werft jähr­lich etwa drei höl­zer­ne Segel­neu­bau­ten ab  – vie­le davon wer­den als Aus­wan­de­rungs­schif­fe eingesetzt.

Die Amor­ti­sa­ti­ons­zeit eines Schiffs­neu­bau­es betrug zu dama­li­ger Zeit etwa drei bis vier Über­see­fahr­ten. Wur­den die­se erfolg­reich abge­wi­ckelt, konn­te man das Schiff mit Gewinn ver­kau­fen. So lässt auch Wen­cke sich nicht lan­ge bit­ten, steigt als Ree­der in den Über­see­ver­kehr ein und baut sei­ne Schif­fe auf eige­ne Rechnung.

Das Jahr 1841 ist für die Wen­cke-Werft ein wei­te­rer gro­ßer Mei­len­stein – der höl­zer­ne See­r­ad­damp­fer “Man­ches­ter” für die “Han­sea­ti­sche Dampf­schif­fahrts-Gesell­schaft” in Ham­burg wird abge­lie­fert. Es ist der ers­te see­ge­hen­de Damp­fer der Wen­cke-Werft und soll für die nächs­ten zehn Jah­re auch ihr größ­tes Schiff sein.

Zwei Schif­fe wer­den wohl immer mit Wen­ckes Namen ver­bun­den bleiben:

Nordpolarexpedition

Zunächst ist es die Scho­ner­brigg “Han­sa”, die am 15. Juni 1869 gemein­sam mit dem Schrau­ben­damp­fer “Ger­ma­nia” Bre­mer­ha­ven ver­ließ, um an der Zwei­ten deut­schen Polar­ex­pe­di­ti­on teil­zu­neh­men.   Schon am  20. Juli wer­den die Schif­fe in der Grön­land­see im Nebel auf­grund eines Signal­feh­lers für immer getrennt.

"Hansa" in Not

Am 14. Sep­tem­ber friert die “Han­sa” fest, drif­tet nach Süden und wird am 19. Okto­ber durch Eis­pres­sung so stark beschä­digt, dass sie schließ­lich am 21. Okto­ber sinkt. Die 14 Mann star­ke Besat­zung kann geret­tet werden.

Die “Ger­ma­nia” durch­bricht das Pack­eis, erreicht ihre nörd­lichs­te Posi­ti­on, und begibt sich am 13. Sep­tem­ber in ihren Win­ter­ha­fen in einer Bucht der Sabi­ne-Insel. Am 11. Sep­tem­ber 1870 läuft die Ger­ma­nia wie­der in Bre­mer­ha­ven ein.

Fischdampfer "Sagitta"

Noch bekann­ter als die eben erwähn­ten Schif­fe wur­de die 1885 an das Geest­e­mün­der Fisch­han­dels­un­ter­neh­men Fried­rich Bus­se aus­ge­lie­fer­te “Sagit­ta” mit dem Fische­rei­kenn­zei­chen PG 3. Der Name Sagit­ta bedeu­tet Pfeil und soll­te wohl den Geschwin­dig­keits­vor­teil gegen­über den bis dahin in der Fische­rei übli­chen Segel­schif­fen her­aus­stel­len. Die Umstel­lung des Fisch­fang­ge­schirrs im Jah­re 1886 von Lang­lei­nen auf Baum­kur­re mach­te das Schiff wirt­schaft­lich so erfolg­reich, dass die­ser Schiffs­typ nun von meh­re­ren Fische­rei­ge­sell­schaf­ten bestellt wur­de. Am 26. März 1901 lief die “Sagit­ta” zu ihrer 636. Fan­g­rei­se nach Island aus, wur­de letzt­mals am 5. April vor Island beim Fischen gesich­tet und gilt seit­her als verschollen.

Nach dem Tod des Werft­grün­ders Fried­rich Wil­helm Wen­cke im Jah­re 1859 führ­te zunächst sein Schwie­ger­sohn Fried­rich Wil­helm Albert Rosen­thal und ab 1881 Wen­ckes Sohn Nico­laus Died­rich die Geschäf­te von Werft und Ree­de­rei. Die Werft wur­de 1900 geschlos­sen und spä­ter an Georg See­beck verkauft.

Quel­len:
Nord­see-Zei­tung vom 04.01.2010 und vom 24.08.2012
Fami­lie Lan­ge und ihre Werft

Buch