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Das Gründerzeithaus an der Hafenstraße 199

Das Grün­der­zeit­haus an der Hafen­stra­ße 199

Seit etwa 20 Jah­ren steht das Grün­der­zeit­haus an Bre­mer­ha­vens Hafen­stra­ße 199 leer. Manch­mal wur­den im Erd­ge­schoß Schu­he ver­kauft. Aber seit der letz­te Schuh­la­den bereits vor vier Jah­ren geschlos­sen hat, pas­siert in dem ver­wahr­los­ten, stark sanie­rungs­be­dürf­ti­gem Haus nichts mehr.

Gründerzeithaus Hafenstrasse 199

Je nach Zustand einer ver­wahr­los­ten Schrott­im­mo­b­lie erlei­den die benach­bar­ten intak­ten Häu­ser teil­wei­se gro­ße Wert­ver­lus­te. Mit der Arbeits­grup­pe “Ver­wahr­los­te Immo­bi­li­en” bekämpft die Stadt Bre­mer­ha­ven den schlei­chen­den Ver­fall gan­zer Stra­ßen­zü­ge. Mit dem Vor­kaufs­orts­ge­setz hat die Stadt Bre­mer­ha­ven bei einem Grund­stücks­ver­kauf das ers­te Zugriffs­recht auf das Grund­stück. Das Haus an der Hafen­stra­ße 199 steht seit 2017 auf der Lis­te der Stadt für Vor­kaufs­rech­te. Nun hat ein rus­si­scher Inves­tor das Objekt gekauft.

Seit 1976 unter Denkmalschutz

Im Jah­re 1909 hat der Leher Archi­tek­ten K. Cap­pel­mann das Wohn- und Geschäfts­haus im neo­ba­ro­cken Stil für den Kauf­mann C. Cle­mens gebaut. 1976 wur­de es vom Lan­des­amt für Denk­mal­pfle­ge unter Denk­mal­schutz gestellt. Den­noch wur­de das Haus zu einem Spe­ku­la­ti­ons­ob­jekt mit immer wie­der wech­seln­den Eigen­tü­mern. Als sich ein nie­der­län­di­scher Spe­ku­lant für das Grund­stück zu inter­es­sie­ren begann, woll­te die Stadt Bre­mer­ha­ven ihr Vor­kaufs­recht aus­üben. Doch ein rus­si­scher Geschäfts­mann war schneller.

Gruenderzeithaus Hafenstrasse 199Die­ses Bild steht unter Lizenz

Vor dem Haus an der Hafen­stra­ße steht ein gro­ßer Müll­con­tai­ner. Seit fast drei Wochen sind Arbei­ter dabei, die zehn Woh­nun­gen des Hau­ses zu ent­rüm­peln. Dann soll eine Kern­sa­nie­rung erfol­gen. Der neue Eigen­tü­mer arbei­tet eng mit der Stadt und mit der Denk­mal­be­hör­de zusam­men. Das Wohn­haus soll sei­nen his­to­ri­schen Cha­rak­ter zurück­er­hal­ten. Nach der Sanie­rung sol­len die 680 Qua­drat­me­ter ver­mie­tet werden.

In einem Jahr kann vermietet werden

Laut Nord­see-Zei­tung bekom­men die Woh­nun­gen “von 80 bis 100 Qua­drat­me­ter Grö­ße… moder­ne bar­rie­re­freie Bäder, kom­plett neue Ver­sor­gungs­lei­tun­gen, neue Gas­ther­men, die Holz­bö­den wer­den eben­so wie der Decken­stuck ori­gi­nal­ge­treu instand gesetzt, auch wer­de von innen gedämmt und das Dach saniert”.

In einem Jahr sol­len die Arbei­ten abge­schlos­sen sein, Dann sol­len die Woh­nun­gen für etwa fünf Euro Kalt­mie­te pro Qua­drat­me­ter Wohn­flä­che ver­mie­tet wer­den. Auch das Laden­lo­kal soll wie­der ver­mie­tet wer­den — mög­li­cher­wei­se ein Café oder eine Pra­xis. Wenn das Haus wie­der bewohn­bar ist, soll es eine Ein­wei­hungs­fei­er geben.

Die Bau­auf­sicht hat die Ber­li­ner “Bar­rus Invest GmbH” über­nom­men. Der neue Eigen­tü­mer, ein in Paris leben­der rus­si­scher Geschäfts­mann, will anonym blei­ben. Ihm gehö­ren auch die Grund­stü­cke Hafen­stra­ße 177 und 179. Für das nun erwor­be­ne Haus Hafen­stra­ße 199 will er viel Geld in die Hand neh­men. Kauf­preis und Sanie­rungs­kos­ten sol­len etwa eine Mil­li­on Euro kosten.

Seit Frühjahr 2019 herrscht Stillstand

Viel kann der rus­si­sche Inves­tor in das Grün­der­zeit­haus an der Hafen­stra­ße 199 noch nicht inves­tiert haben. Nach­dem die Hand­wer­ker mit der Ent­rüm­pe­lung der zehn Woh­nun­gen ihre Arbeit erle­digt hat­ten, herrscht auf der Bau­stel­le Ruhe. Nur das Klö­tern des brö­ckeln­den Mau­er­wer­kes unter­bricht seit zwei Jah­ren die Stil­le. Und der Betrach­ter sieht kei­ne sanier­ten Fas­sa­den son­dern zer­bors­te­ne Fens­ter­schei­ben und her­ab­fal­len­de Orna­ment- und Putz­tei­le. Von einem wie­der­her­ge­stell­ten his­to­ri­schen Cha­rak­ter des Hau­ses ist der unbe­kann­te rus­si­sche Inves­tor weit entfernt.

Kürz­lich kamen Gerüst­bau­er und haben einen Teil der Fas­sa­de ver­hüllt. Aber nicht etwa der Eigen­tü­mer hat mit den Sanie­rungs­maß­nah­men begon­nen. Das Bre­mer­ha­ve­ner Bau­ord­nungs­amt hat zum Schut­ze der Pas­san­ten ein Tun­nel­ge­rüst anbrin­gen las­sen. Das bleibt nun so ste­hen, bis der Eigen­tü­mer das Dach instand gesetzt hat. Die Stadt Bre­mer­ha­ven über­nimmt weder die Fas­sa­den- noch die Dach­sa­nie­rung. Sie kon­trol­liert nur regel­mä­ßig, ob von der Schrott­im­mo­bi­lie kei­ne Gefah­ren ausgehen.

Die Ber­li­ner Immo­bi­li­en­ver­wal­tung “Bar­rus  Invest GmbH” soll ver­lau­tet las­sen haben, dass Coro­na alles ver­zö­gert hät­te. Die Hand­wer­ker hät­ten wegen den Impf- und Test­re­geln nicht ein­rei­sen dürfen.
Quel­le:
Susan­ne Schwan: “Juwel des spä­ten Jugend­stils, Nord­see-Zei­tung vom 20.03.2019
Susan­ne Schwan: “Jugend­stil-Juwe­len ver­fal­len”, Nord­see-Zei­tung vom 14.04.2020
Susan­ne Schwan: “Brö­ckel­mau­ern statt Topp-Sanie­rung”, Nord­see-Zei­tung vom 17.08.2021

Leher Rathaus erstrahlt in neuem Glanz

Dort, wo der nörd­lichs­te Teil der Hafen­stra­ße auf die Brook­stra­ße trifft, begrüßt den Lieb­ha­ber schö­ner Gebäu­de das im neo­go­ti­schen Stil erstell­te Leher Rat­haus. Schön sieht es nun wie­der aus, nach­dem die Sanie­rungs­ar­bei­ten an der so wun­der­bar ver­zier­ten Süd­fas­sa­de abge­schlos­sen sind.

01_Leher_Rathaus

Bereits am 30. Juni 1855 hat sich der Gemein­de­aus­schuss des Fle­cken Lehe mit dem Neu­bau eines Rat­hau­ses befasst. Von die­sem Ansin­nen nahm man jedoch wie­der Abstand. Der Bau eines Armen­hau­ses für die­je­ni­gen Ein­woh­ner, “wel­che Unter­stüt­zung aus den Armen-Mit­teln des Fle­ckens in Anspruch neh­men und wel­chen das Armen-Col­le­gi­um nicht auf ande­re Wei­se Unter­stüt­zung oder Unter­halt gewährt”, schien den Ver­ant­wort­li­chen dring­li­cher zu sein.

So wur­de für die Armen des Fle­ckens am alten Leher Markt­platz im Jah­re 1865 ein ursprüng­lich schlich­tes Gebäu­de errich­tet. Einen Teil der Bau­kos­ten wur­de über einen schon Jah­re zuvor ange­leg­ten Armen­haus­fonds bestrit­ten. Der Rest wur­de durch Dar­le­hens­mit­tel der Leher Fle­ckens­par­kas­se finanziert.

Aller­dings dien­te das Gebäu­de nur weni­ge Jah­re als Armen­haus. Nach­dem der Fle­cken Lehe in der Wurs­ter Stra­ße ein neu­es Armen­haus gebaut hat, wur­de das Gebäu­de am alten Leher Markt­platz an den Mili­tär­fis­kus ver­mie­tet und seit 1872 als Kaser­ne für die Sol­da­ten des 9. Schles­wig­schen Fuß-Artil­le­rie-Regi­ments benutzt. Die Sol­da­ten exer­zier­ten auf dem Markt­platz und blie­ben bis 1887.

Ursprüng­lich hat­te der Fle­cken Lehe kein eige­nes Rat­haus. Bis zum Jah­re 1879 wur­den die Geschi­cke der Gemein­de ehren­amt­lich gelei­tet. Von 1868 bis 1879 befan­den sich die Räu­me der Ver­wal­tung im Hau­se der Fle­cken­vor­ste­her Johann Bohls und D. A. Jans­sen, danach im Hau­se des Fle­cken­vor­ste­hers G. H. Bösch. Ab 1. Janu­ar 1880 gab es einen haupt­amt­li­chen Bür­ger­meis­ter, Gus­tav Richard Fels. Der neu ein­ge­setz­te Magis­trat und das Bür­ger­vor­ste­her-Kol­le­gi­um soll­ten ihre Tätig­kei­ten nun in neu­tra­len Räu­men ver­rich­ten. Der Magis­trat Lehe arbei­te­te unter der Lei­tung von Bür­ger­meis­ter Fels zunächst in den ange­mie­te­ten Räu­men des Hotels Helmerking. 

Am 1. Okto­ber 1881 stell­te Bür­ger­meis­ter Fels den Antrag, im Früh­jahr 1982 für die Gemein­de Lehe ein Rat­haus bau­en zu las­sen. Nach lan­ger Debat­te wur­de der Vor­schlag abge­lehnt. Schließ­lich wur­de das vom Bäcker­meis­ter Edu­ard Wicht an der Ecke Bat­te­rie- und Johan­nes­stra­ße (1925 in Hafen­stra­ße umbe­nannt) erbau­te Haus mit fol­gen­den Räum­lich­kei­ten ange­mie­tet: ein Büro zur Erle­di­gung der schrift­li­chen Arbei­ten, ein Zim­mer für die Kas­sen­stel­le, ein Stan­des­amts­zim­mer, einen Sit­zungs­saal, ein Arbeits­zim­mer für den Bür­ger­meis­ter und ein Zim­mer für die Spar­kas­se mit einem feu­er­si­che­ren Raum und einem Vor­zim­mer. Als “Rats­kel­ler” wur­de im Kel­ler­ge­schoss  eine Schenk­stu­be eingerichtet.

Als das Wicht’sche Haus zu klein wur­de, über­nahm die Ver­wal­tung das “Armen­haus” (das dar­in unter­ge­brach­te Mili­tär war 1. April 1887 nach Köln ver­legt wor­den) und ließ es durch den Leher Archi­tek­ten Carl Pog­ge zu einem Rat­haus umbau­en. Für die Ver­wal­tung und für die Leher Spar­kas­se war das Erd­ge­schoss vor­ge­se­hen. Im Ober­ge­schoss wur­de eine Dienst­woh­nung für den Bür­ger­meis­ter her­ge­rich­tet, und auch der Haus­meis­ter wur­de dort untergebracht.

Für den Außen­be­reich ent­warf Carl Pog­ge eine  reich geglie­der­te prunk­vol­le Putz­fas­sa­de im Sti­le der Gotik: Der Ein­gangs­be­reich wird durch einen zag­haft her­vor­sprin­gen­den Mit­tel­ri­sa­li­ten mit einem spitz­bo­gi­gen Por­tal gebil­det. Säu­len, die bis zum Gie­bel hin­auf­rei­chen und in Fia­len enden, begren­zen auf bei­den Sei­ten den Risa­li­ten. Das Gie­bel­feld ist mit einem drei­glied­ri­gen Fens­ter und einer dar­über ange­ord­ne­ten gro­ßen Uhr gestal­tet. Über der Brüs­tung fängt das Leher Wap­pen mit den gekreuz­ten Sen­sen­blät­tern den Blick des Betrach­ters ein.

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Am 3. August 1888 hielt Bür­ger­meis­ter Aug­spurg die Wei­he­re­de. Nun hat­te die Gemein­de end­lich ein eige­nes Rat­haus, von dem der Bür­ger­meis­ter glaub­te, “es dürf­te wohl nicht zwei­fel­haft sein, dass die Räum­lich­kei­ten des Gemein­de­hau­ses für lan­ge Zei­ten, ja wohl für immer, den dienst­li­chen Zwe­cken genü­gen­de sind”. Doch er soll­te sich irren. Lehe ent­wi­ckel­te sich, und die Auf­ga­ben der Ver­wal­tung nah­men ste­tig zu.

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Noch zu Bür­ger­meis­ter Aug­spurgs Amts­zeit began­nen im Jah­re 1905 die Vor­be­rei­tun­gen für einen  Anbau. Im Jah­re 1907 wur­de das Leher Rat­haus dann nach den Plä­nen des Stadt­bau­meis­ters Hein­rich Lagers­hau­sen auf der noch ver­füg­ba­ren Grund­stücks­flä­che erheb­lich ver­grö­ßert. Bei der rück­sei­ti­gen Rat­haus­er­wei­te­rung wur­de auf die Archi­tek­tur des Alten Rat­hau­ses Rück­sicht genom­men. Der mit einem Turm ver­se­he­ne drei­ge­schos­si­ge Erwei­te­rungs­bau mit sei­nem gro­ßen Sit­zungs­saal ist mit Blick von der Markt­sei­te kaum zu erkennen.

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Lehe wuchs in die­ser Zeit so schnell, dass bald auch das erwei­ter­te Rat­haus zu klein wur­de. Auch für die Leher Spar­kas­se wur­den die Räum­lich­kei­ten für einen geord­ne­ten Geschäfts­be­trieb zu eng. Die Gemein­de Lehe ent­schied sich zum Bau eines Spar­kas­sen­ge­bäu­des an der Hafen­stra­ße. Als es im Som­mer 1917 bezugs­fer­tig war, zog in den Dop­pel­bau nicht nur die Spar­kas­se ein. Das Post­amt, das Staat­li­che Kul­tur­bau­amt, das Stadt­bau­amt und das Stan­des­amt fan­den hier eben­falls eine Bleibe.

Am 11. Novem­ber 1924 fand die letz­te Sit­zung der Kör­per­schaf­ten der Stadt Lehe statt. Ober­bür­ger­meis­ter Dr. Schö­ne­wald hielt eine Abschieds­re­de. Aus den Unter­we­ser­städ­ten Lehe und Geest­e­mün­de wur­de Kraft preu­ßi­schem Gesetz die Stadt Weser­mün­de. Damit ende­te die Geschich­te der Stadt Lehe.

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Nach dem Zwei­ten Welt­krieg zog die Bau­ver­wal­tung in das Gebäu­de, das 1984 unter Denk­mal­schutz gestellt wur­de, ein. Als die Bau­ver­wal­tung im Jah­re 2004 in das Tech­ni­sche  Rat­haus umzog, über­nahm das neue Jus­tiz­zen­trum das Alte Rat­haus. Arbeits­ge­richt und Nach­lass­ge­richt zogen ein. Auch das ört­li­che Jugend­amt und den Betreu­ungs­ver­ein Bre­mer­ha­ven fin­det man hier.

Im Lau­fe der Jah­re nag­te der Zahn der Zeit kräf­tig an der Gebäu­de­au­ßen­hül­le. Abplat­zun­gen und Ris­se, die bis in die Innen­räu­me reich­ten, wur­den bei einer Begut­ach­tung im Jah­re 2013 fest­ge­stellt. Auch defek­te Dach­ab­schlüs­se, undich­te Fens­ter, defek­te Mau­er­ab­de­ckun­gen und durch ein­ge­drun­ge­ne Feuch­tig­keit ent­stan­de­ne Schä­den stell­ten die Gut­ach­ter fest.

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Umfang­rei­che Sanie­rungs­maß­nah­men für rund eine Mil­lio­nen Euro wur­den in den Jah­ren 2013 und 2014 an der West- und Nord­fas­sa­de und an Tei­len der Ost­fas­sa­de vor­ge­nom­men. Dann wur­den die Arbei­ten ein­ge­stellt. Die Finan­zie­rungs­mit­tel waren aus­ge­schöpft. Aus Sicher­heits­grün­den muss­te der gesam­te Bereich um die Süd­fas­sa­de abge­sperrt wer­den. Es bestand die Gefahr, dass Mau­er- oder ande­re Gebäu­de­tei­le her­ab­fal­len würden.

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Im Mai 2017 konn­te end­lich mit den Sanie­rungs­maß­nah­men an der Süd­fas­sa­de begon­nen wer­den. Die Stadt Bre­mer­ha­ven stell­te 250.000 Euro zur Ver­fü­gung, wei­te­re nicht zurück zu zah­len­de 100.000 Euro erhielt Bre­mer­ha­ven aus dem Denk­mal­schutz-Son­der­pro­gramm des Bun­des zur Erhal­tung von Kul­tur­denk­mä­lern. Im Herbst 2017 waren die Arbei­ten abge­schlos­sen. Die Fas­sa­de bekam ihren his­to­ri­schen creme­far­be­nen Anstrich zurück, ein dezen­ter Rot­ton hebt die Ver­zie­run­gen her­vor. Die Fens­ter wur­den aus­ge­wech­selt, die Ein­gangs­tür aufgearbeitet.

Die Kos­ten für die noch erfor­der­li­chen Sanie­rungs­ar­bei­ten an der Ost­sei­te haben die Archi­tek­ten des stadt­ei­ge­nen Betrie­bes See­stadt Immo­bi­li­en auf eine hal­be Mil­lio­nen Euro geschätzt.

Quel­len:
A. Mey­er: Armen­haus wur­de Rat­haus,
Nie­derd. Hei­mat­blatt Nr. 271 v. Juli 1972
A. Mey­er:Kein Platz für die Ver­wal­tung, Nie­derd. Hei­matbl. Nr. 273 v. Sep 1972
Har­ry Gab­cke: Bre­mer­ha­ven frü­her – ges­tern — heu­te, Sei­ten 60 und 61
Har­ry Gab­cke: Bre­mer­ha­ven in alten Ansich­ten, Sei­te 137
Her­mann Schrö­der: Geschich­te der Stadt Lehe, Sei­ten 229 – 231
R. Dons­bach: Sieht gut aus, ist aber morsch, Nord­see-Zei­tung vom 20.08.2014
S. Schwan: Leher Wahr­zei­chen in Gefahr, Nord­see-Zei­tung vom 19.10.2015
R. Dons­bach: Jetzt ist Geld dafür da, Nord­see-Zei­tung vom 25.10.2016
U. Kikker: Schmuck­stück ist fer­tig, Nord­see-Zei­tung vom 5.12.2017
See­stadt Immo­bi­li­en: Sanie­rung der Ein­gangs­fas­sa­de des … Rat­hau­ses Lehe
Lan­des­amt für Denk­mal­pfle­ge Bre­men: Denk­mal­da­ten­bank

Die Milchbar gammelt weiter vor sich hin

Immer wie­der haben die Besit­zer der seit 2009 leer ste­hen­den Milch­bar ihre Absicht bekun­det, das Kult-Café in der Lloyd­stra­ße zu reno­vie­ren und neu zu eröff­nen. Bis heu­te hat sich nichts getan.

Milchbar in der Lloydstraße von Bremerhaven

Gut, das Pack­pa­pier wur­de ent­fernt und durch alte ver­grau­te Vor­hän­ge ersetzt. Aber sonst konn­ten weder die auf­ge­brach­ten Nach­barn noch das Drän­gen der Denk­mal­schutz­be­hör­de an dem ver­gam­mel­ten Zustand etwas ändern. Die ehe­ma­li­ge Milch­bar, schon lan­ge ein Schand­fleck in der Lloyd­stra­ße, ver­rot­tet langsam.

Laut Bericht der Nord­see-Zei­tung hat eine Fami­lie Griesch das Lokal im Jah­re 2011 über­nom­men, um es zu reno­vie­ren. Der Abschluss der Arbei­ten soll für Ende 2012 vor­ge­se­hen gewe­sen sein. Aber nichts ist pas­siert. Auch die Jah­re 2013 und 2014 zogen vor­über, ohne dass in dem Lokal mit einer Reno­vie­rung begon­nen wurde. 

Die Denk­mal­schutz­be­hör­de soll die Hoff­nung jeden­falls noch nicht auf­ge­ge­ben haben, dass es nach all der Zeit doch noch eine gemein­sa­me Lösungs­su­che mit den Eigen­tü­mern geben wird. 

Es kann ja nicht sein, dass hier ein denk­mal­ge­schütz­tes Gebäu­de dem Ver­fall preis­ge­ge­ben wird, mit dem vie­le Bre­mer­ha­ve­ner Erin­ne­run­gen an ihre Jugend­zeit ver­bin­den. An die tol­le Zeit der 1950er und 1960er, als man ein oder auch zwei  Gro­schen in die Musik­box steck­te um Twist-Musik von Chub­by Che­cker oder Rock ’n’ Roll von Bill Haley oder Elvis Pres­ley von Chuck Ber­ry oder  Fats Domi­no zu hören. Dazu saug­te man stun­den­lang — natür­lich mit sei­ner neu­en Flam­me an einem Fens­ter­platz sit­zend — durch einen Stroh­halm sei­nen Milkshake oder bestell­te sich ein Stück der berühm­ten Torten. 

So bleibt nur die Hoff­nung, dass die Stadt­ver­wal­tung den Eigen­tü­mern “Dampf unterm Hin­tern macht”, damit die­se sich end­lich um ihre Kult­gast­stät­te küm­mern.
Quel­le:
Nord­see-Zei­tung vom 07.01.2015

Wann zieht wieder Leben in den Wasserturm ein?

Zwei Ver­su­che, das Wahr­zei­chen von Geest­e­mün­de wie­der mit Leben zu fül­len, schei­ter­ten. Doch dann war mit der Eröff­nung des Restau­rants Langerbeck’s eine Pha­se des jah­re­lan­gen Leer­stan­des end­lich vor­bei. In dem 1889 erstell­ten Was­ser­turm auf dem Neu­markt wur­den die Gäs­te mit deut­schen und fran­zö­sisch-medi­ter­ra­nen Gerich­ten bewir­tet. Doch seit Okto­ber 2013 zählt auch das Langerbeck’s nur noch zu den Epi­so­den der Vergangenheit.

Wasserturm in Geestemünde

In den für die Bre­mer­ha­ve­ner Was­ser­ver­sor­gung nicht mehr benö­tig­ten Was­ser­turm wur­den im Jah­re 2005 rund 1,2 Mil­lio­nen Euro aus dem Urban-II-Pro­gramm der Euro­päi­schen Uni­on inves­tiert. Neben einer umfang­rei­chen Sanie­rung erhielt der Turm einen glä­ser­nen Restaurantanbau.

2009 kamen die Hand­wer­ker zurück und bau­ten in den Turm für 80.000 Euro eine Zwi­schen­de­cke ein. Eigent­lich ein Unding bei einem denk­mal­ge­schütz­ten Gebäu­de. Aber er muss­te sein – der Turm hat­te einen unstill­ba­ren Ener­gie­hun­ger. Den 38 Meter hohen Turm bis hin­auf zum Was­ser­tank zu hei­zen wur­de bei den stän­dig stei­gen­den Ener­gie­kos­ten unbe­zahl­bar. Alle Päch­ter schei­ter­ten letzt­end­lich in ers­ter Linie an  den  hohen Heizkosten.

Und die Inves­ti­ti­on wur­de belohnt! Jetzt fan­den sich end­lich wie­der Päch­ter, die im August 2010 unter dem Namen “Langerbeck’s“  ein  Restau­rant, Bis­tro und Café eröff­ne­ten. Ins­ge­samt ste­hen  im  Inne­ren  des  Turms  und im glä­ser­nen Anbau 65 und für Gesell­schaf­ten 80 Plät­ze bereit. Auf der Ter­ras­se fin­den 80 wei­te­re Gäs­te Platz – mit Blick auf das Markt­ge­sche­hen auf dem Konrad-Adenauer-Platz.

2013 - Wasserturm Geestemünde

Alles ließ sich gut an – aber dann muss­te erneut saniert wer­den. Im März 2013 wur­de der Was­ser­turm nahe­zu kom­plett ein­ge­rüs­tet, um Frost­schä­den zu besei­ti­gen. Für die Dau­er der Sanie­rungs­maß­nah­me wur­de dem Restau­rant eine Zwangs­pau­se ver­ord­net. Im Okto­ber 2013 haben die Brü­der Mathi­as und Tho­mas Lan­ger­beck die Reiß­lei­ne gezo­gen und das Restau­rant aufgegeben.

Um dem Was­ser­turm wie­der neu­es Leben ein­zu­hau­chen, ist die Eigen­tü­me­rin swb seit eini­ger Zeit im Gespräch mit meh­re­ren poten­ti­el­len Pacht-Inter­es­sen­ten. Wer der swb ein gutes Kon­zept mit einem schlüs­si­gen Busi­ness­plan vor­le­gen kann, könn­te sei­nen Betrieb im Was­ser­turm sofort star­ten. Die Wän­de sind frisch gestri­chen und Mobi­li­ar und Geschirr ste­hen bereit.

1910 - Wasserturm Geestemünde

Im Zwei­ten Welt­krieg wur­de auch der Was­ser­turm stark beschä­digt. 1976 muss­te er wegen Bau­fäl­lig­keit vor­über­ge­hend still­ge­legt wer­den. 1977 und 1978 wur­de er restau­riert und bis 1996 von den dama­li­gen Stadt­wer­ken wei­ter als Trink­was­ser­spei­cher genutzt. Im Zuge der Umge­stal­tung des Kon­rad-Ade­nau­er-Plat­zes begann 2003 die gas­tro­no­mi­sche Nut­zung des Was­ser­turms. Den Was­ser­turm habe ich bereits beschrie­ben.
Quel­len:
Maga­zin der IHK Bre­mer­ha­ven vom Dezem­ber 2012, Sei­te 28
Nord­see-Zei­tung vom 22.11.2013 und 24.05.2014
Stä­wog-Mie­ter­zei­tung vom Juni 2010, Sei­te 4
Sonn­tags­jour­nal vom 03.08.2013

Der Wasserturm des Leher Baumeisters Johann Hinrich Eits

In mei­ner Rei­he “Was­ser­tür­me“ habe ich Euch bereits die vier Bre­mer­ha­ve­ner Was­ser­tür­me vor­ge­stellt, die noch heu­te das Stadt­bild von Bre­mer­ha­ven prä­gen: 1852 wur­de der Schwoon’sche Was­ser­turm an der Hafen­stra­ße erbaut, 1886 folg­te der Was­ser­turm an der Lan­ge­ner Land­stra­ße und 1891 der Was­ser­turm am Geest­e­mün­der Neu­markt. Erst 1927 errich­te­te man den Wohn­was­ser­turm in Wuls­dorf. Es gab aber noch einen wei­te­ren, heu­te weit­ge­hend ver­ges­se­nen Was­ser­turm. Die­sen Turm aus dem Jah­re 1838  möch­te ich heu­te in Erin­ne­rung rufen.

Blick von der Geeste Richtung Hafenstraße (1901)

In sei­nem Buch: “Die ers­ten 100  Jah­re Bre­mer­ha­vens” berich­tet Georg Bes­sel, dass in der auf­stre­ben­den Stadt Bre­mer­ha­ven der Man­gel an Trink­was­ser “ein schlim­mer Übel­stand” war. Alle Ver­su­che, brauch­ba­re Quel­len zu fin­den, waren fehl­ge­schla­gen. Wegen der Nähe zur Weser war man immer nur auf Brack­was­ser gestoßen. 

Blick von der Geeste Richtung Hafenstraße

1832 begann man auf dem Markt­platz einen arte­si­schen Brun­nen zu boh­ren. Es waren bereits viel Arbeit und Kos­ten inves­tiert, als 1834 in einer Tie­fe von 167 Fuß (48 Meter) eine Röh­re brach. So muss­te auch die­ser Ver­such auf­ge­ge­ben wer­den. Man behalf sich wie bis­her mit Zis­ter­nen und besorg­te sich das Was­ser aus Lehe, das zu jener Zeit noch ein eigen­stän­di­ger Fle­cken war. 

1900 Eits'sche Wasserturm

Und so ver­sorg­ten die Leher den benach­bar­ten Hafen­ort bis 1838 mit Was­ser in Fäs­sern, die müh­se­lig mit Pfer­de­fuhr­wer­ken von Lehe nach Bre­mer­ha­ven trans­por­tiert wur­den. Für Spe­di­teu­re, Pfer­de und die höl­zer­nen Fuhr­wer­ke war es damals Schwerst­ar­beit, die schwe­ren Was­ser­fäs­ser zu transportieren. 

Beson­ders unan­ge­nehm waren die Schwie­rig­kei­ten der Trink­was­ser­be­schaf­fung für die Schif­fe. Eine Zeit­lang hol­te der ehe­ma­li­ge Fähr­päch­ter Schnib­be das Was­ser täg­lich von der obe­ren Weser und ver­kauf­te es im Hafen. Das Oxhoft kos­te­te 9 Gro­te.

Um 1900 Hafenstraße

Die Kun­den schimpf­ten aber regel­mä­ßig, dass er die Weser nicht weit genug hin­auf­fah­ren wür­de und bis­wei­len statt süßen Was­sers nur unge­nieß­ba­res Brack­was­ser bun­ke­re. Auch war die­se Art der Beschaf­fung von Frisch­was­ser außer­or­dent­lich zeit­rau­bend. Ein Schiff mit 150 Pas­sa­gie­ren muss­te 5 Tage war­ten, bis es auf die­se Wei­se genü­gend Was­ser an Bord hat­te. Und dabei war die regel­mä­ßi­ge Fahrt des Was­ser­schif­fes sehr vom Win­de abhän­gig; wenn er zum Aus­lau­fen güns­tig war, so war er für das Was­ser­schiff ungünstig. 

Hafenstraße

Da leg­te 1833 der in Lehe gebo­re­ne Bau­meis­ter Johann Hin­rich Eits, der in Bre­mer­ha­ven wohn­te und dort vie­le Häu­ser gebaut hat­te, sei­nen Plan vor, von Lehe eine Was­ser­lei­tung nach Bre­mer­ha­ven zu legen. Bei der soge­nann­ten Grau­pen­müh­le befand sich unge­fähr dort, wo heu­te der Alte Was­ser­turm in Lehe steht, ein ergie­bi­ger Brun­nen. Jedoch, die Depu­ta­ti­on lehn­te die­ses Ansin­nen zunächst ab. Aber Eits gab nicht auf und erhielt im Jah­re 1838 von Bre­men und von Han­no­ver end­lich die lang ersehn­te Erlaubnis. 

Hafenstraße

Zusam­men mit dem Bre­mer­ha­ve­ner Spe­di­teur Johann Georg Claus­sen kauf­te Eits die Leher Grau­pen­müh­le für 7.000 Taler, bau­te die Was­ser­lei­tung und erstell­te einen 15 Meter hohen höl­zer­nen Was­ser­turm. Mit Hil­fe einer von Zug­tie­ren betrie­be­nen Pump­an­la­ge wur­de das dem Brun­nen ent­nom­me­ne Was­ser auf den Turm hin­auf beför­dert und in einem Tank gesam­melt. Von dort wur­de es dann ab 8.  August 1839 durch die neue Was­ser­lei­tung nach Bre­mer­ha­ven gedrückt. 

Hafenstraße mit Wassertürmen & Pauluskirche (um 1909)

Auf dem Grund­stück Kir­chen­stra­ße 3  ergoss sich das Was­ser in ein Bas­sin und wur­de für 6 Gro­te das Oxhoft ver­kauft. Die Schif­fe im heu­ti­gen Alten Hafen wur­den von hier aus durch eine aus beweg­li­chen Röh­ren und Rin­nen bestehen­de Lei­tung ver­sorgt, von der aus die See­leu­te mit Hil­fe von Leder­schläu­chen ihre Was­ser­fäs­ser fül­len konnten. 

Trotz die­ser Ver­bes­se­rung wur­de noch jahr­zehn­te­lang der größ­te Teil des Trink­was­sers wei­ter­hin in Zis­ter­nen gewon­nen. Denn die­se ers­te pri­va­te Was­ser­lei­tung von Eits und Claus­sen erwies sich schon nach kur­zer Zeit als man­gel­haft. In den Zei­tun­gen heißt es sehr oft, dass sie “wie­der ein­mal” eine “leh­mi­ge Flüs­sig­keit” gelie­fert haben, die man wohl kaum als Was­ser bezeich­net kön­ne. Gleich­wohl lehn­ten sie sich vehe­ment dage­gen auf, als Anfang der 1850er Jah­re Mel­chi­or Schwoon, Johann Köper und Carl Phil­ipp Asch­off eine zwei­te Was­ser­lei­tung planten. 

Wassertürme (Schwoon hinten, Eits vorn, 1900)

Doch der Wider­stand war zweck­los. Der Senat war wohl der Mei­nung, dass Kon­kur­renz das Geschäft bele­ben wür­de und erteil­te somit den Unter­neh­mern die erbe­te­ne Kon­zes­si­on. Mit der neu­en Was­ser­lei­tung und einem  Was­ser­werk mit einer Dampf­pum­pen­an­la­ge bedien­te Schwoon alle Stra­ßen der Stadt. Damit wur­de zum ers­ten Mal der Anschluss der ein­zel­nen Häu­ser an eine Was­ser­lei­tung ermöglicht. 

Lessingschule, Pauluskirche, Eits' Wassertum (Blick von der Kinderkuhle, 1907)

Schwoon errich­te­te sei­nen Was­ser­turm direkt neben dem Eits’schen Brun­nen in Lehe an der Hafen­stra­ße. Eits bau­te dar­auf­hin einen neu­en 26 Meter hohen gemau­er­ten Was­ser­turm und stell­te sei­ne För­der­an­la­ge eben­falls auf Dampf­be­trieb um. Der Schwoon’sche Turm jedoch erwies sich schnell als zu nied­rig. Das Was­ser stieg in den Häu­sern nur bis zur ers­ten Eta­ge. So stock­te Schwoon sei­nen Turm um 9 Meter auf sei­ne heu­ti­ge Höhe auf. 

Für das Trink­was­ser wur­de ein außer­or­dent­lich hoher Preis ver­langt. Die pri­va­ten Kun­den muss­ten für einen Kubik­me­ter des häu­fig man­gel­haf­ten Trink­was­sers 1 Mark und mehr bezah­len. In ver­gleich­ba­ren Städ­ten wur­den nur 10 bis 20 Pfen­nig in Rech­nung gestellt. Von Schif­fen wur­den sogar Prei­se von 1,40 bis 1,80 Mark verlangt. 

Hafen, Ecke Kistnerstr (1906 - Quelle.. Postkartenkalender)

So war es höchs­te Zeit, dass sich die Stadt­ver­wal­tung um die Trink­was­ser­ver­sor­gung küm­mer­te. Ein Ver­such, sich mit den bei­den bestehen­den Unter­neh­mun­gen über eine Erwei­te­rung und Ver­bes­se­rung ihrer Wer­ke unter Betei­li­gung der Stadt zu eini­gen, blieb ergeb­nis­los. Die Stadt­ver­wal­tung beschloss, ein eige­nes städ­ti­sches Was­ser­werk zu errichten. 

Der har­te Kon­kur­renz­kampf zwi­schen Eits und Schwoon wur­de durch die Ehe­schlie­ßung der Kin­der bei­der Fami­li­en und Zusam­men­schluss bei­der Betrie­be im Jah­re 1870 bei­gelegt. Der Turm der Fami­lie Eits, der an der Stel­le stand, an der sich heu­te das Gebäu­de mit Post und Spar­kas­se befin­det, wur­de spä­ter aufgegeben. 

Quel­len:
Georg Bes­sel: “Die ers­ten hun­dert Jah­re Bre­mer­ha­vens”.
Har­ry Gab­cke: “Bre­mer­ha­ven in zwei Jahr­hun­der­ten”.
Bre­mer­ha­ve­ner Face­book-Grup­pe
juwiversum.bplaced.net

Mein ganz beson­de­rer Dank gilt Sabi­ne F., Lia­ne und Peter R. sowie Jür­gen W.
Ohne deren his­to­ri­sches Bild­ma­te­ri­al und Wis­sen hät­te ich über den Eits’schen Was­ser­turm nicht so aus­führ­lich schrei­ben können. 

Das war meine Werft – Folge 7

Um die unte­ren Tei­le eines Schiffrump­fes zu repa­rie­ren, muss man das Schiff zunächst “tro­cken­le­gen”. Hier­zu bedient man sich eines Docks, die es heut­zu­ta­ge ent­we­der als Tro­cken­dock oder als Schwimm­dock gibt.

Schwimmdock

Das Tro­cken­dock gibt es schon fast so lan­ge, wie die Men­schen Schif­fe bau­en. Etwa 200 v. Chr. soll es in Ägyp­ten erfun­den wor­den sein.

An der Gees­te leg­te man die Schif­fe in Schlick- oder Mud­docks tro­cken. Man nutz­te hier­zu ein­fach Ebbe und Flut. Sobald das Was­ser ablief, dich­te­te man die Ein­fahrt der Fahr­rin­ne mit Erd­wäl­le und Holz­plan­ken ab. Das nun ein­ge­schlos­se­ne Was­ser wur­de abge­schöpft, bis die Schif­fe tro­cken fielen.

Die­se, für Schif­fe mit gerin­gem Tief­gang ein­fa­che Metho­de an den Schiffs­rumpf zu gelan­gen, war aber nicht über­all mög­lich.  Dann bedurf­te es einer sehr umständ­li­chen Pro­ze­dur: Das Schiff muss­te “kiel­ge­holt” wer­den. Es wur­de mit Hil­fe von Win­den und Fla­schen­zü­gen im Was­ser auf die Sei­te gelegt. Klei­ne­re Schif­fe wur­den auf Gleit­höl­zer  oder Schlit­ten­wa­gen an Land gezogen.

Wencke-Dock

Die ers­ten Tro­cken­docks in Deutsch­land ent­stan­den in Bre­mer­ha­ven. Die ers­te Anla­ge wur­de 1837 bis 1840 von Johann Lan­ge ange­legt und nach 1860 durch sei­nen Sohn Carl Lan­ge um eine zwei­te Anla­ge ergänzt.

Wencke-Werft

Ein wei­te­res Tro­cken­dock ent­stand 1845 bis 1846 in der Werft F. W. Wen­cke. Es hat­te höl­zer­ne Dock­wän­de und war 52 m lang und 32 m breit mit einer Ein­fahrts­brei­te von 11 m. Der Schwie­ger­sohn des Werft-Grün­ders, Albert Rosen­thal, ließ 1860 die Anla­ge um eine zwei­te 81 m lan­ge Kam­mer ergän­zen, wobei die gemein­sa­me Ein­fahrt auf 15 m ver­brei­tert wur­de. Die höl­zer­nen Wän­de wur­den spä­ter durch sol­che aus Muschel­kalk- und Zie­gel­stei­nen ersetzt. Über­res­te die­ser 4,8 m tie­fen Anla­ge sind heu­te noch erhal­ten und ste­hen unter Denkmalschutz.

Lange-Dock

Das Tro­cken­dock ist ein Bas­sin, dass durch ein was­ser­dich­tes Sperr­tor ein­fach vom Fluss­lauf oder vom Hafen abge­trennt wird. Sobald das Schiff im Dock schwimmt, wird es mit­tig aus­ge­rich­tet. Dann wird das Sperr­tor geschlos­sen und das Was­ser aus der Dock­kam­mer gepumpt, so dass der Was­ser­spie­gel sinkt und das Schiff auf den Boden der Kam­mer absackt. Damit das Schiff nicht umfällt, sichert man es auf bei­den Sei­ten durch so genann­te Kimmstapel.

Nach dem voll­stän­di­gen Abpum­pen des Was­sers kön­nen die Arbei­ten am tro­cken lie­gen­den Schiff aus­ge­führt wer­den. Danach wird die Anla­ge ein­fach wie­der geflu­tet, bis das Schiff wie­der auf­schwimmt und aus dem Dock gezo­gen wer­den kann.

F-124 im Dock

Anders als ein Tro­cken­dock kann ein Schwimm­dock direkt zum repa­ra­tur­be­dürf­ti­gen Schiff gebracht wer­den, wenn etwa ein hava­rier­tes Schiff die Werft nicht mehr errei­chen aus eige­ner Kraft errei­chen kann. 

Zum Ein­do­cken des Hava­ris­ten wer­den die Flut­tanks des Schwimm­docks mit Was­ser gefüllt und das Dock sackt ab. Nun wird das Schiff in das Dock gezo­gen und die Flut­tanks des Schwimm­docks wie­der leer­ge­pumpt. Das Dock hebt sich wie­der an und das Schiff liegt trocken.

Die 1924 von Max Sieg­hold gegrün­de­te Sieg­hold-Werft Bre­mer­ha­ven GmbH & Co. stell­te als kleins­te See­schiffs­werft Bre­mer­ha­vens das ers­te Schwimm­dock im Unter­we­ser­raum in Betrieb.

Wencke-Dock

Das an der Gees­te direkt am Ein­gang zur Innen­stadt lie­gen­de Wen­cke-Dock aber gilt als der ältes­te in Tei­len erhal­te­ne Schiffs­bau­platz Euro­pas aus der Grün­der­zeit Bre­mer­ha­vens. Als jetzt ein­zu­stür­zen droh­te, stell­te der Bund aus einem Son­der­pro­gramm 900.000 Euro bereit. Die Stadt Bre­mer­ha­ven setz­te zusätz­lich 1,2 Mil­lio­nen ein, und so begann man im Novem­ber 2011, das Dock in sei­nen alten Umris­sen sicht­bar zu machen. Die Kro­nen­mau­er wur­de frei­ge­legt und saniert und die umge­stürz­te Kai­mau­er wie­der befes­tigt. Vom Dock­haupt aus füh­ren Wege um das Wen­cke-Dock her­um, so dass der Besu­cher sich die alte Anla­ge sicher anschau­en kann.

Lange-Dock und Wencke-Dock

Nach­dem die Sanie­rungs­ar­bei­ten am Wen­cke-Dock abge­schlos­sen sind, soll nun auch das benach­bar­te Lan­ge-Dock für etwa 240.000 Euro saniert wer­den. Die gemau­er­ten Dock­häup­ter und die Trep­pen­kon­struk­ti­on dro­hen zu ver­fal­len. Da bei­de Docks neben­ein­an­der lie­gen, soll hier die ein­ma­li­ge Mög­lich­keit wahr­ge­nom­men wer­den, ein Are­al zu schaf­fen, wel­ches für Deutsch­land einen ein­zig­ar­ti­gen tech­ni­schen und indus­tri­el­len Denk­mal­wert besit­zen kann. Schließ­lich haben die Werft­be­sit­zer Lan­ge und Wen­cke den Beginn der Bre­mer­ha­ve­ner See­schiff­bau­ge­schich­te­maß­geb­lich mitgeprägt.

Der aus Vege­sack stam­men­de Johann Lan­ge hat im Jah­re 1837 in Bre­mer­ha­ven ein Zweig­be­trieb eröff­net, der aus­schließ­lich als Repa­ra­tur­be­trieb gedacht war. Dafür hat er an der Gees­te ein Tro­cken­dock errich­ten las­sen. Die Werft wur­de 1895 an Georg See­beck verkauft.

Quel­len:
Nord­see-Zei­tung vom 24.08.2012 und 21.02.2014
de.wikipedia.org

zum Weiterlesen

Sanierungsarbeiten am Görlitzer Jugendstilkaufhaus

Im Sep­tem­ber 2013 habe ich dar­über geschrie­ben, dass der Lübe­cker Unter­neh­mer Win­fried Stö­cker das denk­mal­ge­schütz­te Gör­lit­zer Jugend­stil­kauf­haus erwor­ben hat, um es wie­der als Kauf­haus zu nut­zen. Am Diens­tag berich­te­te die Säch­si­sche Zei­tung in ihrer Gör­lit­zer Aus­ga­be über den Fort­schritt der Arbei­ten am Kaufhaus.

Jugendstilkaufhaus Görlitz

Bis­her waren die Fens­ter des Kauf­hau­ses ver­klei­det, um die Waren vor dem Tages­licht zu schüt­zen. Die Gör­lit­zer ken­nen ihr Kauf­haus eigent­lich nur abge­dun­kelt und indi­rekt beleuch­tet. Das soll jetzt aber anders wer­den. Der neue Inves­tor Win­fried Stö­cker setzt auf Tageslicht.

Bau­ar­bei­ter haben die Fens­ter­ver­klei­dun­gen bereits ent­fernt und sind damit beschäf­tigt, das Haus zu ent­ker­nen. Alle Ein­bau­ten müs­sen demon­tiert wer­den: Rega­le, Lam­pen, Kabel, Heiz­kör­per, Roh­re. Unter­stützt wer­den sie dabei von dem Haus­meis­ter, der schon so lan­ge hier beschäf­tigt ist, dass er eigent­lich selbst zum Inven­tar gehört. Er betreu­te das Kauf­haus als es noch Kar­stadt hieß, und auch zu Her­tie-Zei­ten woll­te nie­mand auf ihn ver­zich­ten. Der Mann kennt jedes Kabel und jeden Schalter.

Alles, was im frü­he­ren Waren­haus nicht mehr gebraucht wur­de, lan­de­te irgend­wann im Dach­ge­schoss. Der gan­ze Müll wur­de ent­fernt. Und ein Stock­werk tie­fer haben die Arbei­ter die Tro­cken­bau­wän­de aus­ge­baut. Noch gibt es kei­ne Plä­ne, wie die Raum­auf­tei­lung in Zukunft aus­se­hen wird. Wahr­schein­lich wer­den hier Büros eingerichtet.

Zur Zeit wird das denk­mal­ge­schütz­te Gebäu­de digi­tal ver­mes­sen, am Com­pu­ter ent­ste­hen dann die Bau­zeich­nun­gen. Bis Ende Juni soll der Umbau- und Sanie­rungs­an­trag dem Gör­lit­zer Bau­auf­sichts­amt zur Geneh­mi­gung vor­lie­gen. Der Denk­mal­schutz ist aber bereits jetzt vor Ort und über­wacht die Arbei­ten. Natür­lich ist es nicht immer ein­fach, den Urzu­stand wie­der­her­zu­stel­len. Das Haus ist mehr als 100 Jah­re alt, vie­le Mate­ria­len gibt es heu­te nicht mehr.

Der Inves­tor hat für die Sanie­rung des künf­ti­gen “Kauf­hau­ses der Ober­lau­sitz” (KdO) etwa 20 Mil­lio­nen Euro ein­ge­plant. Die Hälf­te der Sum­me soll in einen Anbau mit moder­nen Auf­zü­gen und Roll­trep­pen flie­ßen. Im Unter­ge­schoss ist ein Lebens­mit­tel­markt geplant, unter der Glas­kup­pel ganz oben ein Café.
Quel­le:
Säch­si­sche Zei­tung vom 18.02.2014

Der Wohnwasserturm von Wulsdorf

Der Wohn­was­ser­turm von Wulsdorf

In mei­ner Rei­he “Was­ser­tür­me“ möch­te ich Euch heu­te den Wohn­was­ser­turm von Wuls­dorf vor­stel­len. An die­ser Stel­le bedan­ke ich mich für die freund­li­che Unter­stüt­zung von Herrn Dr. Jens U. Schmidt. Soll­tet Ihr Lust auf mehr Infor­ma­tio­nen zu den Was­ser­tür­men bekom­men haben, schaut Euch doch mal die Home­page Archiv deut­scher Was­ser­tür­me an. Der Wohnwasserturm von WulsdorfWenn man auf der Weser­stra­ße fährt, sieht man ihn schon von Wei­tem – den im Jah­re 1927 erbau­ten Wohn­was­ser­turm von Wuls­dorf, erbaut nach den Plä­nen des Weser­mün­der Stadt­bau­ra­tes Dr. Wil­helm Kunz.Der Wohnwasserturm von WulsdorfEs gibt in Deutsch­land nicht vie­le Wohn­was­ser­tür­me. Doch als in den 1920er Jah­ren der Fische­rei­ha­fen erheb­lich aus­ge­baut wur­de, stieg einer­seits der Was­ser­be­darf rapi­de an, ande­rer­seits war zu jener Zeit die Woh­nungs­not in Weser­mün­de groß. Den Was­ser­turm mit neu­em Wohn­raum zu ver­bin­den lag da nahe. Die Über­le­gun­gen, im Erd­ge­schoss eine Turn­hal­le ein­zu­bau­en, wur­den aber nicht wei­ter ver­folgt.Schnittzeichnung vom Wulsdorfer WohnwasserturmDer Magis­trat der Stadt Weser­mün­de ließ den 33 Meter hohen Turm in Stahl­be­ton-Ske­lett­bau­wei­se von der Bau­fir­ma Paul Kos­sel & Cie., Beton- und Eisen­be­ton­bau, Weser­mün­de errich­ten. Das recht­ecki­ge Gebäu­de wur­de mit einem Zie­gel­mau­er­werk ver­klei­det. Die Bau­ar­bei­ten dau­er­ten vom 16. August 1926 bis zum 29. Okto­ber 1927, die Bau­kos­ten betru­gen 420 000 Reichsmark.

Der Wohn­was­ser­turm ist 25,25 Meter lang, 13,50 Meter breit und 32,74 Meter hoch. Dem Gebäu­de sind zwei 2,42 Meter tie­fe Trep­pen­häu­ser  vor­ge­la­gert. Das Kel­ler­ge­schoss hat eine Höhe von 2,70 Meter.Der Wohnwasserturm von WulsdorfDas Erd­ge­schoss und das ers­te, zwei­te und drit­te Ober­ge­schoss sind jeweils 3 Meter hoch. Es folgt ein vier­tes Ober­ge­schoss mit einer Höhe von 2,95 Meter und ein fünf­tes mit einer Höhe von 2,60 Meter. Das sechs­te Ober­ge­schoss mit einer Höhe von 3,36 Meter bil­det den Tropf­bo­den. Das 10,35 Meter hohe Behäl­ter­ge­schoss bil­det den Abschluss. Über allem ragt eine schmuck­voll gemau­er­te 1,85 Meter hohe Brüs­tung.Grundriss der Wohnungen im Wulsdorfer WasserturmZwei Trep­pen­häu­ser tei­len den Turm in eine rech­te und eine lin­ke Hälf­te. Zwi­schen den Trep­pen­häu­sern befin­det sich ein recht­ecki­ger Instal­la­ti­ons­schacht, in dem sich die Zu- und Ablei­tun­gen befin­den. Die rech­te und die lin­ke Geschoss­hälf­ten bie­ten Platz für jeweils eine Drei- und eine Zwei­zim­mer­woh­nung mit Küche, Die­le, Bad, Vor­raum und Spei­se­kam­mer. Ins­ge­samt ste­hen in den fünf Wohn­ge­schos­sen also 20 Woh­nun­gen zur Ver­fü­gung. Das sechs­te Geschoss dient als Tro­cken­bo­den und Waschküche.

Steigt man die Wen­del­trep­pe ins Behäl­ter­ge­schoss hin­auf, seht man vor den zwei 8 Meter hohen zylin­dri­schen Was­ser­be­häl­tern aus Eisen­be­ton, deren Durch­mes­ser 11,55 beträgt. Zusam­men haben sie ein Fas­sungs­ver­mö­gen von 1 500 Kubik­me­ter Wasser.

Der Wuls­dor­fer Wohn­was­ser­turm, das ers­te Hoch­haus an der Unter­we­ser, galt mit sei­nem expres­sio­nis­ti­schen Stil in den 1920er Jah­ren gera­de­zu als avant­gar­dis­tisch und ist mit sei­ner aus­drucks­star­ken Archi­tek­tur Vor­bild für den Preet­zer Was­ser­turm gewe­sen. Seit 1978 steht er unter Denk­mal­schutz. 1996 ver­lor er dann sei­ne Auf­ga­be als Was­ser­turm, die Woh­nun­gen aber sind nach wie vor bewohnt.
Quel­le:
Jens U. Schmidt Was­ser­tür­me in Bre­men und Hamburg
240 Sei­ten (Paper­back Fadenheftung)
Regia-Ver­lag | 19,80 Euro
ISBN 978–3‑86929–190‑1