Verschlagwortet: Lehe

Japanische Stadtplaner auf Rundgang im Goethequartier

Auf einer Rund­rei­se durch Deutsch­land besuch­ten japa­ni­sche Stadt­pla­ner im März die­ses Jah­res neben Wup­per­tal und Düs­sel­dorf auch Bre­mer­ha­ven. Auf einem Rund­gang durch das Goe­the­quar­tier inter­es­sier­te sich die Dele­ga­ti­on dafür, wie Bre­mer­ha­ven sei­ne Pro­ble­me mit leer­ste­hen­den und ver­fal­len­den Wohn­ge­bäu­den zu lösen versucht.

Japanische Stadtplaner in Bremerhaven

Auf­merk­sam auf Bre­mer­ha­ven sind die Japa­ner durch städ­ti­sche Publi­ka­tio­nen und durch Berich­te der Nord­see-Zei­tung im Inter­net gewor­den. Die his­to­ri­sche Nach­kriegs­ent­wick­lung und der demo­gra­fi­sche Wan­del führ­te in Japan zu ähn­li­chen Pro­ble­men wie bei uns in Deutschland. 

Nach dem Krieg gab es auch im zer­stör­ten Japan einen gro­ßen Bedarf an Neu­bau­ten. Schnell und mit ein­fa­chen Mit­teln wur­den soge­nann­te “Risi­ko-Häu­ser” gebaut. Den vor­wie­gend in Holz­bau­wei­se errich­te­ten Gebäu­den war von vorn­her­ein eine Lebens­dau­er von maxi­mal 30 Jah­re ange­dacht. Nun ste­hen die oft­mals nicht sanier­ba­ren Häu­ser leer, ver­fal­len und war­ten auf ihren Abbruch. 

Schrottimmobilie in Bremerhavens Kistnerstraße

Im Goe­the­stra­ßen­quar­tier  staun­ten die japa­ni­schen Gäs­te dar­über, dass in Bre­mer­ha­ven nicht nur des Leer­stand besei­tigt wird. Dort, wo eine Sanie­rung aus wirt­schaft­li­chen oder tech­ni­schen Grün­den nicht mög­lich ist, wird die hier gewon­ne­ne Frei­flä­che einer neu­en Bestim­mung – Grün­flä­che, Spiel­platz, Bau eines Mehr­ge­ne­ra­tio­nen­hau­ses – zugeführt.

Aber auch über die ver­wal­tungs­tech­ni­schen Mög­lich­kei­ten dis­ku­tier­ten die Gäs­te mit den Ver­ant­wort­li­chen der Bre­mer­ha­ve­ner Bau­be­hör­de. In den japa­ni­schen Ver­wal­tun­gen soll es nicht aus­rei­chend Spe­zia­lis­ten geben. In den dor­ti­gen Stadt­pla­nungs­äm­tern sei­en eher Gene­ra­lis­ten beschäf­tigt, Herr Dr. Nao­ta­ka Ota, Juni­or­pro­fes­sor an der Uni­ver­si­tät Tsu­ku­ba, unse­ren Gast­ge­bern wissen. 

Japanische Stadtplaner in Bremerhaven

In Japan genießt das Eigen­tum durch das dor­ti­ge Recht nicht einen so star­ken Schutz, wie das in Deutsch­land der Fall ist. Dort kön­nen die Kom­mu­nen den Eigen­tü­mer zur Sanie­rung sei­nes Gebäu­des ver­pflich­ten oder es zwangs­wei­se abrei­ßen lassen.

Nach ihrer Rück­kehr in ihre Hei­mat wol­len die Gäs­te ihre neu gewon­ne­nen Erkennt­nis­se an die dor­ti­gen Bür­ger­meis­ter und Rats­mit­glie­der wei­ter­ge­ben.
Quel­len:
R. Dons­bach: Von Lehe ler­nen für Japans Städ­te,
Nord­see-Zei­tung. v. 12.3.2015
C. Hes­ke: Leher Lösun­gen für Japans Städ­te, Sonn­tags­jour­nal vom 15.03.2015

Als in Lehe noch Kaffee geröstet wurde — Die Kaffeerösterei Emil Schütz

Am 14. Juli 1914 erschien der am 15. April 1891 in West­fa­len gebo­re­ne Emil Schütz auf dem Gewer­be­amt der Stadt Lehe und mel­de­te an, dass er in der Hafen­stra­ße 220 ein Fach­ge­schäft für Kaf­fee, Tee und Kon­fi­tü­ren eröff­net hat.

Kaffeerösterei Emil Schütz

Sei­ne Kennt­nis­se über Kaf­fee­boh­nen hat er sich zuvor in der Bre­mer Fir­ma “Johann Jacobs” ange­eig­net. Nun woll­te er sein eige­nes Geschäft auf­bau­en. Doch das Schick­sal woll­te es zunächst anders. Der 1. Welt­krieg brach aus, und Emil Schütz muss­te, wie vie­le ande­re sei­ner Gene­ra­ti­on auch, den Waf­fen­rock anzie­hen. Erst 1918 soll­te er aus dem Krieg zurückkehren.

Nach Kriegs­en­de konn­te Emil Schütz sich end­lich dem Auf­bau sei­nes Geschäf­tes in der Hafen­stra­ße 220 wid­men und den Kaf­fee-Röst­be­trieb erheb­lich ver­grö­ßern. 1923 besaß er bereits 23 Filia­len in Bre­mer­ha­ven, Wuls­dorf, Nor­den­ham und Cux­ha­ven. Zwar wur­den in Emil Schütz Geschäf­ten auch Lebens­mit­tel ver­kauft, aber Kaf­fee, Tee und Kakao mach­ten den Haupt­um­satz aus.

Kaffeerösterei Emil Schütz

Im Jah­re 1923 kauf­te Emil Schütz für sei­nen expan­die­ren­den Röst­be­trieb den leer­ste­hen­den alten Leher Güter­bahn­hof in der Molt­ke­stra­ße 11 – 24. Hier absol­vier­te Wal­ter Thür­mer, spä­te­rer Mit­in­ha­ber und Geschäfts­füh­rer der Dres­de­ner “Kaf­fee­rös­te­rei und Kaf­fee-Ersatz­fa­brik Max Thür­mer”, in den Jah­ren 1923 und 1924 ein Praktikum.

Kaffeerösterei Emil Schütz

Emil Schütz bau­te den ehe­ma­li­gen Güter­bahn­hof zu einer Groß­rös­te­rei um und schloss in den nächs­ten Jah­ren nach und nach sei­ne Filia­len. Er woll­te sei­ne Kun­den nun direkt belie­fern. Neben Bre­mer­ha­ven und Nie­der­sach­sen waren sei­ne Ver­tre­ter bald auch in Sach­sen, Schle­si­en und sogar Ost­preu­ßen unter­wegs, um den mitt­ler­wei­le deutsch­land­weit bekannt gewor­de­nen “Schütz-Kaf­fee” an Ein­zel­händ­ler und Groß­ver­brau­cher aus­zu­lie­fern. In den Jah­ren 1926 und 1927 ver­ar­bei­te­te die Groß­rös­te­rei jähr­lich bis zu 7.000 Sack Kaffee.

Kaffeerösterei Emil Schütz

Mit Aus­bruch des 2. Welt­krie­ges wur­den kei­ne Kaf­fee­boh­nen mehr impor­tiert. Um den Geschäfts­be­trieb auf­recht erhal­ten zu kön­nen, stell­te Emil Schütz sei­ne Rös­te­rei auf die Pro­duk­ti­on von Ersatz­kaf­fee um. In gro­ßem Umfang wur­den nun Getrei­de und Zucker­rü­ben­schnit­zel gerös­tet und dar­aus Mucke­fuck hergestellt.

Kaffeerösterei Emil Schütz

Zwar gab es ein paar Schä­den durch Brand­bom­ben, aber im Gro­ßen und Gan­zen über­leb­te der Betrieb den Krieg unbe­scha­det. Ein gro­ßer Ver­lust für die Fir­ma war jedoch, dass beim Bom­ben­an­griff fünf Wohn- und Geschäfts­häu­ser zer­stört wur­den. Und als Deutsch­land nach Kriegs­en­de geteilt wur­de, konn­te Emil Schütz sei­ne ange­stamm­ten Kun­den im Osten nicht mehr beliefern.

Kaffeerösterei Emil Schütz

End­lich, im Jah­re 1948, tra­fen in Ham­burg und Bre­men wie­der die ers­ten Kaf­fee-Impor­te ein. Ein Segen, dass die Pro­duk­ti­ons­ge­bäu­de den Krieg über­lebt haben und der Röst­be­trieb sofort wie­der auf­ge­nom­men wer­den konn­te. Nun muss­te Ersatz für die ver­lo­ren gegan­ge­nen Absatz­märk­te geschaf­fen wer­den. Nicht nur im Elbe-Weser-Drei­eck konn­ten erfolg­reich Ein­zel­händ­ler für die Kaf­fee­sor­ten von der Schütz-Kaf­fee­rös­te­rei gewon­nen wer­den. Auch in West- und Süd­deutsch­land gelang es den Ver­tre­tern, neue Kun­den für den Qua­li­täts­kaf­fe aus Bre­mer­ha­ven zu begeistern.

Kaffeerösterei Emil Schütz

Die Rös­te­rei  wur­de moder­ni­siert, und schon nach weni­gen Jah­ren konn­te die Vor­kriegs­pro­duk­ti­on über­trof­fen wer­den. Anfang der 1960er Jah­re waren 15 Ver­tre­ter mit ihren brau­nen VW-Bul­lis für die Groß­rös­te­rei auf deut­schen Stra­ßen unter­wegs. 50 Frau­en waren damit beschäf­tigt, den Kaf­fee zu sor­tie­ren und zu ver­pa­cken. In den Büros ver­dien­ten 14 Leu­te ihr Geld, und 20 Mit­ar­bei­ter waren für das Lager und den Trans­port ein­ge­teilt. Bis 1964 wur­den wöchent­lich 48 Stun­den gear­bei­tet, am Sonn­abend bis 14 Uhr.

Kaffeerösterei Emil Schütz

Ab Mit­te der 1960er Jah­re wur­de in der Rös­te­rei vie­les auto­ma­ti­siert. Jetzt wur­de nicht mehr von Hand sor­tiert; eine Maschi­ne saug­te nun jede Boh­ne an und sor­tier­te die Fehl­far­ben aus. Auch ein neu­es Röst­ver­fah­ren wur­de ein­ge­setzt. Doch obwohl die Fir­ma Schütz ein her­vor­ra­gen­des eng­ma­schi­ges Ver­triebs­sys­tem mit Ver­kaufs­be­zir­ke in ganz West-Deutsch­land unter­hielt, obwohl auto­ma­ti­siert und moder­ni­siert wur­de: 1971 kam das Ende für Schütz-Kaf­fee. Das Unter­neh­men wur­de an die Bre­mer  Fir­ma Köl­le ver­kauft, die eini­ge Jah­re spä­ter von Kaf­fee Hag über­nom­men wur­de. Was blieb, war die lan­ge wei­ße Mau­er in der Molt­ke­stra­ße, auf der ein gro­ßer roter Kreis mit einem knien­den Bogen­schüt­zen prangte.
Quel­len:
Hup­ke & Schrö­ter: Geschich­ten aus Lehe —
Kaf­fee­rös­te­rei Emil Schütz, Sei­te 33
Dr. Georg Bes­sell: Hei­mat­chro­nik der Stadt Bre­mer­ha­ven, Sei­te 265
Rai­ner  Dons­bach: Vol­les Röst­aro­ma aus Lehe, Nord­see-Zei­tung vom 21.10.2011
Kaf­fee­tra­di­ti­on e.V., 38820 Halberstadt

Das erste China-Restaurant in Bremerhaven

Das ers­te Chi­na-Restau­rant in Bremerhaven

Am 2. Juli 1945 ver­häng­te der dama­li­ge Regie­ren­de Bür­ger­meis­ter Erich Vagts für Bre­mer­ha­ven eine Zuzugs­sper­re. Haupt­säch­lich durch die Zer­stö­run­gen des Bom­ben­an­griffs vom 18.09.1944 herrscht hier eine gro­ße Woh­nungs­not. Am 27. Juni 1950 wird die Zuzugs­sper­re auf­ge­ho­ben. Da ver­lässt der mit einer deut­schen Frau ver­hei­ra­te­te Kauf­mann Chin Lo die Ham­bur­ger “Chi­ne­sen Kolo­nie” und lässt sich in der See­stadt nieder.

Eroeffnung China-Restaurant "Pacific" in Lehe

Am 24.03.1951 eröff­net Chin Lo in der Storm­stra­ße 41 das “Paci­fic”. Es ist eine ein­fa­che Gast­stu­be. Das “Paci­fic” hat noch nicht das Ambi­en­te, wie man es heu­te gewohnt ist. Aber es ist das ers­te Chi­na-Restau­rant in Bre­mer­ha­ven, unweit des Ver­gnü­gungs­vier­tels an der Rickmersstraße.

Kueche Restaurant "Shanghai"

Nur zwei Jah­re spä­ter gibt es in Bre­mer­ha­ven zwei wei­te­re chi­ne­si­sche Spei­se­re­stau­rants: Shu-Ka Ling eröff­net 1953 in der Fels­stra­ße das “Shang­hai”. Und gegen­über des neu­en Kinos “Ala­din” in der Rick­mer­stra­ße gibt Chin Lo sei­nem zwei­ten Restau­rant den Namen “Hong­kong”.

Speiseraum Restaurant "Shanghai"

Zunächst fan­den sich beim “Chi­ne­sen” See­leu­te und US-Sol­da­ten ein. Doch die gro­ßen Por­tio­nen zu güns­ti­gen Prei­sen lock­ten auch mehr und mehr Bre­mer­ha­ve­ner an. Bald galt es als “schick”, beim Chi­ne­sen essen zu gehen. So eröff­nen Anfang der 1960er Jah­re wei­te­re Restau­rants in Geest­e­mün­de und Lehe. Heu­te bie­ten in Bre­mer­ha­ven zwölf Chi­na-Restau­rants ihre Spei­sen an. Doch die einst schlich­ten Gast­stu­ben gibt es nicht mehr. Längst haben sie den Gour­met­tem­peln mit ihren lan­des­ty­pi­schen Ein­rich­tun­gen Platz gemacht.
Quel­len:
Jür­gen Rab­bel: “Chi­ne­sen erobern die Stadt”, Nord­see-Zei­tung vom 12.02.2015
Sil­ke Hell­weg: “Die Welt­kriegs­flücht­lin­ge waren nicht will­kom­men”, Weser-Kurier vom 27.09.2015
Dr. Hart­mut Bickel­mann: “Die Anfän­ge der chi­ne­si­schen Gas­tro­no­mie in Bre­mer­ha­ven”, Vor­trag im Casi­no der Weser-Elbe-Spar­kas­se am 10.02.2015

Die Geschichtswerkstatt Lehe erzählt

Die Geschichts­werk­statt Lehe erzählt

Regel­mä­ßig tref­fen sich die Mit­glie­der der Geschichts­werk­statt Lehe, die der Kul­tur­wis­sen­schaft­ler Dr. Burk­hard Her­ge­sell im Jah­re 2006 gegrün­det hat. Heu­te sind es rund ein Dut­zend Hob­by­his­to­ri­ker, die Geschich­ten aus einer Zeit zusam­men­tra­gen, in der es Lehe noch gut ging.Die Geschichtswerkstatt Lehe erzähltIn den Jah­ren 1880 bis 1914 ent­stand in Lehe ein Wohn­quar­tier, dass heu­te als Goe­the­stra­ßen-Quar­tier bekannt ist. “Es kamen täg­lich Leu­te an, woll­ten ihren Fami­li­en ein bes­se­res Leben ermög­li­chen”, so Dr. Her­ge­sell im Sonn­tags­jour­nal vom 04.01.2015. Die um die Wen­de zum zwan­zigs­ten Jahr­hun­dert vor­herr­schen­de posi­ti­ve Grund­hal­tung der Zuwan­de­rer ist lei­der längst ver­flo­gen. Woh­nungs­leer­stän­de und Schrott­im­mo­bi­li­en prä­gen heu­te das Bild rund um die Goe­the­stra­ße. Doch wenn die sehr dif­fe­ren­zier­te sozia­le Schich­tung in die­sem Gebiet auch nicht ein­fach ist, vie­le hier leben­de Men­schen möch­ten sich für “ihr” Quar­tier posi­tiv enga­gie­ren.Die Geschichtswerkstatt Lehe erzähltSo tref­fen sich die Mit­glie­der der Geschichts­werk­statt Lehe alle vier­zehn Tage im Treff­punkt “Kog­ge” in der Goe­the­stra­ße 23. Die Tref­fen sind aber nicht dem all­ge­mei­nen Zeit­ver­treib gewid­met. Hier wird ernst­haft die Geschich­te des Stadt­teils Lehe auf­ge­ar­bei­tet. Geschich­ten aus der Zeit, als Lehe noch ein boo­men­der Stadt­teil war, wer­den erin­nert und zusammengetragen.

Im Jah­re 1800 war Lehe noch eine klei­ne Gemein­de mit nur 1.300 Ein­woh­nern. Die indus­tri­el­le Revo­lu­ti­on spül­te aber auch nach Lehe Men­schen, die in den neu­en Werf­ten, Fabri­ken und Hafen­an­la­gen Arbeit fan­den. Im Jah­re 1900 hat­ten in Lehe, die 1920 eine kreis­freie Stadt wur­de, 28.000 Ein­woh­ner ihre Heimat.

Die fast ver­ges­se­nen Ein­zel­schick­sa­le der Men­schen die­ser Stadt und die­ser Zeit wie­der­be­le­ben, dass ist das Ziel der Mit­glie­der der Geschichts­werk­statt Lehe. Die klei­nen Geschich­ten der ein­zel­nen Men­schen wer­den ein­ge­bet­tet in die gro­ße Geschich­te jener Zeit und in die sozia­len Ver­hält­nis­se, die damals unab­än­der­lich das Leben der Kin­der und Erwach­se­nen, der Män­ner und Frau­en bestimm­ten.Die Geschichtswerkstatt Lehe erzähltIn der Geschichts­werk­statt denkt man auch dar­über nach, wie man das Quar­tier Goe­the­stra­ße wie­der auf­wer­ten könn­te. Als ers­ten Schritt hat  im ver­gan­ge­nen Jahr eine für das Quar­tier Goe­the­stra­ße zustän­di­ge Quar­tier­ma­na­ge­rin ihre Arbeit auf­ge­nom­men. Sie soll eng mit der Immo­bi­li­en­wirt­schaft zusam­men­ar­bei­te und dafür Sor­ge tra­gen, dass das Quar­tier wie­der als Wohn­ge­biet attrak­tiv wird.
Quel­len:
Sonn­tags­jour­nal vom
04.01.2015
geschichtswerkstatt-lehe.de
burkhard-hergesell.de
meinlehe.de
esglehe.de

 

Das Restaurant Delphin in der ehemaligen Leher Deichstraße

Die Leher Stra­ße “Auf den Sül­ten” wur­de um 1860 ange­legt. Sie ist eine der ers­ten öst­li­chen Sei­ten­stra­ße der mitt­le­ren Hafen­stra­ße. Der Name geht zurück auf eine Salz­sie­de­rei, die ein Bre­mer Bür­ger im Jah­re 1550 an der Gees­te anleg­te. Das Wort Sül­ten bedeu­tet Sulfhaus, also Salz­haus. Damit kann auch ein Lager­haus für impor­tier­tes Salz gemeint sein.

Auf den Sülten mit Blick zur Hafenstraße

Heu­te ist es nahe­zu in Ver­ges­sen­heit gera­ten, dass die Stra­ße einst den Namen “Deich­stra­ße” trug. Erst als im Jah­re 1925 aus die Orte Geest­e­mün­de und Lehe  zur Stadt Weser­mün­de wur­den, bekam die Stra­ße den Namen “Auf den Sülten”.

Auf den Sülten in Bremerhaven Lehe| Blick Richtung Geeste

Noch bis heu­te ist die Stra­ße eine beschau­li­che Gas­se mit einem Fahr­weg aus roman­ti­schem Kopf­stein­pflas­ter geblie­ben. Am öst­li­chen Aus­gang der Gas­se kommt man auf die Werft­stra­ße, in der sich in den spä­ten 1870er Jah­ren eine klei­ne Boots­werft ange­sie­delt hat – die spä­te­re Del­phin-Werft.  Und hier, an der Eimün­dung der Deich­stra­ße in die Werft­stra­ße steht das Eck­haus mit der ehe­ma­li­gen Anschrift Deich­stra­ße Nr. 17.

Um 1910 Auf den Sülten in Lehe

Foto: Stadt­ar­chiv Bremerhaven

Die Gast­stät­te, die sich im Erd­ge­schoss des Hau­ses befand, hieß “Restau­rant Del­phin” ‑gleich gegen­über befand sich ja die “Del­phin-Werft”. Bis 1927 führ­te ein bekann­ter Maler das Lokal, dann über­nahm es eine Wit­we, die es bis 1938 führ­te. Das Lokal soll noch bis min­des­tens 1962 bewirt­schaf­tet wor­den sein.

Restaurant Delphin in Lehe

An den Bil­dern kann man erken­nen, dass das sanier­te Gebäu­de — viel­leicht im Rah­men der Sanie­rungs­maß­nah­men — sein Türm­chen ver­lo­ren hat. Das “Restau­rant Del­phin” gibt es nicht mehr.
Quel­len:
Peter Raap: Nie­der­deut­sches Hei­mat­blatt Nr. 728 vom August 2010
Her­bert Kört­ge: Die Stra­ßen­na­men der See­stadt Bremerhaven

Ein Schutzengel für den Leher Verein “Rückenwind”

Es schien so, als wür­de der Leher Ver­ein “Rücken­wind” sei­ne Arbeit ein­stel­len müs­sen. Fünf Ange­stell­te sol­len ihre Kün­di­gung bereits erhal­ten haben. So war es jeden­falls am 09.07.2014 in der Nord­see-Zei­tung zu lesen. Dabei hat­ten alle Ange­stell­te bereist Opfer gebracht und auf die Hälf­te ihres Gehal­tes verzichtet.

Rückenwind

Rücken­wind für Leher Kin­der e.V.“ ent­stand im August 2003 als gemein­nüt­zi­ger Ver­ein auf Initia­ti­ve von Erwerbs­lo­sen, Rent­nern und Pen­sio­nä­ren unter­schied­li­cher Natio­na­li­tä­ten aus päd­ago­gi­schen, hand­werk­li­chen und künst­le­ri­schen Beru­fen. Sie alle woll­ten mit Kin­dern aktiv wer­den und arbei­ten für den Ver­ein ehren­amt­lich. Dank vie­ler Spen­den und der finan­zi­el­len Unter­stüt­zung der Stadt Bre­mer­ha­ven mit 30.000 Euro pro Jahr konn­te der Ver­ein fünf Fach­leu­te als fes­te Mit­ar­bei­ter gewinnen.

Seit 2009 nimmt die Spen­den­be­reit­schaft rapi­de ab. Es sind nur noch 29.000 Euro in der Ver­eins­kas­se. Um die 60 bis 80 Kin­der ver­nünf­tig betreu­en und ihnen täg­lich eine war­me Mahl­zeit anbie­ten zu kön­nen, benö­tigt “Rücken­wind” jähr­lich etwa 180.000 Euro. Auch die Kos­ten für Mie­te, Gehäl­ter, Hono­rar­kräf­te, Ener­gie, Pro­jekt­ta­ge und Son­der­ak­tio­nen müs­sen hier­von bezahlt wer­den. Für das Jahr 2015 rech­net der Ver­ein mit einem Fehl­be­trag von 150.000 Euro. So scheint eine Auf­lö­sung des Ver­eins bis zum Jah­res­en­de unausweichlich.

Aber jetzt scheint der Him­mel extra für den Ver­ein einen spe­zi­el­len Schutz­en­gel abge­stellt zu haben. Der Kri­sen­be­richt in der Nord­see-Zei­tung hat bei vie­len Bür­gern Gehör gefun­den. Aus dem gesam­ten Bun­des­ge­biet sol­len sich Men­schen gemel­det haben, die den für die­ses schwie­ri­ge Wohn­vier­tel so wich­ti­gen Ver­ein unter­stüt­zen wol­len. “Ich wer­de einen Dau­er­auf­trag von hun­dert Euro monat­lich für Rücken­wind ein­rich­ten. Die Leher Kin­der brau­chen es“, soll ein ehe­ma­li­ger Bre­mer­ha­ve­ner auf die Face­book-Sei­te der Nord­see-Zei­tung notiert haben. Ein wei­te­rer Spen­der stellt fest: “Wenn Rücken­wind schlie­ßen muss, ist das ein Armuts­zeug­nis für die Stadt.”

Die Leis­tung des Leher Ver­eins hat in der Ver­gan­gen­heit bun­des­weit für Auf­se­hen gesorgt. Im Jahr 2009 wur­de Rücken­wind mit dem Bun­des­ver­dienst­kreuz aus­ge­zeich­net. Der Ver­ein “Rücken­wind für Leher Kin­der e.V.” freut sich über jede Unter­stüt­zung: Spen­den auf das Kon­to des För­der­ver­eins sind genau­so will­kom­men wie eine bei­trags­pflich­ti­ge Mit­glied­schaft im “Freun­des- und För­der­kreis Rücken­wind e.V.”.

Die alte Schmiede in der Lange Straße 136 in Lehe

Als es noch Pfer­de­fuhr­wer­ke gab, war auch die nächs­te Schmie­de nicht weit. Hufe muss­ten beschla­gen und Pfer­de­wa­gen repa­riert wer­den. Ein Schmied hat­te in die­ser Zeit gut zu tun. Auch in Lehe war das bis in die 1930er Jah­re so. Lang­sam ver­dräng­ten aber die Auto­mo­bi­le mehr und mehr die Pfer­de­ge­span­ne, und die Schmie­de­meis­ter muss­ten sich ande­re Betä­ti­gungs­fel­der suchen.

1957 notier­te die Nord­see-Zei­tung, dass in der Stadt Bre­mer­ha­ven in den letz­ten 10 Jah­ren 7 Betrie­be geschlos­sen haben und es nun nur noch 5 Schmie­den gibt. Und eine die­ser Schmie­den befand sich in der Lan­ge Stra­ße 136 in Lehe, genau dort, wo heu­te ein gro­ßer Wohn­block das Stra­ßen­bild dominiert.

Heu­te weiß wohl nie­mand mehr so genau, wann an die­ser Stel­le die ers­te Schmie­de ent­stand. Der aus Imsum stam­men­de letz­te Schmied Hein­rich Bock­hop erwähn­te im Jah­re 1956 gegen­über der BBZ, dass sei­ne wind­schie­fe und ruß­ge­schwärz­te Schmie­de wohl schon 200 Jah­re alt sei. Alten Auf­zeich­nun­gen zufol­ge soll der ers­te hier täti­ge Schmie­de­meis­ter der mit Rebec­ca See­beck ver­hei­ra­te­te Johann Diede­rich Wes­sel gewe­sen sein. Der Sohn Johann Died­rich Wes­sel hei­ra­te­te am 10. August 1821 Rebec­ca Erichs. Johann Died­rich Wes­sel ließ sich 1856 ein Wohn­haus, eine Schmie­de und einen Wagen­schup­pen bau­en. Am 5. April 1856 starb Johann Died­rich, und sein am 14. Dezem­ber 1827 in Lehe gebo­re­ner Sohn Chris­toph führ­te die Schmie­de nun weiter.

Chris­toph Wes­sel hei­ra­te­te am 2. Mai 1862 Min­chen Mei­er. Aus die­ser Ver­bin­dung gin­gen sie­ben Kin­der her­vor, dar­un­ter als zweit­äl­tes­te Kind der am 19.01.1865 gebo­re­ne Jun­ge Johann Diede­rich. Als der Vater Chris­toph im Jah­re 1876 ver­starb, über­nahm tra­di­ti­ons­ge­mäß der Sohn die Schmie­de und beschäf­tig­te vie­le Gesel­len, die sich wäh­rend ihrer damals übli­chen Wan­der­jah­re vor­über­ge­hend in Bre­mer­ha­ven auf­hiel­ten. Einer die­ser “Wan­der­bur­schen” war der aus Din­gen stam­men­de Schmie­de­ge­sel­le Hein­rich Bockhof.

Johann Diede­rich ver­kauf­te sei­ne Schmie­de etwa 1920 an die Fir­ma “Hen­schen und Jans­sen – Huf­be­schlag, Wagen­bau und Schlos­se­rei. Bereits fünf Jah­re spä­ter über­nahm die Klemp­ner­fir­ma Gebrü­der Bohn­hardt die Schmie­de, behiel­ten sie aber eben­falls nur für eine kur­ze Zeit.

In die­sen Jah­ren hat­te der Schmie­de­ge­sel­le Hein­rich Bock­hop gehei­ra­tet und mit sei­ner Ehe­frau Wil­hel­mi­ne Sud­hop sei­ne Söh­ne Hein­rich und Her­mann bekom­men. Er leg­te sei­ne Prü­fung zum Schmie­de­meis­ter ab, und als die Schmie­de 1931 von der Klemp­ner­fir­ma Gebrü­der Bohn­hardt zum Ver­kauf ange­bo­ten wur­de, griff er zu. Finan­zi­ell waren es schwie­ri­ge Anfangs­jah­re für den neu­en Betriebs­in­ha­ber. Als der Krieg aus­brach und die Gesel­len zum Kriegs­dienst ein­ge­zo­gen wur­den, fehl­ten Hein­rich Bock­hop auch noch die hel­fen­den Hände.

Nach dem Krieg waren die Auf­trags­bü­cher wie­der gut gefüllt. Allent­hal­ben muss­te etwas repa­riert oder ange­fer­tigt wer­den, und auch Hufe wur­den wie­der beschla­gen. In der Schmie­de wur­den nun zwei Gesel­len beschäf­tigt, der Sohn Hein­rich und Max West. In der Schmie­de­es­se brach­ten sie die Huf­ei­sen zum Glü­hen und pass­ten es den Pfer­den an. Wenn das glü­hen­de Eisen mit dem Huf des Pfer­des in Berüh­rung kam, zisch­te es gewal­tig und ein Geruch von ver­brann­tem Horn erfüll­te die Umge­bung. Die Schmie­de war ein ste­ter Aben­teu­er­platz der Nachbarschaftskinder.

Mietwohnblock in Lehe, Lange Strasse 136

Foto: 03.06.2014, Her­mann Schwiebert

Hein­rich Bock­hop war bereits 76 Jah­re alt, als er sich aus dem Schmie­de­be­trieb zurück­zog. Als er 1965 starb, gab es die Schmie­de schon nicht mehr. Sie wur­de 1964 abge­ris­sen. Und schon kurz dar­auf erstell­te eine Bau­ge­sell­schaft an die­sem Ort einen gro­ßen Wohn­block mit Mietwohnungen.

Quel­len:
Peter Raap: Nie­der­deut­sches Hei­mat­blatt Nr. 760 vom April 2013
Peter Raap: Nie­der­deut­sches Hei­mat­blatt Nr. 772 vom April 2014
Hans Klaus­ter­mey­er: Erin­ne­run­gen – Lan­ge Stra­ße (1924–2014)

Nach­trag vom 30.10.2014
Der Deich­SPIE­GEL bedau­ert sehr, dass er auf Drän­gen von Peter Raap  zwei Zeich­nun­gen, die die Schmie­de zeig­ten, aus Grün­den des Urhe­ber­rechts ent­fer­nen muss­te und sei­nen inter­es­sier­ten Lese­rin­nen und Lesern lei­der nicht mehr zur Ver­fü­gung stel­len darf.

Lehe bekommt endlich einen Stadtteilmanager

Die Stand­ort­ma­na­ger in der Alten Bür­ger und in der Georg­stra­ße haben gezeigt, dass es mög­lich ist: Einen Stadt­teil nach vor­ne brin­gen durch den Auf­bau einer Quar­tiers­meis­te­rei, die sich dar­um küm­mert, ver­schie­de­ne Akteu­re eines Stadt­teils mit­ein­an­der zu ver­net­zen, die Ver­samm­lun­gen und Ver­an­stal­tun­gen orga­ni­sie­ren und die sich um die Öffent­lich­keits­ar­beit kümmern.

Quartiersmeister gesucht

Nun soll auch Bre­mer­ha­vens größ­ter Stadt­teil Lehe einen Mana­ger bekom­men. Vor etwa einer Woche wur­de die bis zum 31.12.2014 befris­te­te Stel­le ausgeschrieben.

Körnerstraße

Beson­ders um das schwie­ri­ge Goe­the­quar­tier soll sich der neue Quar­tiers­ma­na­ger küm­mern. Die Arbeits­be­din­gun­gen und das gesam­te Leben in der Goe­the­stra­ße und in den angren­zen­den Neben­stra­ßen sol­len ver­bes­sert und attrak­ti­ver gestal­tet wer­den. Vie­le Schrott­im­mo­bi­li­en war­ten auf eine Sanie­rung oder auf einen Abriss. Die Ein­bruchs- und Dieb­stahl­quo­te ist in die­sem Gebiet beson­ders hoch.

Lutherstrasse 24

Vom Quar­tiers­ma­na­ger wird erwar­tet, dass er gemein­sam mit den hier ansäs­si­gen Bür­gern und in Zusam­men­ar­beit mit ver­schie­de­nen Insti­tu­tio­nen Ideen ent­wi­ckeln wird, mit deren Umset­zung dann  Lösun­gen  zur Besei­ti­gung der schwie­ri­gen Pro­ble­me   mög­lich werden.

Schrottimmobilie

Vor­teil­haft für die­se schwie­ri­ge Auf­ga­be wäre es, wenn die vakan­te Posi­ti­on mit einer Per­son besetzt wer­den wür­de, die das Quar­tier Goe­the­stra­ße bereist gut kennt. Auf jeden Fall wird als Anlauf­punkt ein Büro in einem leer­ste­hen­den Laden­lo­kal her­ge­rich­tet. Für das Pro­jekt hat das Dezer­nat für kom­mu­na­le Arbeits­markt­po­li­tik 50.000 Euro bereit­ge­stellt, wei­te­re 95.000 Euro ste­hen aus EU-Mit­teln zur Verfügung.

Goethestraße Ecke Uhlandstraße

Bereits seit Jah­res­an­fang küm­mert sich im Auf­trag der Stadt Die­ter Rehr­behn um ver­nach­läs­sig­te Häu­ser  in die­sem Gebiet. Die­ter Rehr­behn, ein gelern­ter Spe­di­teur und Soft­ware­ent­wick­ler, ist ein lei­den­schaft­li­cher Fan der Grün­der­zeit­ar­chi­tek­tur. Als Quer­ein­stei­ger hat er die Auf­ga­be über­nom­men, die Besit­zer von Schrott­im­mo­bi­li­en zu ermit­teln, die rund um den Leher Pau­sen­hof und der Astrid-Lind­gren-Schu­le bele­gen sind. Hat er einen Eigen­tü­mer aus­fin­dig gemacht, wird er in einem per­sön­li­chen Gespräch ver­su­chen, die­sen zu  moti­vie­ren, sei­ne Immo­bi­le zu sanie­ren und so vor einem Ver­fall zu bewah­ren. Lässt sich ein Eigen­tü­mer über­zeu­gen, wird Die­ter Rehr­behn ihm mit Rat und Tat zur Sei­te ste­hen. Er berät bei Ver­kaufs­ver­hand­lun­gen und mode­riert bei even­tu­ell erfor­der­li­chen Gesprä­chen mit den Schuld­ner­ban­ken. In die­ser Pha­se ver­zich­tet die Stadt dar­auf, von den recht­li­chen Mög­lich­kei­ten, die ihr im Kampf gegen Spe­ku­lan­ten und vom Ver­fall bedroh­ten Immo­bi­li­en zur Ver­fü­gung ste­hen, Gebrauch zu machen.

Bei der Bekämp­fung von Schrott­im­mo­bi­li­en hat sich Bre­mer­ha­ven bun­des­weit “einen Namen gemacht”. Stadt­pla­ner aus Gel­sen­kir­chen haben sich kürz­lich hier vor Ort infor­miert, wel­che Instru­men­te die See­stadt ein­setzt. Der Bre­mer­ha­ve­ner Weg, ein­zel­ne Schrott­im­mo­bi­li­en mit einem Vor­kaufs­recht der Stadt zu belas­ten, gefiel den Gäs­ten aus Gel­sen­kir­chen beson­ders gut. Die­se Mög­lich­keit fan­den sie effek­ti­ver und kos­ten­güns­ti­ger als eine Paket­lö­sung, bei der pau­schal ein gan­zes Vier­tel mit einem Vor­kaufs­recht belegt wird.
Quel­len:
Sonn­tags­jour­nal vom 18.05.2014
Sonn­tags­jour­nal vom 08.02.2014
Nord­see-Zei­tung vom 12.04.2014
Nord­see-Zei­tung vom 25.01.2014