Kategorie: Görlitzer StadtBILD

Park- und Gartenstadt Görlitz — Folge 1

Die Monats­zeit­schrift Stadt­BILD hat in ihrer Aus­ga­be Nr.  79 vom Janu­ar 2010 einen Auf­satz von Herrn H.-D. Mül­ler über den Gör­lit­zer Stadt­park veröffentlicht:

Zur Vor­ge­schich­te von 1760 bis 1814

Hartmann-GartenEinst befan­den sich vor den Toren der Stadt am Frau­en­tor in Rich­tung Süden die aus­ge­präg­ten Vieh­wei­den ober­halb der Nei­ße gegen­über den ange­leg­ten Blei­chen der Ost­sei­te. An der Kah­le zur Ufer­stra­ße ent­stand nach und nach der Gar­ten von Hart­mann bis 1766. Öst­lich von die­sem kam der Schri­ckel­sche Gar­ten 1760 mit einem Wohn­haus, Pavil­lon und streng geo­me­trisch gehal­te­nen Rabat­ten zur Gel­tung. Er lag zwi­schen Kah­le und dem Lin­den­weg. Schon 1813 begann man in der Stadt mit der Pla­nung und den Anfän­gen eines Aus­baus von Park­an­la­gen. Es war die Zeit Napo­le­ons, wel­che die Stadt in Schre­cken hielt. Gör­litz gehör­te seit 1635 zum Kur­fürs­ten­tum Sach­sen. In der Nähe der eins­ti­gen Frei­licht­büh­ne (jetzt nur noch Res­te vor­han­den) befin­det sich ober­halb unter Zypres­sen ein Ron­dell. Rechts und links sind acht gro­ße stei­ner­ne Kugeln zu sehen. Die Mit­te zeigt einen 1,50 Meter hohen Find­ling mit einem Kreuz und der Jah­res­zahl 1813.

Der Stadt­park, 1814 von dem berühm­ten Gar­ten­ge­stal­ter Len­né zunächst als bota­ni­schen Gar­ten ange­legt, hat­te einen bereits guten Bestand teil­wei­se sel­te­ner Baum­ar­ten. In der wei­te­ren Ent­wick­lung war es nicht nötig, kost­spie­li­ge Erd­be­we­gun­gen vor­zu­neh­men. Von Natur aus waren bereits Hügel, Täler, Fel­sen, Was­ser­flä­chen und Aus­sichts­punk­te vor­han­den. Der Park konn­te groß­flä­chig und mit weit­räu­mi­gen Rasen­flä­chen und Bäu­men sowie Sträu­chern eine Bepflan­zung erfah­ren. Peter Joseph Len­né (1789 — 1866) — ein Gar­ten­ar­chi­tekt. 1854 wur­de er Gene­ral­di­rek­tor der könig­li­chen Gär­ten in Preu­ßen. Er bemüh­te sich um eine ver­bes­ser­te Aus­bil­dung für Gar­ten­bau­meis­ter und Gärt­ner. So schuf er u.a. Park­an­la­gen von Sans­sou­ci und den Ber­li­ner Tiergarten.

Der Stadt­park im Wan­del der Zeit

Plan der Südvostadt

Um 1925 leg­te der dama­li­ge Stadt­gar­ten­di­rek­tor Diek­mann beson­de­ren Wert auf wei­te­ren Aus­bau der Park­an­la­gen, so auch des Stadt­parkes, und ließ die Stadt zur Per­le einer Gar­ten­stadt Deutsch­lands und Schle­si­ens wer­den. Die Pro­me­na­de war eine Fla­nier­mei­le über­wie­gend von der Mit­tel­schicht der Stadt aus dem Kon­sul- und Grün­der­zeit­vier­tel. Ein Spa­zier­gang vom Por­ti­kus in den anschlie­ßen­den Stadt­park lud zum Ver­wei­len ein.

Der höl­zer­ne Por­ti­kus war anläss­lich einer  Hul­di­gung an den neu­en Lan­des­herrn, dem preu­ßi­schen König Fried­rich Wil­helm III. am 3. August 1815 auf dem Ober­markt errich­tet wor­den. Ein Jahr spä­ter fand er an der Pro­me­na­de sei­nen neu­en Stand­ort, wo er 1840 einen grund­le­gen­den Umbau erfuhr. Die­ser muss­te jedoch nach 1945 wei­chen.Promenade im Görlitzer Stadtpark um 1865Begin­nen wir nun einen Abste­cher in die schöns­te Park­an­la­ge der Stadt, von Wes­ten kom­mend an einem Haupt­weg. Beson­ders auf­fal­lend dabei sind his­to­ri­sche Denk­mä­ler, Skulp­tu­ren und ein Brunnen.

Nörd­lich eines Brun­nens befin­det sich das Hum­boldt-Denk­mal mit des­sen Büs­te. Der Schwer­punkt sei­nes Schaf­fens lag auf dem Gebiet der Geo­wis­sen­schaf­ten. Die Inschrift auf dem Sockel lau­tet: “Dem Andenken an Alex­an­der von Hum­boldt 1769 – 1859“. Es stammt von Dani­el Chris­ti­an Rauch und wur­de 1871 aufgestellt.

Ober­halb der Rosen­ter­ras­se steht das Park­häus­chen, 1845 als Woh­nung für den Park­gärt­ner erbaut. Heu­te wird das Park­haus als “Café Park­häus­chen” genutzt. Zuvor war es Domi­zil der Park­ver­wal­tung der Stadt.

Der schö­ne alte Baum­be­stand ent­hält neben hei­mi­schen Bäu­men auch Planta­nen, kana­di­sche Eichen, Zypres­sen, diver­se Rot- und Weiß­bu­chen, einen Ging­ko­baum sowie Magno­li­en und beson­ders beschrif­te­te exo­ti­sche Gewäch­se. Auch erfreut jeden Besu­cher im Mai/ Juni ein in meh­re­ren Far­ben blü­hen­der Rho­do­den­dron­hang gegen­über dem Meri­di­an­stein. Eini­ge sel­te­ne und gut gewach­se­ne Bäu­me sind beson­ders gekenn­zeich­net als “Natur­denk­mal”.

Rund um den Goldfischteich

Die Frei­licht­büh­ne ent­stand im Lau­fe der 195Oer Jah­re in einem Tal, umge­ben von Fel­sen in der Nähe des Gold­fisch­tei­ches, nach dem Ent­wurf des Gar­ten­bau­di­rek­tors Hen­ry Kraft und im Natio­na­len Auf­bau­werk mit 1400 Plät­zen. Die Ein­wei­hung erfolg­te zu Pfings­ten 1956. Ein Denk­mal beson­de­rer Dar­stel­lung befin­det sich gegen­über dem Gold­fisch­teich. Im Sockel befin­det sich die in Stein gehaue­ne Schrift ”Ver­mächt­nis eines Gör­lit­zer Kin­des des Herrn Adolf Ber­thrann 1919”.

Ja, der Gold­fisch­teich, einst Prunk­stück mit Was­ser­spie­len in den 1960er Jah­ren ist heu­te ein unge­pfleg­ter Teich, und man kann nur noch die Regu­lie­rung mit dem Schacht erken­nen für Was­ser­ab- und zufuhr. Der Stadt­park bie­tet auf allen Wegen viel Plät­ze zum Ver­wei­len auf Bän­ken mit schö­nem Aus­blick auf die Park­an­la­ge. Auch gibt es eine Schach­an­la­ge. Für die Eltern mit Kin­dern ist der modern ein­ge­rich­te­te Spiel­platz mit einer Burg auf Rädern ein Ver­gnü­gen. Fer­ner sind Klet­ter­ge­rüs­te eine Attraktion.

Been­den wir nun den Rund­gang durch den Stadt­park und ver­las­sen ihn über den Lin­den­weg zum Ufer der Nei­ße zum heu­ti­gen Mer­cu­re Park­ho­tel. Auf die­sem Grund­stück war einst ein reich­lich besuch­tes Eis­sta­di­on für Eis­ho­ckey- und Fami­li­en­sport. In Wei­ter­füh­rung des Tales befin­det sich der Stadt­hal­len­gar­ten. In die­sem gab es einen Musik­pa­vil­lon und davor noch heu­te 2 Tanz­flä­chen. In den schö­nen Som­mer­näch­ten in den 50er Jah­ren waren Tanz­ver­an­stal­tun­gen mit Orches­ter ein High­light. Eine Nut­zung nach der Schlie­ßung der Stadt­hal­le war nur bedingt mög­lich. Die Stadt­hal­le, ein im Jugend­stil ange­leg­ter Monu­men­tal­bau, liegt am Ran­de des Stadt­parkes und ist 1908 von Archi­tekt Bern­hard Seh­ring gestal­tet wor­den. Lan­ge Zeit war die­ser Bau einer der größ­ten Kon­zert- und Fest­sä­le der Grenz­stadt Nie­der­schle­si­ens mit der Haupt­stadt Bres­lau. Vor der Wen­de ist die Stadt­hal­le als Kul­tur­zen­trum der Stadt genutzt wor­den. Der rei­che Skulp­tu­ren­schmuck der Dach­zo­ne und neu­klas­si­zis­ti­sche Stuck­ele­men­te an der Decke im Inne­ren sind archi­tek­to­ni­sche Meis­ter­leis­tun­gen. Im Jahr 2004 ist die­se für Gör­lit­zer Bür­ger ein­ma­li­ge Kul­tur­stät­te der Stadt ver­lo­ren gegangen.

Meridianstein Görlitz1961 ist der Meri­di­an­stein in Gestalt eines Glo­bus errich­tet wor­den. Die Inschrift erin­nert an das Jahr der ers­ten Welt­raum­fahrt des ers­ten sowje­ti­schen Kos­mo­nau­ten Juri Gaga­rin 1961. Die Bron­ze­schie­ne auf der kreis­för­mi­gen Kugel bezeich­net genau die Lage des “15. Meri­di­ans“, des Län­gen­krei­ses der mit­tel­eu­ro­päi­schen Zeit. Der Meri­di­an­stein hat sei­nen Bestand an die­ser Stel­le auch für künf­ti­ge Generationen.

Text mit freund­li­cher Geneh­mi­gung des Stadt­BILD-Ver­la­ges Görlitz

Die Befreiungskriege 1813/1815 – für Görlitz der Erinnerung wert

Die Monats­zeit­schrift Stadt­BILD hat in ihrer Aus­ga­be Nr.  118 vom Mai 2013 einen Auf­satz von Dr. Ernst Kretz­schmar über die Befrei­ungs­krie­ge 1813/1815 veröffentlicht.

Vor genau 100 Jah­ren, also 1913, gab es in Gör­litz wich­ti­ge Jubi­lä­en und Ein­wei­hun­gen. Es war das letz­te Frie­dens­jahr, Höhe­punkt der bis­her unüber­trof­fe­nen höchs­ten Blü­te­zeit der Stadt. Man bewun­der­te die Neu­bau­ten: die Stadt­spar­kas­se Ber­li­ner Stra­ße, das Kauf­haus “Zum Strauß“ am Demia­ni­platz, die zwei Real­gym­na­si­en in der Süd­stadt und das Kre­ma­to­ri­um auf dem Städ­ti­schen Fried­hof. Die Gar­ni­son, das Infan­te­rie-Regi­ment Nr. 19, beging das 100. Regi­ments­ju­bi­lä­um. In den Schau­fens­ter­aus­la­gen der Buch­hand­lun­gen, in den vier ört­li­chen Tages­zei­tun­gen, im Schul­un­ter­richt und in den Mili­tär-Tra­di­ti­ons­ver­bän­den rück­te ein The­ma in den Mit­tel­punkt — die Erin­ne­rung an die sieg­rei­chen Befrei­ungs­krie­ge 1813/1815, mit denen die napo­leo­ni­sche Fremd­herr­schaft über wei­te Tei­le Euro­pas ein Ende nahm. Rats­ar­chi­var Pro­fes­sor Dr. Richard Jecht ver­öf­fent­lich­te 1913 eine gut les­ba­re und fak­ten­rei­che Über­blicks­dar­stel­lung “Gör­litz in der Franzosenzeit1806/1815”. Die 2. Auf­la­ge (1934) ist noch heu­te im Besitz zahl­rei­cher Gör­lit­zer Fami­li­en. Er ver­ar­bei­te­te zeit­ge­nös­si­sche Tage­bü­cher und Brie­fe, amt­li­che Doku­men­te aus dem Rats­ar­chiv sowie Presseberichte.

Beson­ders auf­schluss­reich ist auch das Buch von Johann Maaß “Kriegs­drangsa­le von Gör­litz und der benach­bar­ten Städ­te und Dör­fer. Wan­de­run­gen über die ver­öde­ten Gefil­de Sach­sens und der Ober­lau­sitz“ (1815/1816) mit einer kurz nach Kriegs­en­de zusam­men­ge­tra­ge­nen Auf­stel­lung über Zer­stö­run­gen und Zar Alexander I.Ver­lus­te der ein­zel­nen Gemein­den, die in ihrer nüch­ter­nen Kon­kret­heit erschüt­tert. Danach hin­ter­ließ das Jahr 1813 in Gör­litz mit sei­nen etwa 9000 Ein­woh­nern und 1100 Häu­sern 158 eltern­lo­se Kin­der, 32 abge­brann­te und 212 zer­stör­te Häu­ser und 1798 Tote in den Mili­tär­la­za­ret­ten. Die Stadt hat­te in die­sem einen Jahr 201.303 kran­ke und ver­wun­de­te Sol­da­ten zu ver­pfle­gen und 552.950 Mann Ein­quar­tie­rung. In zwei Kriegs­jah­ren muss­te die Stadt fast 700.000 Taler Kriegs­kos­ten auf­brin­gen. Aus bei­den Büchern erfährt man viel über die Schick­sa­le der Bevöl­ke­rung zwi­schen dem Sieg der preu­ßi­schen Trup­pen an der Katz­bach und der Völ­ker­schlacht bei Leip­zig, über Durch­zü­ge und Sta­tio­nie­run­gen fran­zö­si­scher, preu­ßi­scher und rus­si­scher Trup­pen mit den damit ver­bun­de­nen Belas­tun­gen, Auf­ent­hal­te bekann­ter Per­sön­lich­kei­ten und die Stim­mung der Einwohner.

Berich­tet wird über Napo­le­on I. und sei­ne Heer­füh­rer, über Zar Alex­an­der I. und Preu­ßen­kö­nig Fried­rich Wil­helm III., über Napoleon I.Blü­cher, Yorck, Stein und Arndt. Auch städ­ti­sche Reprä­sen­tan­ten wie Bür­ger­meis­ter Sohr und zahl­rei­che Ört­lich­kei­ten in Stadt und Land kom­men vor. Danach ist nie wie­der eine ver­tie­fen­de wis­sen­schaft­li­che Dar­stel­lung zum The­ma Gör­litz 1813/1815 erschie­nen. Die Ver­öf­fent­li­chun­gen über die Krie­ge 1866, 1870/1871 sowie über die zwei Welt­krie­ge ver­dräng­ten die Ereig­nis­se der Befrei­ungs­krie­ge aus dem gemein­sa­men Gedächtnis.

Nur für poli­ti­sche Durch­hal­te­ap­pel­le 1918 und 1945 waren Per­sön­lich­kei­ten und Taten der legen­dä­ren Krie­ge gegen Napo­le­on noch ein­mal gefragt. Weit wich­ti­ger für die Zukunft der Stadt wur­den die diplo­ma­ti­schen Fol­gen der Befrei­ungs­krie­ge. Der Wie­ner Kon­greß bemüh­te sich um ein neu­es Kräf­te­gleich­ge­wicht in Euro­pa nach dem Sieg über Napo­le­on. Sach­sen als Preußenkönig Friedrich Wilhelm III.Ver­bün­de­ter des Fran­zo­sen­kai­sers wur­de durch den Ver­lust der Nie­der­lau­sitz und der öst­li­chen Ober­lau­sitz hart getrof­fen. Für Gör­litz als Mit­tel­punkt der preu­ßi­schen Ober­lau­sitz ver­band sich damit nach Anfangs­schwie­rig­kei­ten ein ein­drucks­vol­ler und nach­hal­ti­ger poli­ti­scher, wirt­schaft­li­cher und kul­tu­rel­ler Auf­stieg bis 1914, der wei­te­re 75 Jah­re trotz aller Erschüt­te­run­gen nach­wirk­te. Vor allem dadurch präg­ten sich die Befrei­ungs­krie­ge in das Selbst­ver­ständ­nis der Gör­lit­zer ein.

Noch heu­te sind im Stadt­bild die mate­ri­el­len und geis­ti­gen BlücherSpu­ren die­ses Wie­der­auf­stiegs preu­ßi­scher Prä­gung über­all sicht­bar, trotz der Rück­glie­de­rung an Sach­sen durch die Besat­zungs­macht 1945. Auch eini­ge Stra­ßen­na­men mit Bezug auf die Befrei­ungs­krie­ge (Fich­te­stra­ße, Arndt­stra­ße, Theo­dor-Kör­ner-Stra­ße, Sohr­stra­ße) und Gedenk­ta­feln am Ober­markt (Napo­le­on, Zar Alex­an­der L), an der Lan­gen­stra­ße (Arndt) und der Stein­stra­ße (Frei­herr vom Stein) sind für Ein­hei­mi­sche und Tou­ris­ten auf­schluss­rei­che Denkanstöße.

1945 ver­schwand der Name Har­den­berg­stra­ße von der Kreuz­kir­che. Ins­be­son­de­re in der Ost­stadt erin­ner­ten bis 1945 in Ludwig Graf Yorck von Wartenburgder Nähe der Kaser­nen Stra­ßen­na­men an preu­ßi­sche Mili­tärs aus der Zeit der Befrei­ungs­krie­ge: Cour­biè­re, Scharn­horst, Gnei­se­nau, Yorck, Blü­cher, Kleist, Clau­se­witz, Lüt­zow — in die­ser Fül­le wohl sel­ten in einer ande­ren Stadt. In sei­nem Buch “Mei­ne Wan­de­run­gen und Wan­de­lun­gen mit dem Reichs­frei­herrn Hein­rich Karl Fried­rich von Stein” erwähn­te Ernst Moritz Arndt auch sei­nen Auf­ent­halt in Gör­litz (3. Auf­la­ge 2005 bei der Weid­mann­schen Ver­lags­buch­hand­lung Hildesheim).

Von einem lan­gen Nach­hall der Befrei­ungs­krie­ge ist heu­te in Freiherr vom SteinGör­litz kaum noch etwas zu spü­ren, obwohl es ja unüber­seh­ba­re aktu­el­le Bezü­ge gäbe. Nur die Schreck­nis­se von 1945 brach­ten noch ein­mal das unmit­tel­ba­re Kriegs­er­leb­nis in die Stadt und die Land­schaft. Das wirk­te nach bis heu­te. 1913 erschien eine Gedenk­mün­ze des Deut­schen Rei­ches zur Erin­ne­rung an den Sieg über die Fremd­herr­schaft 100 Jah­re zuvor. Auch für 2013 bemüh­ten sich die Numis­ma­ti­ker um eine ähn­li­che Gedenk­prä­gung durch die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land, wohl auch ermu­tigt durch die gelun­ge­ne Gedenk­mün­ze zum 300. Geburts­tag Fried­richs des Gro­ßen 2012.

Von Regie­rungs­sei­te gab es kein Ent­ge­gen­kom­men. Man ver­wies auf das Bünd­nis mit dem west­li­chen EU-Part­ner und brach­te Ernst Moritz Arndtdaher ein ande­res Münz­mo­tiv her­aus. Dar­auf sind zwei Strich­männ­chen mit eini­ger Mühe erkenn­bar, bei denen es sich um de Gaul­le und Ade­nau­er han­deln soll, die sei­ner­zeit das his­to­ri­sche Nach­bar­schafts­ab­kom­men unter­zeich­ne­ten. In Gör­litz erschien kürz­lich beim “Regio Kul­tur-Ver­lag Gör­litz” das illus­trier­te Heft “Spu­ren­su­che — Napo­le­on I. in der Regi­on Gör­litz” von Micha­el Gür­lach. Dar­in sind zahl­rei­che Gedenk­stät­ten abge­bil­det, dar­un­ter auch der Find­ling mit der Jah­res­zahl 1813 im Stadt­park. Die Stein­ta­fel, die frü­her an der Fas­sa­de Ober­markt 29 zu sehen war, ist nach der Sanie­rung des Hau­ses in eine Ecke der Ein­gangs­hal­le ver­bannt; die ein­ge­tief­te Inschrift mit den Namen der pro­mi­nen­ten Gäs­te (Napo­le­on I., Alex­an­der I.) ist kaum noch les­bar, weil die Fär­bung ent­fernt wurde.

Die Frei­heits­kämp­fer von damals haben wahr­lich mehr ver­dient, auch in Gör­litz. Aber die über­re­gio­na­le Pres­se und ande­re Medi­en haben schon wie­der die gut hono­rier­ten Hin­ter­fra­ger und Auf­ar­bei­ter in Stel­lung gebracht. Sie sol­len den Deut­schen ein­schär­fen, die Krie­ge hät­ten gar kei­ne Frei­heit gebracht (im Gegen­satz zu den USA und Frank­reich, ver­steht sich), und der Auf­schwung der natio­na­len Bewe­gung für ein ein­heit­li­ches Deutsch­land habe schlim­me Fol­gen gehabt. Und schließ­lich sei­en Nati­on, Volk, Vater­land und Unab­hän­gig­keit gar nicht mehr zeit­ge­mäß. Den­noch wird im Herbst das restau­rier­te Völ­ker­schlacht­denk­mal in Leip­zig 100 Jah­re nach sei­ner Theodor KörnerEin­wei­hung wie­der eröff­net. In unse­rer Geschich­te behal­ten die Befrei­ungs­krie­ge 1813/1815 den­noch ihren unver­lier­ba­ren Platz als Bei­spie­le ehren­haf­ten patrio­ti­schen Han­delns und natio­na­len Selbst­be­wusst­seins. Die Zeit wird kom­men, dass man dies wie­der ver­steht und beher­zigt. Ich wünsch­te mir, dass wir, stell­ver­tre­tend für alle Frei­heits­kämp­fer von 1813, Theo­dor Kör­ner ehren — an sei­nem Gedenk­stein auf der Lan­des­kro­ne und an sei­nem 200. Todes­tag. Er fiel am 26. August 1813 als Kämp­fer des Lüt­zow­schen Frei­korps. Quel­le: Mit freund­li­cher Geneh­mi­gung des Stadt­BILD-Ver­la­ges Görlitz

Heute vor 105 Jahren

Am 9. Mai 1908 stürz­te das Dach der Gör­lit­zer Stadt­hal­le ein. Zur Erin­ne­rung an die­ses trau­ri­ge Ereig­nis hat die Monats­zeit­schrift Stadt­BILD hat in ihrer Aus­ga­be Nr.  59 vom Mai 2008 einen Auf­satz von Herrn Dr. Ernst Kretz­schmar veröffentlicht:

Sanft knirsch­te der fri­sche Kies unter den Schuh­soh­len der zwei Män­ner, die am 9. Mai 1908 mit eili­gen Schrit­ten zur stei­ner­nen Nei­ße­brü­cke unter­wegs waren. Sie woll­ten sich die neu­es­te ehe­ns­wür­dig­keit anschau­en — die Musik­hal­le, in der man bei Stadthalle Görlitzden letz­ten Aus­bau­ar­bei­ten war. Es hat­te viel Hin und Her um die neue Stadt­hal­le gege­ben. Die Gör­lit­zer hat­ten die­sen gräß­li­chen Zir­kus­schup­pen “Musik­stall” getauft. Er war längst zu ärm­lich für die Schle­si­schen Musik­fes­te gewor­den. Aber das neue Haus mit sei­nen zwei Sälen, sei­ner Gast­stät­te und sei­nem Kon­zert­gar­ten moch­te zu kost­spie­lig für Gör­lit­zer Ver­hält­nis­se sein. Erst 1906 hat­ten die Stadt­ver­ord­ne­ten die ver­an­schlag­ten 810.000 Mark geneh­migt. Eine Lot­te­rie erbrach­te 300.000 Mark, Spen­den gin­gen ein. Mitt­ler­wei­le wur­de alles teu­rer, man beschleu­nig­te das Bau­tem­po, und nun waren es nur noch Wochen bis zur Eröff­nung.
Es war  gera­de eine Vier­tel­stun­de nach drei als ein son­der­ba­res, kräf­ti­ges Rau­schen ertön­te. Sekun­den spä­ter folg­te ein don­nern­des Getö­se, als hät­te eben ein Blitz einen Park­baum getrof­fen. Ein gewal­ti­ger grau­brau­ner Staub­pilz wuchs aus dem Gebäu­de, ver­fins­ter­te den Him­mel und umhüll­te die Mau­ern. Mit Schrei­en des Ent­set­zens spran­gen Bau­ar­bei­ter aus Türen und Fens­tern zu ebe­ner Erde. Einer jag­te zum Feu­er­mel­der am Park und zog den Alarmhebel.

Nach weni­gen Minu­ten war die ers­te Feu­er­wehr da. Lang­sam senk­te sich die Staub­wol­ke. Fas­sungs­los sahen Spa­zier­gän­ger, dass der obe­re Teil der Umfas­sungs­mau­er fehl­te. Auch die Dach­fi­gu­ren waren verschwunden.

Um vier Uhr nach­mit­tags hat­te sich eine auf­ge­reg­te Men­schen­men­ge ange­sam­melt. Was war gesche­hen? Was tat sich dort unten in den Trüm­mern? Wei­te­re Feu­er­weh­ren rück­ten an — 40 Mann Frei­wil­li­ge Feu­er­wehr, 20 Mann Werk­feu­er-Wehr und 80 Arbei­ter aus der Wag­gon­fa­brik. Spä­ter kam noch eine Kom­pa­nie Pio­nie­re. Ret­tungs­wa­gen fuh­ren durch die schma­le Gas­se inmit­ten der Tau­sen­de, die Stun­de um Stun­de war­te­ten. Zei­tungs­re­por­ter tauch­ten auf, dann die Foto­gra­fen mit ihren Apparaten.

End­lich stieg ein Bau­füh­rer auf einen Feu­er­wehr­wa­gen und gab knapp Aus­kunft, was man bis jetzt wis­sen konn­te. Stu­cka­teu­re Stadthalle Görlitzhat­ten auf dem Hoch­ge­rüst an der Saal­de­cke gear­bei­tet, als plötz­lich das Dach des Mit­tel­baus ein­ge­stürzt war und die Gerüs­te hin­ab­ge­ris­sen hat­te. Die her­ab­stür­zen­de Dach­kon­struk­ti­on hat­te den Saal­bo­den ein­ge­drückt, die Trüm­mer füll­ten nun die Kel­ler. Logen und Rän­ge waren zer­stört,
die Außen­mau­ern ein­ge­ris­sen. Fünf Arbei­ter waren durch den Schutt erschla­gen oder erstickt, acht wei­te­re ver­letzt wor­den. Zum Glück waren eini­ge Beschäf­tig­te schon mit dem Nach­mit­tags­zug abge­fah­ren, um am Wochen­en­de bei ihren Fami­li­en zu sein, sonst hät­te die Kata­stro­phe mehr Men­schen­le­ben gefor­dert. Archi­tekt und Bau­lei­ter waren in Unter­su­chungs­haft, hieß es.

Der Abend wur­de trü­be und reg­ne­risch. Die Regen­strö­me eines Gewit­ters schlu­gen gegen die ein­sturz­ge­fähr­de­ten Wän­de. Zer­bors­te­ne Bal­ken, ver­bo­ge­ne Stahl­trä­ger und Stein­klum­pen ver­meng­ten sich zu einer gespens­ti­schen Kra­ter­land­schaft. Erst am Sonn­tag­abend wur­den die Ret­tungs­ar­bei­ten eingestellt.

Zei­tun­gen berich­te­ten vom Fort­gang der Unter­su­chun­gen, vom Pro­zess gegen die Ver­ant­wort­li­chen, der 60.000 Mark kos­te­te und mit Frei­spruch ende­te, und von der um zwei Jah­re ver­spä­te­ten glanz­vol­len Eröff­nung am 27. Okto­ber 1910.

Hat­ten die Stadt­vä­ter anfangs mit den Bau­kos­ten geknau­sert, waren nun am Ende 1.140.000 Mark zusam­men­ge­kom­men. Für die Bau­ar­bei­ter gab es ein Ban­kett im gro­ßen Saal. Beim Eröff­nungs­kon­zert aber blie­ben die hohen Herr­schaf­ten unter sich. Ver­stoh­len blick­te man­cher befrack­te Ehren­gast zur Saal­de­cke hoch. Dass sie jetzt stand­hielt, war mit Men­schen­op­fern erkauft. In der Zei­tung jedoch las man von kost­ba­ren Gar­de­ro­ben und von jubi­lie­ren­dem Chor­ge­sang.
Dr. Ernst Kretz­schmar
(Aus: Geschich­ten aus Alt-Gör­litz, 1983
)

Text und Bil­der mit freund­li­cher Geneh­mi­gung des Stadt­BILD-Ver­la­ges Görlitz

Die Geburtsstunde des Fernsehens

Einer der Fern­seh­pio­nie­re, Robert Lem­ke, bemerk­te ein­mal rück­bli­ckend: “Es wird immer ein Rät­sel blei­ben, wie jemand das Fern­se­hen erfin­den konn­te, obwohl es doch damals gar kein Pro­gramm gab.” 

Tja, ein ver­nünf­ti­ges Pro­gramm gibt es auch heu­te, Jahr­zehn­te spä­ter, nicht. Aber reich­lich öffent­lich-recht­li­che Fern­seh-Sen­de­an­stal­ten. Hier, beson­ders beim ZDF, tum­meln sich dann die soge­nann­ten alt­ge­dien­ten Poli­ti­ker aller Cou­leur. Wer sich für sei­ne Par­tei ver­dient gemacht hat, bekommt ein schö­nes Pöstchen.

In den ver­gan­ge­nen Tagen wur­de das ZDF 50 Jah­re und fei­er­te ZDFsich selbst, zum Bei­spiel in einer zwei­tei­li­gen Jubi­lä­ums­show mit May­brit Ill­ner. Es gab eine “Zeit­rei­se durch die Fern­seh­ge­schich­te“, und alle, die wie­der mal gese­hen wer­den woll­ten, kamen zum Gra­tu­lie­ren. Aber auch zum offi­zi­el­len Sen­de­be­ginn des ZDF, am 1. April 1963, konn­ten nur weni­ge Fern­seh­teil­neh­mer erreicht wer­den. Vie­le Men­schen besa­ßen gar kein Emp­fangs­ge­rät für den UHF-Frequenzbereich.

Luftschutzbunker in HamburgDer dama­li­ge NWDR star­te­te das Deut­sche Fern­se­hen (heu­te “Das Ers­te”) am 25. Dezem­ber 1952 in den Luft­schutz­bun­kern auf dem Hei­li­gen­geist­feld in Ham­burg. In der DDR began­nen die ers­ten  Sen­de- und Emp­fangs­ver­su­che am 20. Dezem­ber 1951. Dann ver­gin­gen mehr als 10 Jah­re bis zum Sen­de­be­ginn des ZDF.

Mit der tat­säch­li­chen Geburts­stun­de des Fern­se­hens, die bereits 80 Jah­re zurück­liegt, hat sich Wolf­hard Bes­ser mit sei­nem Auf­satz “Wie das Fern­seh­zeit­al­ter Ost in Gör­litz begann” beschäf­tigt. Der Auf­satz wur­de in der Aus­ga­be Nr. 76 vom Okto­ber 2009 der Monats­zeit­schrift Stadt­BILD veröffentlicht:

Rela­tiv kur­ze Zeit nach der offi­zi­el­len Ein­füh­rung des Rund­funks in Deutsch­land 1923 gelang es Man­fred von Arden­ne, mit der Ent­wick­lung der Braun­schen Röh­re 1930 ers­te Bil­der dar­zu­stel­len und zu über­tra­gen. Im Früh­jahr 1934 begann der Pro­be­be­trieb des ers­ten öffent­li­chen Fern­seh­sen­ders, der in Ber­lin-Witz­le­ben stand, durch Bild­ab­tas­tung mit­tels Nip­kow-Schei­be. Die Ent­wick­lung des Fern­se­hens in Deutsch­land schritt soweit vor­an, dass zu den Olym­pi­schen Spie­len 1936 Direkt­über­tra­gun­gen von den Sport-Wett­kämp­fen in eigens dazu ein­ge­rich­te­ten Fern­seh­stu­ben in Ber­lin mög­lich wur­den. Zu wei­ter ent­fernt lie­gen­den Gegen­den reich­te die Aus­strah­lung des Pro­gramms nicht. Es muss­ten noch über 20 Jah­re ins Land gehen, bis auch in Gör­litz Fern­se­hen emp­fan­gen wer­den konnte.

Die tech­ni­sche Ent­wick­lung des Fern­se­hens mach­te wei­te­re Fort­schrit­te, so dass schon 1938 auf der Funk­aus­stel­lung in Ber­lin eine ver­bes­ser­te Über­tra­gungs­tech­nik vor­ge­stellt wer­den konn­te. Der 2. Welt­krieg unter­brach die Ent­wick­lung, die erst wie­der Ende der 40er, Anfang der 50er Jah­re auf­ge­nom­men wer­den konn­te — in Ost- wie in Westdeutschland.

1950 bereits begann der Nord­west­deut­sche Rund­funk (NWDR) in Ham­burg mit Fern­seh­ver­suchs­sen­dun­gen, um dann ab dem 25. Dezem­ber 1952 ein stän­di­ges Pro­gramm ein­zu­füh­ren. Auch in Ost­ber­lin waren die Tech­ni­ker und Wis­sen­schaft­ler soweit vor­an­ge­kom­men, dass sie ein Ver­suchs­pro­gramm star­ten konnten.

Das in Ber­lin-Adler­hof gegrün­de­te und seit 1950 im Auf­bau befind­li­che Fern­seh­zen­trum nahm am 21. Dezem­ber 1952 sein Ver­suchs­pro­gramm auf, vor­erst wie­der nur in Ber­lin zu emp­fan­gen, abge­strahlt zunächst vom Stadt­haus am Mol­ken­markt, spä­ter dann auch von den Müggelbergen.

Aus einem beschei­de­nen Stu­dio in Adlers­hof sen­de­te das “Fern­seh­zen­trum Ber­lin” mehr­mals wöchent­lich ein zwei­stün­di­ges Pro­gramm, an das man noch kei­ne hohen Ansprü­che stel­len konn­te, 13 Stun­den in der Woche. Es fehl­ten ein­schlä­gi­ge Erfah­run­gen und tech­ni­sche Vor­aus­set­zun­gen. Das Are­al des Fern­seh­zen­trums wur­de zügig aus­ge­baut; wei­te­re Fern­seh­sen­der kamen dazu, erst in Leip­zig, dann folg­te Dres­den. Das Ver­suchs­pro­gramm gestal­te­te sich inzwi­schen auch abwechs­lungs­rei­cher und weck­te somit Inter­es­se, obwohl Fern­seh­ge­rä­te fast nicht erschwing­lich waren.

Pfiffi­ge Gör­lit­zer Rund­funk­tech­ni­ker mach­ten sich Gedan­ken, wie man auch in der Nei­ße­stadt das Pro­gramm aus Adlers­hof emp­fan­gen könn­te. Auf­grund der Aus­brei­tungs­wei­se von Fern­seh­si­gna­len ist es nur mög­lich, sie von einem star­ken Sen­der aus in einem Umkreis von etwa 100 km mit­tels einer auf­wän­dig instal­lier­ten Anten­ne ein­zu­fan­gen. Theo­re­tisch hät­te die Abstrah­lung der Signa­le von Dres­den bis Gör­litz rei­chen müs­sen. Aber das Ober­lau­sit­zer Berg­land und die im Nei­ße­tal lie­gen­de Stadt sind Hin­der­nis­se in der Aus­brei­tung der Fernsehwellen.

Da ist nur die Lan­des­kro­ne ein hoher Punkt, wo noch Fern­seh­emp­fang mög­lich wäre, sag­ten sich Gör­lit­zer Enthu­si­as­ten 1955/56. So began­nen u. a. zwei Betriebs­funk­tech­ni­ker aus dem VEB Gör­lit­zer Maschi­nen­bau und dem VEB Beklei­dungs­werk Gör­litz mit dem Expe­ri­ment. Und sie­he, auf dem Gör­lit­zer Haus­berg konn­te man die Signa­le aus Dres­den emp­fan­gen. Die Gast­stät­ten­lei­tung der Lan­des­kro­ne konn­te wohl über­zeugt wer­den, ein Fern­seh­ge­rät anzu­schaf­fen; ver­mut­lich wit­ter­te sie einen höhe­ren Umsatz an Geträn­ken und Speisen.

Seit Jah­res­an­fang 1956 war das Fern­se­hen aus Adlers­hof kein Ver­suchs­pro­gramm mehr. Es nann­te sich von nun an Deut­scher Fern­seh­funk (DFF). Zu die­sem Zeit­punkt regis­trier­te die Deut­sche DFFPost 13 000 Emp­fangs­ge­rä­te in der gesam­ten DDR. Da es sich in Gör­litz her­um­ge­spro­chen hat­te, dass auf der Lan­des­kro­ne Fern­se­hen mög­lich war, pil­ger­ten vie­le Gör­lit­zer bei beson­de­ren Ange­bo­ten am zei­ti­gen Abend auf den Haus­berg. Das Gerät stand dann am Kopf­en­de der gro­ßen Gast­stät­ten-Veran­da, die heu­te nur noch zu beson­de­ren Anläs­sen genutzt wird.

Sehr voll wur­de der Gast­raum bei der neu ein­ge­führ­ten Unter­hal­tungs­sen­dung “Da lacht der Bär“. Sie kam in der Regel vier­wö­chent­lich meist mitt­wochs aus dem alten Fried­rich­stadt-Palast. Da saßen nun eini­ge zehn Dut­zend Gäs­te in eigens auf­ge­stell­ten Stuhl­rei­hen und ver­folg­ten das schwarz-wei­ße Gesche­hen auf dem klei­nen Bild­schirm, soweit das über­haupt gelang. Für die hin­ters­ten Rei­hen stell­te die Fern­seh­über­tra­gung oft nur einen gemein­schaft­li­chen Rund­funk­emp­fang dar. An ande­ren Tagen, wenn Adlers­hof kei­ne so publi­kums­wirk­sa­men Pro­gram­me sen­de­te, stand das Emp­fangs­ge­rät im Turmzimmer.

In die­ser Zeit wur­de das DDR-Ter­ri­to­ri­um immer mehr fern­seh­mä­ßig erschlos­sen, so dass fast im gan­zen Land das Pro­gramm des DFF gese­hen wer­den konn­te. Aber es gab auch Gebie­te, die auf­grund der geo­gra­fi­schen Lage schlecht zu ver­sor­gen waren, wie das Gör­lit­zer Nei­ße­tal. Des­halb such­te das zustän­di­ge Res­sort “Rund­funk und Fern­se­hen im DDR-Minis­te­ri­um für Post und Fern­mel­de­we­sen“ einen Aus­weg. Der lag zunächst in der Erpro­bung eines Klein­sen­ders. Die Wahl fiel auf die Lan­des­kro­ne. Also errich­te­ten Funk­tech­ni­ker dort im Lau­fe des Jah­res 1956 einen Klein­sen­der für Ver­suchs­zwe­cke. Wäh­rend nor­ma­le Fern­seh­sen­der eine Leis­tung von min­des­tens 1 kW haben, ver­füg­te der Ver­suchs­sen­der auf der Lan­des­kro­ne nur über 200 Watt. Dazu muss­te der gro­ße Aus­sichts­turm der Lan­des­kro­ne als Fern­seh­sen­der­stand­ort aus­ge­rüs­tet wer­den. Außer die­sem Klein­sen­der wur­de noch ein UKW-Sen­der instal­liert, der bereits am 24.12.1956 sei­nen Pro­be­be­trieb auf­nahm und schon ab 1.1.1957 auf der Fre­quenz 95,2 MHz das Pro­gramm von Radio DDR aus­strah­len konnte.

Auch dies war eine funk­tech­ni­sche Neue­rung, denn zu die­ser Zeit begann der DDR-Rund­funk sein UKW-Sen­der­netz aus­zu­bau­en. UKW Gör­litz war erst der fünf­te Sen­der die­ser Art von Radio DDR. In der Gör­lit­zer Regi­on konn­te man bis zu die­sem Zeit­punkt nur den schwa­chen Mit­tel­wel­len­sen­der Rei­chen­bach mit sei­nem abge­strahl­ten Pro­gramm des Ber­li­ner Rund­funks eini­ger­ma­ßen gut zu emp­fan­gen, das ja nicht gera­de für den Gör­lit­zer Raum gedacht war, aber das sor­bi­sche Sied­lungs­ge­biet aus dem dama­li­gen Sor­bi­schen Stu­dio Gör­litz (Hein­zel­stra­ße 4) mit Sen­dun­gen in sor­bi­scher Spra­che versorgte.

Am 15. Sep­tem­ber 1957 war es dann soweit: Von der Lan­des­kro­ne aus wur­den die ers­ten Fern­seh­si­gna­le aus­ge­strahlt. Die Gör­lit­zer konn­ten von nun an fern­se­hen, sofern ein Fern­seh­ge­rät für den Ein­zel­nen erschwing­lich war. Auch der Autor die­ser Erin­ne­run­gen ließ sich von die­sem neu­en Medi­um begeis­tern und bestell­te im HO-Rund­funk-Fach­ge­schäft in der Ber­li­ner Stra­ße ein Gerät mit Ein­tra­gung in eine War­te­lis­te. Es soll­te ein Appa­rat der Mar­ke “Radu­ga” mit 33er Bild­röh­re sein. Heu­te kaum vor­stell­bar, wie klein der Bild­schirm gewe­sen wäre, wenn es nicht eines Tages das Ange­bot gab, auf den neu­en Typ “Nord­licht“ mit 43er Bild­röh­re aus dem Fern­seh­ge­rä­te­werk Calbe/Saale aus­zu­wei­chen für 1.800 Mark; auf Abzah­lung bei 280 DDR-Mark Monats­ver­dienst! Zwölf Kanä­le besaß der Fern­se­her, aber nur einer davon war für den Klein­sen­der Lan­des­kro­ne bestimmt. Alle ande­ren blie­ben zunächst unbe­nutzt. Zwar konn­te man spä­ter auch das pol­ni­sche und tsche­chi­sche Fern­se­hen emp­fan­gen, aber ohne Ton, denn die ost­eu­ro­päi­schen Län­der hat­ten ein ande­res Über­tra­gungs­sys­tem gewählt, so dass nur der Bild­emp­fang mög­lich war. Trotz­dem schau­te man mal in das ton­lo­se Pro­gramm hin­ein. Sonn­tag­nach­mit­tags sen­de­te z.B. Tele­wiz­ja Pol­ska eine eng­li­sche Aben­teu­er­se­rie über Robin Hood. Man sah eben mal etwas ande­re beweg­te Bil­der. Wolf­hard Besser

Quel­len: Pro­gramm­zeit­schrif­ten “Unser Rund­funk“ (1957/58) und ”FF-dabei“ (1974) Deut­sches Rund­funk­ar­chiv Pots­dam, Bun­des­ar­chiv und privat

 

 

Konfirmation im Wandel der Zeit

Die­se Wochen sind geprägt vom Jubel über die Auf­er­ste­hung Jesu von den Toten. Die Bibel erzählt, dass Jesus sei­nen Jün­gern da beson­ders nahe war, bis er sich zu Him­mel­fahrt von ihnen ver­ab­schie­de­te. Nach alter Tra­di­ti­on wer­den in die­sen Wochen auch die Kon­fir­man­den eingesegnet. 

In die­sem Früh­jahr sind seit mei­ner (rechts im Bild) Kon­fir­ma­ti­on mitt­ler­wei­le fünf­zig Jah­re ver­gan­gen. Wie doch die Zeit ver­geht! Und wie sich die Kon­fir­ma­ti­ons­mo­de geän­dert hat!Konfirmation Mei­ne Eltern haben mei­nen Anzug “etwas grö­ßer gekauft, damit ich ihn noch lan­ge tra­gen kann.” Ja, so war das damals Anfang der sech­zi­ger Jah­re. Ein Anzug kos­te­te viel Geld, etwa 150 DM muss­ten mei­ne Eltern dafür hin­blät­tern. Das erscheint heu­te nicht viel, aber 1963 war das mehr als ein Wochen­lohn. Damals wie wohl auch heu­te war die Kon­fir­ma­ti­on ein gro­ßes Fami­li­en­fest. Onkel, Tan­ten, Groß­el­tern und Freun­de wur­den ein­ge­la­den. Von über­all tru­del­ten Glück­wunsch­kar­ten ein. Jetzt gehör­ten wir zur Welt der Erwach­se­nen. Und konn­ten es gar nicht ver­ste­hen, wenn wir doch wei­ter­hin “bevor­mun­det” wurden. 

Aber nicht nur die Klei­der­mo­de ist dem Wan­del der Zeit unter­wor­fen. Auch die Kon­fir­ma­ti­ons­ri­tua­le haben sich immer wie­der mal ver­än­dert – wenn auch nicht mit der glei­chen Geschwin­dig­keit wie die Mode. Pfar­rer Lud­wig Ammer vom Ver­ein der Freun­de und För­de­rer des Gym­na­si­ums Augus­tum Gör­litz erzählt in der Aus­ga­be Nr. 83 der Monats­zeit­schrift Stadt­BILD vom Mai 2010, wie der Kon­fir­ma­ti­ons­un­ter­richt vor 250 Jah­ren in Gör­litz statt­ge­fun­den hat: 

Die Anfän­ge der Geschich­te der Kon­fir­ma­ti­on in Gör­litz lie­gen noch weit­hin im Dun­keln. Kon­fir­man­den­re­gis­ter wer­den für Gör­litz erst seit dem Jahr 1833 geführt, jedoch sind die ältes­ten Jahr­gän­ge lei­der ver­lo­ren gegan­gen. Inter­es­san­ter­wei­se aber fin­den sich sowohl in den Lebens­auf­zeich­nun­gen des Gym­na­si­al- Ober­leh­rers Johann August Rös­ler (1778–1862) als auch in den “Mate­ria­li­en zu einer Geschich­te des Gör­lit­zer Gym­na­si­ums im 19ten Jahr­hun­der­te“ des lang­jäh­ri­gen Rek­tors Karl Gott­lieb Anton (1778–1861) auf­schluss­rei­che Infor­ma­tio­nen zu die­sem The­ma. Danach haben in Gör­litz erst seit 1764 die von den Pfar­rern vor­be­rei­te­ten Katechu­me­nen öffent­lich die Kon­fir­ma­ti­on erhalten. 

Für die Schü­ler des Gym­na­si­um Augus­tum aber blieb es bei der alten Rege­lung, dass die Schul­leh­rer den Vor­be­rei­tungs­un­ter­richt erteil­ten. Nach Been­di­gung der letz­ten Stun­de in der Woche vor Ostern rich­te­ten sie eine kur­ze Ermah­nung an ihre Schü­ler, erklär­ten für reif zum Abend­mahl­s­emp­fang und seg­ne­ten sie mit guten Wün­schen in den Schul­räu­men ohne Anwe­sen­heit der Eltern ein. AugustumAls Ober­leh­rer Rös­ler, Sohn einer herrn­hu­t­i­schen Fami­lie in Gör­litz – “ein Schul­meis­ter vom Schei­tel bis zur Zehe”, wie es heißt — 1809 an das Gör­lit­zer Gym­na­si­um kam und Klas­sen­lei­ter der Quar­ta wur­de, gab er schon im nächs­ten Jahr der Kon­fir­ma­ti­on einen fei­er­li­che­ren Cha­rak­ter. Von nun an wur­den die ver­ant­wort­li­chen Ver­tre­ter der Stadt, Kol­le­gen, aber auch die Väter und Müt­ter der Kon­fir­man­den, spä­ter alle, die es wünsch­ten, am Palm­sonn­tag zur Kon­fir­ma­ti­ons­fei­er in den gro­ßen Schul­saal ein­ge­la­den. Nach­dem Rös­ler 1811 eine klei­ne Orgel ange­schafft hat­te, zogen, von ihrem Leh­rer ange­führt, die Kon­fir­man­den unter Orgel­mu­sik in den über­füll­ten Saal ein, der für die­se Fei­er beson­ders fest­lich aus­ge­stal­tet wor­den war. Rös­ler berich­tet, dass der berühm­te Orga­nist Schnei­der und der Musik­di­rek­tor Blü­her mehr­mals die Wech­sel­ge­sän­ge mit ihrem schö­nen Orgel­spiel begleiteten. 

Beson­ders ein­drück­lich, oft für ein gan­zes Leben, waren nach der Rede die für jeden Kon­fir­man­den sorg­fäl­tig aus­ge­wähl­ten Bibel­sprü­che, denen der Leh­rer jeweils noch ein paar per­sön­lich gehal­te­ne Wor­te hin­zu­füg­te. Als Klas­sen­leh­rer, der in sei­ner Klas­se mehr als die Hälf­te der Stun­den, auch die Reli­gi­ons­stun­den zu Beginn des Tages, selbst unter­rich­te­te, kann­te er ja die häus­li­chen Ver­hält­nis­se eines jeden Schü­lers und sei­ne bis­he­ri­ge Füh­rung beson­ders gut. Mit Recht schreibt Ober­leh­rer Rös­ler: “Sol­che Kon­fir­ma­ti­ons­ak­te kön­nen auch nur von Leh­rern ein­drück­lich gehal­ten wer­den, die jah­re­lang täg­lich die zu kon­fir­mie­ren­den jun­gen See­len väter­lich behüten”.

Hat­te anfangs der Pfar­rer, wenn er anwe­send war, die Fei­er nur mit Ermah­nung und Gebet beschlos­sen, kommt es ab 1821 zuDr. Johann Rösler einer regie­rungs­amt­lich befoh­le­nen Neu­re­ge­lung: Wohl soll­te der Vor­be­rei­tungs­un­ter­richt wei­ter­hin von den Gym­na­si­al­leh­rern gehal­ten wer­den, die Kon­fir­ma­ti­on selbst aber sei am Palm­sonn­tag nach­mit­tags öffent­lich in der Drei­fal­tig­keits­kir­che nach vor­her­ge­gan­ge­ner Prü­fung von einem Geist­li­chen zu voll­zie­hen. Wie bis­her gin­gen die in der Regel 14jährigen Kon­fir­mier­ten am fol­gen­den Diens­tag in der Drei­fal­tig­keits­kir­che zur Beicht­an­dacht und am Mitt­woch der Kar­wo­che das ers­te Mal zum Abend­mahl. Die vom staat­li­chen Kir­chen­re­gi­ment ange­ord­ne­te Neu­re­ge­lung aber hat die Kon­fir­ma­ti­on damit aus dem Lebens­zu­sam­men­hang der Schü­ler in der Schu­le her­aus­ge­löst und zu einer Amts­hand­lung der Kir­che gemacht.

Allen dies­jäh­ri­gen Kon­fir­man­den wün­sche ich Got­tes Segen:
Chris­tus spricht: Ich bin der gute Hir­te. Mei­ne Scha­fe hören mei­ne Stim­me, und ich ken­ne sie, und sie fol­gen mir, und ich gebe ihnen das ewi­ge Leben. (aus Johan­nes 10).

Ehemalige Görlitzer Tuchfabrik Krause und Söhne

Die Monats­zeit­schrift Stadt­BILD hat in ihrer Aus­ga­be Nr.  87 vom Sep­tem­ber 2010 einen Auf­satz von Herrn Wolf­gang Stil­ler über die ehe­ma­li­ge Gör­lit­zer Tuch­fa­brik Krau­se & Söh­ne veröffentlicht. 

Die im Jah­re 1863 und 1864 gebrach­ten gewal­ti­gen Umwäl­zun­gen erfor­der­ten auch den Umbau der Pul­ver­müh­le. Es Görlitzer Tuchfabrik Krause & Söhneent­stand am Grü­nen Gra­ben ein gro­ßes Weber­ei­ge­bäu­de mit Erd­ge­schoss, 3 Stock­wer­ken und einem turm­ar­ti­gen Trep­pen­haus. Die bis­he­ri­gen Kraft­quel­len genüg­ten nun bei wei­tem nicht mehr. Es wur­de ein Dampf­kes­sel auf 6 Atmo­sphä­ren Über­druck ange­schafft, der für Stein­koh­len-Feue­rung auf Plan­rost ein­ge­rich­tet war und bei dem als moderns­te Errun­gen­schaft eine mög­lichst voll­stän­di­ge Rauch­ver­bren­nung berück­sich­tigt war. Der Erbau­er war der Gör­lit­zer Mecha­ni­ker Con­rad Schiedt. (Hin­zu kam auch 1863 eine neue Dampf­ma­schi­ne). So war dann die Fabrik mit allen Neue­run­gen der Zeit ausgerüstet.

Die Fol­ge­zeit ent­sprach nicht den Hoff­nun­gen, die man sich mit der Moder­ni­sie­rung des Betrie­bes gemacht hat­te. DieGörlitzer Tuchfabrik Kriegs­jah­re 1864, 1866 und 1870/71 brach­ten der Fir­ma schwe­re Sor­gen. Zahl­rei­che Ange­stell­te und Arbei­ter wur­den zu den Fah­nen geru­fen, und wich­ti­ge Absatz­ge­bie­te waren ver­sperrt. Beson­ders schwer traf in die­ser Zeit auch der Tod des letz­ten Mit­be­grün­ders der Fir­ma Carl Fried­rich Krau­se am 7. August 1866. Am 17. Febru­ar 1872 ver­starb im bes­ten Man­nes­al­ter sein Sohn Emil Krau­se. Da Edmund Krau­se dau­ernd krank war und sich dem Geschäft nicht so wid­men konn­te, wie es der Umfang des­sel­ben erfor­der­te, wur­de zu Beginn des Jah­res 1872 Herr Okar Meiß­ner beru­fen, in die Füh­rung der Tuch­fa­brik ein­zu­tre­ten. Ein­mal ver­ban­den ihn nahe ver­wandt­schaft­li­che Bezie­hun­gen zur Fami­lie Krau­se, und dann aber ließ ihn sei­ne fach­li­che Vor­bil­dung bei Jer. Sig. Foers­ter in Grün­berg beson­ders geeig­net erschei­nen, in die Bre­sche zu tre­ten, die der Tod und Krank­heit in die Lei­tung des Unter­neh­mens geris­sen hatten.

Mit Beginn der Blü­te­zeit des neu gegrün­de­ten deut­schen Kai­ser­reichs begann auch in der Fir­ma Krau­se & Söh­ne neu­es Leben. Durch ziel­be­wuss­te, rast­lo­se Arbeit führ­te Herr Meiß­ner das Unter­neh­men zu neu­er Blüte.

Nach­dem im Dezem­ber des Jah­res 1876 auch Otto Krau­se, der Görlitzer Tuchfabrikjün­ge­re Sohn des Mit­be­grün­ders Carl Fried­rich Krau­se, gestor­ben war, gewann Herr Meiß­ner als kauf­män­ni­scher Mit­ar­bei­ter am 1.4.1877 Herrn Rudolf Scheu­ner. Nach­dem die­ser anfäng­lich als Pro­ku­rist tätig war, wur­de er bald als Teil­ha­ber in das Geschäft auf­ge­nom­men. Herr Scheu­ner, der sich als außer­or­dent­lich begab­ter und tüch­ti­ger Geschäfts­mann erwies, wid­me­te 20 Jah­re hin­durch der Fir­ma sei­ne gan­ze Arbeits­kraft. Gera­de er war es, der es ver­stand, sowohl auf dem inlän­di­schen als auch auf dem sich erschlie­ßen­den aus­län­di­schen Absatz­ge­biet die Fein­tu­che Krau­se und Söh­ne immer mehr ein­zu­füh­ren. Frank­reich, Spa­ni­en, Skan­di­na­vi­en und bald auch Ame­ri­ka zähl­ten zu den bes­ten Abneh­mern. In die­sen Jah­ren glück­li­chen und erfolg­rei­chen Zusam­men­wir­kens erwie­sen sich die bestehen­den Ein­rich­tun­gen bald als unzulänglich.

Eine Erwei­te­rung der maschi­nel­len Anla­ge und damit auch der Fabrik­ge­bäu­de wur­den unum­gäng­lich not­wen­dig. Hier­mitGörlitzer Tuchfabrik ver­bun­den war natür­lich auch die Ver­grö­ße­rung der für jede Tuch­fa­brik beson­ders wich­ti­gen Was­ser­ver­sor­gung. In den Jah­ren 1885 bis 1892 führ­te mit weit­schau­en­dem Blick die­se erfor­der­li­chen Arbei­ten Herr Meiß­ner durch. Beson­ders beach­tens­wert ist dabei die Was­ser­ver­sor­gung. Teil­wei­se wur­de das Was­ser aus der Nei­ße ent­nom­men, teil­wei­se aber einem Brun­nen, der in der Nähe des Kran­ken­hau­ses an der Ber­li­ner Bahn­stre­cke ange­legt wur­de und des­sen Was­ser in ein gro­ßes Reser­voir gelei­tet wur­de, das gegen­über dem Fabrik­ge­bäu­de auf der ande­ren Sei­te des Grü­nen Gra­bens errich­tet wor­den war.

Als Herr Scheu­ner am 1.4.1897 wegen schwe­rer Krank­heit sei­ne Mit­ar­beit auf­ge­ben muss­te, wur­de Herr Rudolf Krau­se, der Sohn Emil Krau­ses, der bereits seit Novem­ber 1894 in der Fir­ma tätig war, zur füh­ren­den Mit­ar­beit beru­fen. Die­ser brach­te eine gründ­li­che tech­ni­sche und kauf­män­ni­sche Aus­bil­dung für sei­ne Stel­lung mit.

Im März 1899 nahm das Unter­neh­men die Form einer Gesell­schaft mit beschränk­ter Haf­tung (GmbH) an, als deren Geschäfts­füh­rer Kom­mer­zi­en­rat Oskar Meiß­ner und Herr Rudolf Krau­se zeich­ne­ten. Der jün­ge­re Bru­der des letz­te­ren, Herr Richard Krau­se, hat­te sich eben­falls dem Tuch­ma­cher­be­ruf gewid­met und eine lang­jäh­ri­ge Fach­aus­bil­dung genos­sen. Die­ser wur­de zur Pro­ku­ra-Zeich­nung betraut und rück­te im Sep­tem­ber des Jah­res 1912 zum Geschäfts­füh­rer auf.

Im Jah­re 1913 konn­ten 400.000 Stück Tuch her­ge­stellt wer­den, was einer Län­ge von etwa 2O Mil­lio­nen Meter ent­spricht. Der begin­nen­de 1. Welt­krieg fand die Fir­ma auf einer ange­se­he­nen Höhe, und ihre Fach­kräf­te hat­ten im In- und Aus­land einen guten Klang und erfreu­ten sich einer guten Nachfrage.

Der Krieg, die Revo­lu­ti­on und die fol­gen- den Infla­ti­ons­jah­re gin­gen nicht spur­los an der Fir­ma Krau­se & Söh­ne vor­über. Wie in jedem Unter­neh­men mach­ten sich auch hier die unheil­vol­len Aus­wir­kun­gen der Jah­re 1914 bis 1923 bemerk­bar. Den­noch aber begann dann die Fir­ma, wenn auch noch gehemmt durch die wirt­schaft­li­chen und poli­ti­schen Schwie­rig­kei­ten der Nach­kriegs­zeit, sich von neu­em zu ent­wi­ckeln. Obgleich der bejahr­te Seni­or­chef, Gehei­mer Kom­mer­zi­en­rat Oskar Meiß­ner, sich von der akti­ven Füh­rung der Geschäf­te zurück­zie­hen muss­te, bleibt er noch bis in die jüngs­te Zeit der treue Rat­ge­ber der bei­den ande­ren Geschäfts­füh­rer Rudolf und Richard Krause.

1931 wer­den von dem Unter­neh­men etwa 250 Arbei­ter und etwa 30 kauf­män­ni­sche und tech­ni­sche Ange­stell­te beschäf­tigt. Die Art der Erzeu­gung ent­spricht der der Ober­lau­sit­zer über­haupt, d. h. es wer­den fei­ne Her­ren­tu­che für Gesell­schafts- und Stra­ßen­be­klei­dung ange­fer­tigt. Das Absatz­ge­biet ist in der Haupt­sa­che Deutsch­land, indes wird auch die Aus­fuhr nach allen Län­dern der Welt, in denen Deutsch­land nach den han­dels­po­li­ti­schen Ver­hält­nis­sen über­haupt Ein­gang zu fin­den ver­mag, gepflegt.

Sei­ner alten Tra­di­ti­on getreu wird das Unter­neh­men auch in den künf­ti­gen Jah­ren zur Grund­la­ge sei­ner Ent­wick­lung den Gedan­ken machen, der die Grün­der vor einem Jahr­hun­dert lei­te­te. Ehr­ba­ren Bür­ger­sinn zu ver­bin­den mit uner­müd­li­chem rast­lo­sem Fortschritt.

Aus der Fir­ma Krau­se & Söh­ne ist die Ober­lau­sit­zer Voll­tuch­fa­brik mit ihren dann 6 Wer­ken her­vor­ge­gan­gen, die die­se bewähr­te Tuch­ma­cher-Tra­di­ti­on bis zu ihrer Abwick­lung mit der Wen­de ab dem Jah­re 1989 fort­ge­schrie­ben hat. Auch ihre Pro­duk­te waren als Export­ar­ti­kel aner­kannt und begehrt.

Wolf­gang Stiller

Die Fotos zei­gen die ehe­ma­li­ge Teich­müh­le, Rothen­bur­ger Stra­ße (Teil­an­sich­ten). In die­sem Objekt wur­de im Jah­re 1837 die ers­te Gör­lit­zer Dampf­ma­schi­ne mit 10 PS in der Fir­ma Gebrü­der Berg­mann und Krau­se instal­liert. Herr Wolf­gang Stil­ler wür­de sich freu­en, wenn ihm jemand (leih­wei­se) wei­te­re Fotos oder ande­re Doku­men­te über die Tuch­fa­brik zur Ver­fü­gung stel­len kann.
Anmer­kung zur Teich­müh­le:
bis 1956 befand sich ın der Teich­müh­le die Spin­ne­rei der Ober­lau­sit­zer Voll­tuch­fa­brık. 1956 gab es einen Tausch. Die Ober­lau­sit­zer Voll­tuch erwarb das Grund­stück auf der Ufer­stra­ße als Werk IV (Mas­sa­ge­län­de), und der dor­ti­ge Holz­ver­ar­bei­tungs­be­trieb zog in die Teich­müh­le Rothen­bur­ger Straße/Ecke Niko­lai­gra­ben. Bis zur poli­ti­schen Wen­de befand sich in die­sem Objekt eine Möbel­fa­brik.
Quel­len:
Aus dem Nach­lass eines ehe­ma­li­gen Web­meis­ters der Ober­lau­sit­zer Voll­tuch Gör­litz, der um 1935/36 bei Krau­se und Söh­ne gelernt hat.
Sie­he auch R. Jecht: Topo­gra­phie der Stadt Gör­litz | Pul­ver­müh­le Sei­ten 726 — 727 l Teich­müh­le Sei­ten 725 – 726 | Tages­zei­tun­gen von 1931
Mit freund­li­cher Geneh­mi­gung des Stadt­BILD-Ver­la­ges Görlitz

Über den mitt­ler­wei­le erfolg­ten Abriss der Tuch­fa­brik berich­te­te die “Säch­si­sche Zei­tung” am 19.2.2013 und am 4.4.2013.

Alte Tuchfabrik verschwindet

Alte Tuchfabrik verschwindet

Der Görlitzer Kreuzweg zur Nachfolge am Karfreitag

Die Monats­zeit­schrift Stadt­BILD hat in ihrer Aus­ga­be Nr.  93 vom April 2011 einen Auf­satz von Dr. Hans-Wil­helm Pietz über den Gör­lit­zer Kreuz­weg veröffentlicht. 

Bit­te gehen Sie den Weg mit uns in Stil­le.” So heißt es auf dem Blatt mit Lie­dern, Gebe­ten und Hin­wei­sen für den Gör­lit­zer “Kreuz­weg zur Nach­fol­ge am Kar­frei­tag”. Und wenn dann im Schein der Früh­lings­son­ne oder auch unter Schnee­fall oder Regen meh­re­re hun­dert Erwach­se­ne und Kin­der von der Peters­kir­che zum Hei­li­gen Grab zie­hen, kehrt eine ganz eige­ne Samm­lung und Stil­le ein in die Lebens­ge­schich­ten der Teil­neh­men­den und auf den Weg, der sonst von dem so man­nig­fa­chen Erzäh­len, Stöh­nen und Stau­nen des All­tags geprägt ist. Die Erin­ne­rung an das Lei­den und Ster­ben Jesu, die auf dem Kreuz­weg mit Bibel­le­sun­gen und Gebe­ten laut wird, nimmt mit. Ja, das muss einen rich­tig mit­neh­men, was da am Kar­frei­tag einem Unschul­di­gen zuge­mu­tet wur­de und was an jedem Tag so vie­le, vie­le zu tra­gen, aus­zu­hal­ten, zu lei­den haben.

Der “Kreuz­weg zur Nach­fol­ge” ver­bin­det die Teil­neh­men­den mit den Opfern von Unbarm­her­zig­keit, Gewalt und Tod. Und er lässt dem nach­ge­hen, der das Leid getra­gen, die Lieb­lo­sig­keit unter­grif­fen und das Ver­trau­en auf Gott nicht auf­ge­ge­ben hat – selbst in der Got­tes­fins­ter­nis: “Mein Gott, mein Gott, war­um hast du mich ver­las­sen?” Görlitzer KreuzwegIn Gör­litz hat die­ser Weg eine lan­ge Tra­di­ti­on. Dank­bar und wach wird an sie ange­knüpft in jedem Jahr. Ver­mut­lich ist die­ser Kreuz­weg von from­men Pil­gern und den Ein­woh­nern der Stadt schon gegan­gen wor­den, als das Hei­li­ge Grab in Gör­litz am Ende des 15. Jahr­hun­derts als Stät­te der Ein­kehr und des Gebets gebaut wur­de.  Aus Jeru­sa­lem kamen damals nicht nur die Zeich­nun­gen und Plä­ne für die vor den Toren der Stadt errich­te­te Kapel­len­an­la­ge an die Nei­ße. Aus Jeru­sa­lem kam auch jener Aus­druck einer vor allem von den Fran­zis­ka­ner-Mön­chen gepfleg­ten Pas­si­ons­fröm­mig­keit hier­her: Schon die Auf­zeich­nung der letz­ten Woche Jesu im Mar­kus­evan­ge­li­um ist ja so geglie­dert, dass man die Orte und die Zei­ten des Lei­dens­we­ges Jesu Schritt für Schritt auf­su­chen und mit­voll­zie­hen kann. Und in Jeru­sa­lem war ein sol­ches Nach­ge­hen der Pas­si­on Jesu beson­ders im 14. und 15. Jahr­hun­dert das Ziel derer, die aus Ost und West, aus Nord und Süd an den Ort des Lei­dens, Ster­bens und Auf­er­ste­hens Chris­ti gekom­men waren.

Die Sehn­sucht danach, dem mit allen Sin­nen nahe zu sein, das sel­ber zu sehen und zu “bege­hen”, was die Bibel vom Geheim­nis des Todes und der Auf­er­ste­hung Jesu erzählt, gehör­te ja durch lan­ge Zeit hin­durch zu den Lebens­we­gen in Euro­pa. Und wenn sich heu­te wie­der so vie­le auf Pil­ger­we­ge bege­ben, dann klingt dar­in noch etwas von jener Erwar­tung auf, die gera­de auf dem Weg zu einer her­aus­ge­ho­be­nen Andachts­stät­te Erfül­lung des Glau­bens, Erfah­run­gen von selbst­lo­ser Lie­be, eine fes­te Zuver­sicht und Hoff­nung sucht. Figur in der Dreifaltifkeitskirche

In Gör­litz ist die Ent­ste­hung des Hei­li­gen Gra­bes mit sei­ner Adams- und Kreuz­ka­pel­le, mit dem Salb­haus und der Nach­bil­dung des Gra­bes Jesu von Anfang an auf eine geist­li­che Pra­xis, auf einen immer neu zu gehen­den Fröm­mig­keits­weg hin aus­ge­rich­tet gewe­sen. Die Anla­ge ent­stand in einer Umge­bung, die an die hei­li­gen Stät­ten in Jeru­sa­lem erin­ner­te. Auf einem Fried­hof der “ver­lo­re­nen See­len”, auf dem in jener Zeit unge­tauft gestor­be­ne Kin­der, Selbst­mör­der, Namen­lo­se bestat­tet wur­den, errich­te­te man das Hei­li­ge Grab: Zei­chen einer Hoff­nung und eines Glau­bens, die alle Abgren­zun­gen und mensch­li­chen Urtei­le durch­bre­chen. Ein Weg, der mit knapp 1000 Schrit­ten von der Peters­kir­che bis dahin führ­te, erin­ner­te an die “via dolo­ro­sa”, den letz­ten Weg Jesu. Und unmit­tel­bar angren­zend an die Anla­ge des Hei­li­gen Gra­bes ver­wies ein Tal mit einem klei­nen Bach an das Kidron-Tal in Jeru­sa­lem und ein dem­ge­gen­über auf­ra­gen­der Hügel auf den Ort der Anfech­tung und des Gebets Jesu im Gar­ten Geth­se­ma­ne auf dem Ölberg.Heiliges Grab

Am Ende des 15. Jahr­hun­derts mag es ange­sichts die­ser Vor­aus­set­zun­gen einen  zwei-gestaf­fel­ten Kreuz­weg gege­ben haben: Vom Altar in der Adams­ka­pel­le beim Hei­li­gen Grab, wo an das letz­te Abend­mahl Jesu mit sei­nen Jün­gern erin­nert wur­de, ging es am Grün­don­ners­tag über den Ölberg­gar­ten gegen­über zur Peters­kir­che. Dort wur­de dann viel­leicht in der Kryp­ta, wo bis heu­te eine ein­drück­lich gekenn­zeich­ne­te Säu­le auf­fällt, an die Ver­spot­tung und Gei­ße­lung Jesu erin­nert.  Auf der Süd­sei­te der Peters­kir­che konn­te schließ­lich am Kar­frei­tag der Ver­ur­tei­lung Jesu gedacht und der Sta­ti­ons­weg, der dann zur Kreuz­ka­pel­le beim Hei­li­gen Grab führ­te, begon­nen wer­den. Die­ser Gör­lit­zer Kreuz­weg mit 7 Sta­tio­nen hat sei­ne Bedeu­tung durch alle Brü­che und Auf­brü­che, durch alle Ver­än­de­run­gen und Ein­schnit­te der Zeit- und Glau­bens­ge­schich­te hin­durch behalten.

Die Refor­ma­ti­on, die in Gör­litz 1525 ihren Anfang nahm, hat wohl deut­lich vor Augen gestellt, dass die Teil­nah­me an einem sol­chen Kreuz­weg kein “from­mes Werk“ sein kann, mit dem man sich bei Gott gleich­sam etwas “ver­dient”. Sie hat sei­ne Bedeu­tung als Hil­fe zur Erin­ne­rung, als Ein­übung in die Nach­fol­ge Jesu, als Weg des Betens und Schwei­gens und Sin­gens aber nicht aufgegeben.

Ein immer wie­der abge­druck­ter Gör­lit­zer Kup­fer­stich aus dem Jahr 1719 belegt ein­drück­lich die gän­gi­ge Pra­xis des Kreuz­we­ges mit 7 Sta­tio­nen. Er bil­det auch heu­te die Mit­te des geist­li­chen Lebens in der Woche zwi­schen dem Sonn­tag Pal­ma­rum und dem Oster­fest. Vom Mon­tag nach Pal­ma­rum bis zum Grün­don­ners­tag wird jeweils um 17.00 Uhr in der Adams­ka­pel­le beim Hei­li­gen Grab Andacht gehal­ten. Dann beginnt am Kar­frei­tag um 13.30 Uhr in der Kryp­ta der Peters­kir­che der Kreuz­weg. Sei­ne Abschnit­te und The­men sind ganz an der bibli­schen Über­lie­fe­rung orientiert.

Prozession | Foto: Sächsische ZeitungSei­ne Sta­ti­on 1 “Jesus wird zum Tode ver­ur­teilt” führt vor das Süd­por­tal der Peters­kir­che. An deren Süd-West-Ecke wird dar­an erin­nert, wie Jesus sein Kreuz auf sich nimmt (Sta­ti­on 2).Die 3. Sta­ti­on “Simon von Kyre­ne hilft Jesus, das Kreuz nach­zu­tra­gen” hat vor dem Niko­lai­turm ihren Platz. Eine Stär­kung mit Trä­nen­brot, die ein Motiv aus den Psal­men auf­nimmt, erfolgt an der 4. Sta­ti­on beim “Jesus-Bäcker“. Durch die Lunitz führt der Kreuz­weg zur Sta­ti­on 5 “Jesus ermahnt die Frau­en von Jeru­sa­lem“. Nach die­ser heu­te auch durch eine musi­ka­li­sche Ver­tie­fung der Kla­ge der Frau­en cha­rak­te­ri­sier­ten Sta­ti­on geht es zum Gelän­de des Hei­li­gen Gra­bes.  An des­sen Ein­gang befin­det sich die 6. Sta­ti­on “Jesus wird sei­ner Klei­der beraubt”. Der Kreuz­weg mün­det schließ­lich mit sei­ner 7. Sta­ti­on in die Andacht zur Todes­stun­de Jesu vor der Kreuz­ka­pel­le am Hei­li­gen Grab um 15.00 Uhr. Ostern3bNach die­ser Andacht, die dem Ster­ben und Tod Jesu gilt, schweigt alles Sin­gen, alles über­flüs­si­ge Reden, schwei­gen auch die Glo­cken bis zum Oster­fest. Sei­ne Fei­er beginnt in Gör­litz mit der Andacht zur Gra­bes­ru­he Chris­ti am Kar­sams­tag um 18.15 Uhr. Sie gilt dem Geheim­nis des Gan­ges Jesu zu den Ver­lo­re­nen. “Hin­ab­ge­stie­gen in das Reich des Todes” heißt es dazu als ein Hoff­nungs­wort im apos­to­li­schen Glau­bens­be­kennt­nis. Am Oster­mor­gen um 6.00 Uhr schließ­lich führt die Andacht der Frau­en am lee­ren Grab zur Freu­de an der Auf­er­ste­hung Jesu, zur Freu­de am Sieg des Lebens. Alle, die zuvor ihren Weg “in Stil­le“ zu gehen hat­ten und gehen konn­ten, brin­gen dann vom Hei­li­gen Grab aus den Ruf in die Stadt und die Welt: “Der HERR ist auf­er­stan­den. Er ist wahr­haf­tig auf­er­stan­den. Halleluja”.
Autor:
Dr. Hans-Wil­helm Pietz, 2011
Nach­druck
Text und Bil­der mit freund­li­cher Geneh­mi­gung des Stadt­BILD-Ver­la­ges Görlitz

Königliche Baugewerkschule und Königliche Maschinenbauschule in Görlitz — Teil 1

Die Monats­zeit­schrift Stadt­BILD hat in ihrer Aus­ga­be vom Janu­ar 2013 einen Auf­satz von Wolf­gang Stil­ler ver­öf­fent­licht, in dem His­to­ri­sches über die ehe­ma­li­ge Bau­ge­werk­schu­le Gör­litz behan­delt wird. Die Bau­ge­werk­schu­le befand sich jen­seits der Nei­ße am Fried­richs­platz (Par­ty­zan­tów 4, 59–900 Zgor­zel­ec) in der frü­he­ren Gör­lit­zer Ost­stadt. Aus der Ost­stadt ist nach dem 2. Welt­krieg das heu­ti­ge pol­ni­sche Zgor­zel­ec her­vor­ge­gan­gen.

Das zu Ende gehen­de 19. Jahr­hun­dert war geprägt von einem enor­men Auf­schwung der Indus­trie, des Han­dels, Gewer­bes und der Wis­sen­schaft. Dies erfor­der­te eine Viel­zahl von gut aus­ge­bil­de­ten Fach­kräf­ten. Das Bedürf­nis der auf­stre­ben­den jun­gen Tech­ni­ker nach gründ­li­cher und schnel­ler theo­re­ti­scher Aus­bil­dung mach­te die Errich­tung von Fach­schu­len gera­de für die­sen Stand drin­gend not­wen­dig. So ent­stan­den unter dem för­dern­den Ein­fluss des Innungs­ver­ban­des deut­scher Bau­ge­werk­meis­ter, vor allem unter der ziel­be­wuss­ten Füh­rung des Preu­ßi­schen Staa­tes, bis zum Jah­re 1914 67 Bau­schu­len, die zum Teil von den Städ­ten, aber zum größ­ten Teil von den Staa­ten gegrün­det und ein­ge­rich­tet wor­den sind. Im König­reich Preu­ßen gab es 24 staat­li­che Bau­ge­werk­schu­len. Die Auf­ga­be die­ser Schu­len bestand dar­in, den Schü­lern nach einer vor­an­ge­gan­ge­nen prak­ti­schen Betä­ti­gung im Bau­hand­werk die theo­re­ti­schen und fach­li­chen Vor­kennt­nis­se zu ver­mit­teln, die sie spä­ter in ihrem Beruf benö­tig­ten, um als selb­stän­di­ger Bau­ge­wer­be­trei­ben­der, als selb­stän­di­ger Bau­lei­ter, als tech­ni­sche Hilfs­kräf­te im Büro und auf dem Bau­platz oder als mitt­le­re Beam­te im Staats- oder Kom­mu­nal­dienst tätig zu wer­den. Die staat­li­che König­li­che Bau­ge­werk­schu­le zu Gör­litz wur­de am 23. Okto­ber 1894 gegrün­det. Sie war eine der Staats­an­stal­ten, die zur Ver­wal­tung des preu­ßi­schen Minis­te­ri­ums für Han­del und Gewer­be in Ber­lin gehör­ten und dem preu­ßi­schen Regie­rungs­prä­si­den­ten in Lie­gnitz unter­stellt wur­den. Der Unter­richt fand zunächst in der Gemein­de­schu­le Rei­chen­ber­ger Stra­ße (heu­te: Pil­sud­s­kie­go) statt.

ehemalige Baugewerkschule Görlitz

Die Stadt Gör­litz erklär­te sich bereit, ein neu­es Schul­ge­bäu­de am Fried­rich­platz (heu­te: Par­ty­zan­tów) zu errich­ten. Sel­bi­ges konn­te am 1.4.1898 ein­ge­weiht wer­den. Es ist an die­ser Stel­le beson­ders her­vor­zu­he­ben, dass es in die­sem Hau­se zwei Fach­schu­len gab: 1. die staat­li­che König­li­che Bau­ge­werk­schu­le und 2. die staat­li­che König­li­che Maschi­nen­bau­schu­le 3. auf Bestre­ben des preu­ßi­schen Berg­am­tes Gör­litz gab es in die­ser Ein­rich­tung von 1900/1901 bis 1904 eine Berg­vor­schu­le. Die Anfor­de­run­gen an Fach­leu­te in den Braun­koh­len­be­trie­ben ins­be­son­de­re der Gru­be Stadt Gör­litz, des Berg­wer­kes “Glück­auf Akti­en­ge­sell­schaft” Lich­ten­au und der Gru­be Fried­rich Anna Gör­litz Moys bewo­gen den dama­li­gen Berg­rat Las­ke des Berg­am­tes Gör­litz mit Zustim­mung der Berg­aka­de­mie Frei­berg, eine Berg­vor­schu­le zu errich­ten. Die Stadt Gör­litz stell­te dazu kos­ten­frei einen Klas­sen­raum in der Bau­ge­werk- und Maschi­nen­bau­schu­le am Fried­richs­platz zur Ver­fü­gung. Die Schu­le wur­de von einem Vor­stand gelei­tet, des­sen Geschäfts­füh­rung der Geschäfts­füh­rer der Akti­en­ge­sell­schaft der Gru­be “Glück­auf” Lich­ten­au inne hat­te. Der ehe­ma­li­ge Ober­bür­ger­meis­ter Hugo Sat­tig (OB von 1857 bis 1866) war Auf­sichts­rats­vor­sit­zen­der der Akti­en­ge­sell­schaft “Glück­auf”. An die­ser Ein­rich­tung wur­de bis zum Stei­ger aus­ge­bil­det. War­um die­se Berg­vor­schu­le 1904 geschlos­sen wur­de, ist aus den Akten des Archivs der Berg­aka­de­mie Frei­berg nicht ersicht­lich. Eigen­tüm­li­cher­wei­se befin­den sich in den Adress­bü­chern die­ser Zeit kei­ne Ver­wei­se, weder bei staat­li­chen noch bei pri­va­ten Bil­dungs­ein­rich­tun­gen. Nun zurück zur Bau­ge­werk­schu­le. Als bera­ten­des Organ für die­se Ein­rich­tung wur­de ein Kura­to­ri­um ins Leben geru­fen. Mit­glie­der des Kura­to­ri­ums waren: 1. Der Ober­bür­ger­meis­ter als Vor­sit­zen­der 2. Der Direk­tor der Ein­rich­tung als Stell­ver­tre­ter 3. wei­te­re 3 Mit­glie­der wur­den ernannt durch den preu­ßi­schen Minis­ter für Han­del und Gewer­be 4. außer­dem 2 Mit­glie­der des Magis­tra­tes der Stadt 5. und 2 Mit­glie­der, die von der Stadt­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung gewählt wur­den. Die Lehr­plä­ne waren für alle preu­ßi­schen Bau­ge­werk­schu­len ein­heit­lich. Damit erga­ben sich kei­ne Pro­ble­me bei einem Anstalts­wech­sel inner­halb des König­rei­ches Preu­ßen. Es ist anzu­neh­men, dass dies auch für die staat­li­che Maschi­nen­bau­schu­le zutraf.

Baugewerk- und MaschinenbauschuleBaugewerk- und Maschinenbauschule ab April 1898. Jetzt polnisches Lyzeum.Die vor­ste­hen­den Bil­der zei­gen die neu errich­te­te staat­li­che Bau­ge­werk- und Maschi­nen­bau­schu­le am Fried­richs­platz, eröff­net im April 1898. Mit Fer­tig­stel­lung die­ses Objek­tes wur­de auch in die­se Ein­rich­tung die kgl. staat­li­che Maschi­nen­bau­schu­le inte­griert. Damit gab es zwei ver­schie­de­ne Grün­dungs­da­ten: 1. Grün­dung der staat­li­chen Bau­ge­werk­schu­le (SBS) 23.10.1884 2. Grün­dung der staat­li­chen Maschi­nen­bau­schu­le (SMS) 3.10.1888.Adressbuch der Stadt Görlitz Die Schü­ler­zahl wuchs von Jahr zu Jahr und damit auch die Zahl der Klas­sen und der Leh­rer. Als­dann wur­de als Direk­tor Herr Prof. Gerns und dann für 4 Jah­re Direk­tor Kunz beru­fen. Im Jah­re 1902 wur­de Direk­tor Gewer­be­schul­rat Theo­bald Mül­ler aus Mag­de­burg. Sel­bi­ger führ­te eine Aus­bil­dung für Stein­met­ze und eine Aus­bil­dung in Tief­bau aus. Der Aus­bil­dungs­zweig Stein­met­ze wur­de wegen man­geln­den Besuchs 1908 ein­ge­stellt. Der Tief­bau­un­ter­richt lehr­te Grund­la­gen des Eisenbahn‑, Brü­cken- und Was­ser­baus sowie des Städ­ti­schen Tief­baus und des Erd- und Stra­ßen­baus. Hier­bei wur­de in den bei­den unte­ren Klas­sen ein gemein­sa­mer Unter­bau geschaf­fen (Grund­stu­di­um) und in den bei­den obe­ren Klas­sen nach Hoch- und Tief­bau getrennt unterrichtet.

Wappen Wegen den gestie­ge­nen Anfor­de­run­gen aus der Pra­xis genüg­te die vier­se­mes­tri­ge Aus­bil­dung nicht mehr, dar­um wur­de 1908 in allen preu­ßi­schen Bau­ge­werk­schu­len zu einer fünf­se­mes­tri­gen Aus­bil­dung über­ge­gan­gen. Man lös­te sich auch von der alt­her­ge­brach­ten abs­trak­ten wis­sen­schaft­li­chen Behand­lung der ein­zel­nen Unter­richts­zwei­ge, wie sie an den Hoch­schu­len üblich war, um einer mehr prak­ti­schen, dem Auf­fas­sungs­ver­mö­gen der Schü­ler ent­spre­chen­den Unter­richts­wei­se Raum zu geben. Die­se Form wirk­te sich auch im Nach­hin­ein vor­bild­lich auf die tech­ni­schen Hoch­schu­len aus. Ein erheb­li­cher Ein­schnitt in der Ent­wick­lung der Schu­le ergab sich mit Aus­bruch des 1. Welt­krie­ges am 2. August 1914. Die meis­ten Leh­rer und Schü­ler wur­den ein­be­ru­fen. Ein Unter­richt fand zunächst nicht mehr statt. Das Schul­ge­bäu­de selbst wur­de vom Mili­tär für Ein­quar­tie­rungs­zwe­cke in Anspruch genom­men. Erst in den spä­te­ren Halb­jah­ren wur­de in eini­gen Räu­men not­dürf­tig der Unter­richt wie­der auf­ge­nom­men. Den Schü­lern der 1. Klas­sen der Hoch- und Tief­bau­ab­tei­lung wur­de jedoch das Rei­fe­zeug­nis ohne Prü­fung erteilt und den übri­gen Schü­lern das Ver­set­zungs­zeug­nis. 12 Leh­rer wur­den im Krieg ein­ge­zo­gen, davon 3 schwer ver­wun­det. 61 Schü­ler sind im Krieg gefal­len. Aus die­sem Anlass wur­den im Ein­gang der Schu­le am 17.3.1922 zwei Gedenk­ta­feln ange­bracht. Nach dem Krieg gab es im Unter­richts­ge­sche­hen wie­der­um eini­ge Neue­run­gen. 1919 wur­de ein staats­bür­ger­li­cher Unter­richt mit zwei Wochen­stun­den ein­ge­führt. In die­sem Unter­richts­fach soll­ten die Schü­ler auf ihre Pflich­ten als Staats­bür­ger vor­be­rei­tet und zu “ech­ter deut­scher Gesin­nung und zum Bewusst­sein der Volks­ge­mein­schaft” erzo­gen wer­den. Münd­li­che Prü­fun­gen kamen in Fort­fall. Grund­la­gen der Prü­fung waren die Klas­sen­leis­tung sowie schrift­li­che und zeich­ne­ri­sche Prü­fungs­ar­bei­ten. Ein­füh­rung des Pflicht­fa­ches Lei­bes­übun­gen. Am 3. Juli 1920 wur­de das Fach Sport und Jugend­pfle­ge ein­ge­führt. Ihr Inhalt waren: Tur­nen, Turn­spie­le, Wan­dern mit wöchent­lich zwei Stun­den. Am 1. April 1921 wur­de der ver­dienst­vol­le Direk­tor Gewer­be­rat Mül­ler in den Ruhe­stand ver­setzt, der die­se Ein­rich­tung über 18 Jah­re lei­te­te. Ihm folg­te der vom Minis­ter für Han­del und Gewer­be beru­fe­ne Ober­stu­di­en­di­rek­tor Prof. Knöll. Den neu­en Anfor­de­run­gen der Bau­pra­xis gerecht zu wer­den, wur­den Nor­men und Typen im Bau­we­sen ein­ge­führt, Grund­sät­ze des Städ­te­baus und Sied­lungs­we­sens, der spar­sa­men Bau­wei­se, der Wär­me­wirt­schaft am Bau (man leg­te also schon 1921 ent­spre­chend der wis­sen­schaft­li­chen Erkennt­nis­se gro­ßen Wert auf ener­ge­ti­sche Bau­wei­sen) sowie der neu­en Kon­struk­ti­ons­me­tho­den in Eisen­be­ton und Holz in den Unter­richt auf­ge­nom­men. Es gab auch eth­ni­sche Vor­trä­ge und eine Schü­ler­bi­blio­thek mit über 500 Bän­den. Beson­ders beach­tens­wert waren die Samm­lun­gen in die­ser Schu­le. Dazu gehör­ten unter ande­rem: 1. der neu ein­ge­rich­te­te Bau­stoff­prü­fungs­raum mit den wich­tigs­ten neu­zeit­li­chen Prü­fungs­ap­pa­ra­ten 2. die Samm­lung für neu­zeit­li­che Bau­stof­fe und Bau­wei­sen 3. die Samm­lung von Auf­nah­men alter Bau­wei­sen 4. die Samm­lung für Wär­me­wirt­schaft und Haus­in­stal­la­ti­on 5. die Samm­lung von Zeich­nun­gen und Hef­ten aller Klas­sen, ver­bun­den mit einer Dau­er­aus­stel­lung, die jeder­zeit einen Über­blick über die Leis­tun­gen der Schu­le gibt. Um den Unter­richt in der Bau­ge­werk- als auch in der Maschi­nen­bau­schu­le so pra­xis­nah wie mög­lich zu gestal­ten, gab es eine Viel­zahl vor­bild­lich aus­ge­stat­te­ter Labo­re und Werk­stät­ten. Auch dafür gab es u.a. vom Wag­gon­bau und dem Eisen­han­del Ephra­im Spen­den. Für die Aus­stat­tung der Bau­ge­werk­schu­le gab der preu­ßi­sche Staat erheb­li­che Mit­tel aus, und die Stadt Gör­litz selbst betei­lig­te sich an der Unter­hal­tung der Schu­le mit jähr­lich 12.000 RM. Eben­so tru­gen vie­le Fir­men und Fach­ver­bän­de mit Spen­den für die Schu­le bei. Dies betraf ins­be­son­de­re Model­le, Mus­ter­stü­cke, Mate­ri­al für den Model­lier­un­ter­richt und anderes.

Die Tech­ni­sche Not­hil­fe (TENO) Die technische Nothilfe An die­ser Schu­le wur­de die Arbeits­ge­mein­schaft Tech­ni­sche Not­hil­fe gegrün­det. Die Schü­ler ver­pflich­te­ten sich, frei­wil­lig bei Not­fäl­len zur Ver­fü­gung zu ste­hen. Die­se ist dem Lan­des­un­ter­be­zirk Gör­litz ange­glie­dert und dem Reichs­mi­nis­te­ri­um unter­stellt. Die­se Ein­rich­tung kann durch­aus als Vor­gän­ger des heu­ti­gen Tech­ni­schen Hilfs­wer­kes betrach­tet wer­den. Die Schu­le hat­te zuletzt im Herbst 1927 bei einem gro­ßen Streik in der Gru­be Stadt Gör­litz in Kohl­furt Gele­gen­heit, ihre Tat­be­reit­schaft zum Woh­le der All­ge­mein­heit zu bezeu­gen. In der Gör­lit­zer Volks­zei­tung vom 21.10.1927 befin­det sich ein Arti­kel mit dem Titel „Berg­ar­bei­ter­streik und “Teno” in der Gru­be Stadt Gör­litz”. Nach dem Bericht wur­de die “Teno” in der Bau­ge­werk­schu­le beim Streik in der Gru­be Stadt Gör­litz ein­ge­setzt. Auch Schü­ler des Gym­na­si­ums wur­den wäh­rend des Streiks in der Gru­be Stadt Gör­lítz ein­ge­setzt und dazu umge­hend vom Unter­richt frei­ge­stellt. Sie waren also im Auf­tra­ge der Stadt Gör­litz und mit Zustim­mung des Regie­rungs­prä­si­den­ten Streik­bre­cher. Im obi­gen Arti­kel der Volks­zei­tung steht unter ande­rem: “Jetzt gibt es für die Schü­ler der Bau­ge­werk­schu­le und die Gym­na­si­as­ten Arbeits­be­klei­dung, neue Stie­fel, gute Ver­pfle­gung und anstän­di­gen Lohn, und dies für man­gel­haf­te und gerin­ge Arbeits­leis­tung und ange­rich­te­te Betriebs­schä­den. War­um? Nur um den Berg­ar­bei­tern ein paar Pfen­ni­ge Lohn­er­hö­hung nicht zu gewäh­ren. Statt­des­sen kom­men zu den dop­pelt und drei­fach erhöh­ten Aus­ga­ben Schä­den an den Betriebs­ein­rich­tun­gen, die unter Umstän­den die Stadt Tau­sen­de von Reichs­mark kos­ten kön­nen.” Das Ver­werf­li­che dar­an war, dass die Gym­na­si­as­ten und die Schü­ler der Bau­ge­werk­schu­le mehr Lohn als die gut aus­ge­bil­de­ten Berg­leu­te erhiel­ten. Der Berg­ar­bei­ter­streik in Mit­tel­deutsch­land, an dem sich 70.000 Berg­ar­bei­ter betei­lig­ten, ende­te mit Schieds­spruch vom 21.10.1927 posi­tiv für die Beschäf­tig­ten (Volks­zei­tung vom 23.10. und 27.10.1927). Bis 1924 besuch­ten 8085 Schü­ler die Schu­le. Das Schul­geld betrug pro Semes­ter 40,- bis 80,- RM. Im Jah­re 1923 wur­de ein “Ver­ein ehe­ma­li­ger Schü­ler und Fach­freun­de” der Bau­ge­werk- und Maschi­nen­bau­schu­le gegrün­det. Die­sem Ver­ein ist es auch zu dan­ken, dass durch Spen­den und Stif­tun­gen bedürf­ti­gen Schü­lern das Schul­geld erlas­sen und bei der Stel­len­ver­mitt­lung nach erfolg­rei­chem Schul­be­such gehol­fen wer­den konn­te. Hat­te doch ein nicht gerin­ger Teil ehe­ma­li­ger Absol­ven­ten lei­ten­de Stel­len in Wirt­schaft und Ver­wal­tung ein­neh­men kön­nen. Lei­der gibt es über den wei­te­ren Ver­lauf der Schu­le weder in der Ober­lau­sit­zi­schen Biblio­thek noch im Rats­ar­chiv wei­ter­füh­ren­de Unter­la­gen. Das letz­te Doku­ment ist die 40jährige Jubel­fei­er aus dem Jah­re 1934, und dann gibt es eine Fest­schrift, in der alle Stu­den­ten von 1900 bis 1937 nament­lich ange­führt sind und wo sie nach dem Stu­di­um tätig wur­den. Der bekann­te Gör­lit­zer Archi­tekt Pro­fes­sor und Ober­leh­rer Hugo Behr war eben­falls vom 1.4.1890 bis 1.4.1908 als Leh­rer an die­ser Ein­rich­tung tätig. Von ihm stam­men unter ande­ren sol­che her­vor­ra­gen­de Bau­wer­ke wie die Ober­lau­sit­zer Gedenk­hal­le und die Rothen­bur­ger Ver­si­che­rung (jetzt Hoch­schu­le Zittau/Görlitz). Über das ein­zi­ge Doku­ment, was die Grün­dung der Staat­li­chen Maschi­nen­bau­schu­le im Jah­re 1898 benennt, las man im Neu­en Festblatt Lau­sit­zi­schen Maga­zin, Heft 11/2011: Schen­kung an das kul­tur­his­to­ri­sche Muse­um Gör­litz unter der Inv. Nr. 1523–2011 aus Doku­men­te des Gör­lit­zer Gesang­ver­eins, des Gör­lit­zer Volks­cho­res und der staat­li­chen Maschi­nen­bau­schu­le Gör­litz. Da der Stadt Gör­litz durch die Grenz­fest­le­gung nach dem 2. Welt­krieg die­se Bil­dungs­ein­rich­tung nicht mehr zur Ver­fü­gung stand, wur­de im Jah­re 1952 im Gebäu­de der ehe­ma­li­gen Rothen­bur­ger Ver­si­che­rung an der Brü­cken­stra­ße die Inge­nieur­schu­le für Bau­we­sen neu ein­ge­rich­tet. Die­se Ein­rich­tung bestand bis 1956. Die Bau­fach­schü­ler wur­den danach auf ande­re Schu­len umver­teilt. Als­dann wur­de in die­ser Ein­rich­tung die Inge­nieur­schu­le für Maschi­nen­bau eta­bliert. Mit freund­li­cher Geneh­mi­gung des Stadt­BILD-Ver­la­ges Görlitz