Lernen wie im Kaiserreich
Lernen wie im Kaiserreich
Da sitzen sie in ihrer Mädchenklasse dicht nebeneinander auf den alten Holzbänken, mucksmäuschenstill, die Hände gefaltet. “Wir dürfen nur reingewaschen, ordentlich gekämmt und sauber gekleidet zur Schule kommen”, fordern die Regeln an der Wand. Wilhelm II. schrieb 1890, was er von der Schule erwartet: “Wir wollen nationale junge Deutsche erziehen.“Es gab viele Regeln im Kaiserreich, und ganz besonders in der Schule: “Hände falten, Schnabel halten, Kopf nicht stützen, Ohren spitzen”, das war eine weitere Verhaltensvorschrift, die den Kindern zu Kaisers Zeiten eingebläut wurde. Die Lehrer sprachen die Kinder im Befehlston wie auf dem Kasernenplatz an: “Setzen!”, “Steh auf”, “Ruhe!”, “Hefte zeigt!”. Die Kinder hatten höflich und respektvoll zu sein und wehe dem, der das nicht war.
„In der Schule herrsche Zucht und Ordnung”, so lautete ein Leitspruch für Erzieher. Kinder sollten schon frühzeitig an Gehorsam und Disziplin gewöhnt werden. Bei vielen Lehrern lag daher die Rute zur Züchtigung immer griffbereit. Erziehung vor hundert Jahren war eben ganz anders als heute.
Die Klassenzimmer waren eher trist eingerichtet: Harte Holzbänke, Schiefertafeln und Tintenfässer waren das “Handwerkszeug” der Schüler. Geschrieben wurde in Sütterlin. Zunächst auf die Schiefertafel, später mit einer Stahlfeder und Tinte in das Schulheft. Und Kaiser Wilhelm schaute zu — an der Wand hing natürlich ein Portrait von ihm.
Überhaupt die Kaiserfamilie. Sie war in der Gesellschaft sehr beliebt. Die Lehrer ließen den Kaiser hochleben und Loblieder auf ihn singen. “Der Kaiser ist ein lieber Mann, er wohnet in Berlin…”, mit diesen Worten beginnt ein Lied, das in den Volksschulen um 1900 viel gesungen wurde. Es sollte gerade die Kinder der einfachen Volksschichten für die Monarchie begeistern. Aufgabe der Schule war es nämlich, zu vaterländischer Gesinnung zu erziehen. Das hieß vor allem, die Treue zum Monarchen festigen und Liebe zum Vaterland wecken.
In der Fichteschule hat der 1985 gegründete “Förderverein der Schulhistorischen Sammlung” ein historisches Klassenzimmer eingerichtet. Wer dieses Klassenzimmer betritt, der begibt sich auf eine Zeitreise weit über 100 Jahre zurück in die Vergangenheit. Die ältesten Exponate, die der Förderverein liebevoll zusammengetragen hat, stammen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts.
In dem historischen Klassenzimmer in der Fichteschule können Schüler aller Jahrgangsstufen – aber nach vorheriger Anmeldung auch Erwachsene – erleben, wie unsere Vorfahren lernten. Das Wissen um vergangene Schulkulturen möchte der “Förderverein der Schulhistorischen Sammlung” bewahren. Und so findet der interessierte Besucher nicht nur das komplett eingerichtete Klassenzimmer vor. Auch authentische Kleidung, Arbeitsmaterial, echte Schulmützen und –ranzen vervollständigt die Sammlung ebenso wie unzählige Bücher. Und im Kelle liegen noch viele ungehobene Schätze, die vor allem aus den Schulen der Stadt stammen.
Bild: HeinzSlominski.blogspot.de
Noch sind die meisten der 46 aktiven Vereinsmitglieder im Schuldienst tätig. Aber die Mitglieder werden weniger, die jungen Lehrer finden keine Zeit mehr, sich für die Sammlung zu engagieren. So würde der Verein gerne neue Mitglieder begrüßen können, damit das Wissen über die Geschichte der Seestadt und ihre Einwohner immer wieder weitergegeben werden kann.
Quellen:
Schulhistorische Sammlung Bremerhaven
Flyer “Schulhistorische Sammlung” als PDF-Datei
Nordsee-Zeitung vom 16.12.2013
Einen schönen guten Tag 🙂
Ich kann hier gerade keinen Autor ausfindig machen, bräuchte diesen aber um einen Satz zu zitieren, wär es möglich dass ihn mir jemand nennt?
Vielen Dank im Vorraus und LG
Einen schönen guten Tag zurück,
der Autor vom DeichSPIEGEL ist der Admin. Die Kontaktdaten sind im Impressum hinterlegt. Fragen werden aber auch hier beantwortet.
Liebe Grüße zurück
Hermann Schwiebert
Habe mehrere gut erhaltene Wandkarten zur Geschichte. Besteht Interesse?
Hallo Frau Lühmann,
wenn Sie mir eine Wandkarte oder mehrere als Bild schicken mögen, würde ich sie in diesem Artikel mit veröffentlichen. Das wäre natürlich schön für jeden interessierten Leser. Wenn Sie die Wandkarten verkaufen möchten, fragen Sie vielleicht mal beim Schulhistorischen Museum nach?