Die ehemalige Kaiserstraße in alten und neuen Ansichten – Teil 1
Auf besonderen Wunsch eines DeichSPIEGEL-Lesers beginne ich heute eine kleine Serie über das an der Bremerhavener Kaiserstraße (heute Bürgermeister-Smidt-Str.) zwischen dem Bürgermeister-Martin-Donandt-Platz bis etwa zur Straße Am Gitter belegene Wohn- und Geschäftsviertel.Als die Kaiserstraße bebaut wurde, wurden die der Straße zugewandten Fassaden aufwendig mit viel Stuck verziert. Etwa zwischen den Jahren 1902 bis 1907 entstanden hier die Schleusenstraße, die Cecilienstraße (heute Donandtplatz, die Sommerstraße, die Gartenstraße, die Kleine Straße und die Straße Am Gitter. Mittelpunkt dieses neuen Viertels aber wurde die Kaiserstraße.
Fast alle Häuser in der neuen Kaiserstraße beherbergten im Erdgeschoss einen Laden oder eine Gastwirtschaft. Das hat sich bis heute kaum verändert. Aber die Fassaden haben sich geändert und sich dem Stil der heutigen Zeit angepasst. Einzelhändler haben ihre Läden geschlossen. Aufgegeben, weil der gesunkene Umsatz nicht genügend Gewinn zum Leben abwarf. Die ehemalige Stammkundschaft zog fort oder verstarb. Heute wohnen hier im Viertel Menschen, die es gewohnt sind, im Supermarkt einzukaufen. Eltern, deren Kinder keine Spielsachen mehr benötigen, weil sie ihren ersten Computer schon in die Wiege gelegt bekommen.Die ersten Hauseigentümer waren mit ihrer Kaiserstraße verwachsen. Es waren vorwiegend Gastwirte und Handwerksmeister. Da war zum Beispiel der Malermeister Hoffmann aus der Deichstraße. Ihm gehörten in diesem neuen Viertel 14 Häuser. Aber auch Bäckermeister, Malermeister, Maurermeister und Klempnermeister hatten hier ihr Haus. Acht Gastwirte hatten ihr Eigentum hier erworben und erwarteten ihre Gäste in ihren Wirtsstuben.
Wer einen Rechtsanwalt, eine Schneiderin, einen Kaufmann, einen Architekten oder gar einen Baumeister benötigte, der musste nicht lange suchen. Sie alle hatten hier ihre Häuser. Daneben gab es unter den Eigentümern einen Bürogehilfen, einen Lloydbeamten, einen Stadtführer, einen Steward und eine Lehrerin. Sie alle hatten hier ihr Eigentum, auch ein Schiffsausrüster und ein Bankdirektor.
Am Anfang der Kaiserstraße steht heute noch als Haus Nr. 1 das 1903 in einem Mix aus Jugendstil und Neubarock erstellte repräsentative Wohn-und Geschäftshaus, das eigentlich ein Bahnhofshotel werden sollte, um die Fahrgäste aufzunehmen, die auf dem heutigen Donandtplatz den geplanten Personenbahnhof zu einer Übernachtung verließen. Die Eisenbahnlinie verlief damals am südlichen Rand des Platzes an der Bogenstraße. Die Pläne wurden aber verworfen und der Bahnhof nie gebaut.Mit viel Phantasie haben die Architekten damals die Hausfassaden gestaltet. Doch bei der Wahl des Baumaterials für die Rückfronten war entweder nicht mehr genügend Phantasie vorhanden oder die eingeplanten Finanzierungsmittel waren erschöpft. Anders kann man sich nicht erklären, dass die Rückfronten einfach nur mit Teer gestrichen wurden.
Das Jahr 1905 brachte eine angenehme Veränderung für die Bewohner der Kaiserstraße. Die Bremerhavener Pferdebahn fuhr nun auch durch die Kaiserstraße bis hin zur Rickmersstraße. Und etwa 1908 wurden die Pferde abgespannt, man fuhr nun “elektrisch”. Die grünen Wagen der Linie 3 ratterten bis 1964 durch die Kaiserstraße, dann wurden Busse eingesetzt.
Gut, die Kaiserstraße konnte wohl nie die Eleganz der Bürgermeister-Smidt-Straße erreichen. Aber hier pulsierte das Leben in mehr als 30 Kneipen, die vom nahen Hafen kommenden Seeleute fühlten sich hier wohl. Doch nach der Bombennacht des 18. September 1944 wurde es eng in der Kaiserstraße. Auf der Suche nach einer Bleibe strömten die ausgebombten Mitbürger in diesen von den Bomben verschonten Stadtteil. Plötzlich prangten an den Wohnungstürenbis zu fünf Namensschilder mit dem Zusatz „3mal“ oder „4mal oder 5mal klingeln“. Erst mit dem Wiederaufbau in den 1950er Jahren sollten die Schwierigkeiten mit dem beengten Zusammenleben ein Ende finden. Und ab Oktober 1949 war es vorbei mit dem Namen “Kaiserstraße”. Warum auch immer, jedenfalls wurden sämtliche Hausnummern geändert und die Straße bekam den Namen “Bürgermeister-Smidt-Straße“ verpasst. Bei den alten Bremerhavenern hat sich diese “Obrigkeitshandlung” allerdings nicht durchsetzen können. Für sie ist es nach wie vor die “Kaiserstraße”. Na ja, vielleicht auch die “alte Bürger”, das ist dann aber auch schon das höchste der Gefühle.
Es ist nicht einfach, Historisches über Bremerhavens “Kaiserstraße” zu erfahren. Damit dieses eine schöne Serie wird, bin ich wohl auf Eure Hilfe angewiesen. Ich würde mich freuen, wenn Ihr mich mit alten Bildern und Erinnerungen unterstützen könntet.
Quelle:
kaiserstrasse.jimdo.com
Kann man den “Deichspiegel” auch auf facebook abonnieren — als treuer Leser von facebook ” Du kommst aus Bremerhaven wenn.…” ?
Hallo Herr Hendrischke,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Leider ist es nicht möglich, den DeichSPIEGEL bei facebook zu abonnieren. Das sind zwei unterschiedliche Medien, die sich zwar beide mit Bremerhaven beschäftigen, aber nichts miteinander zu tun haben.
Liebe Grüße
Hermann Schwiebert
Da habe ich gewohnt Bürger 170 von 1952–1956
Hallo Biggie,
ich freue mich über Deinen Hinweis. Kommentare führen zu Gespräche. Kannst Du mir mehr erzählen, hast Du vielleicht noch Erinnerungen? Wäre schön, wenn Du uns teilhaben lassen würdest. Natürlich kannst Du es auch an meine email-Adresse senden, ich verwende das dann anonym für meine nächste Folge.
Viele Grüße
Hermann