Kategorie: Geschichte

Von Wursten nach Amerika — Arbeit und Reichtum lockten

1866 muss­te die han­no­ver­sche Armee im Deut­schen Krieg gegen­über den preu­ßi­schen Trup­pen kapi­tu­lie­ren. Preu­ßen ent­thron­te die Wel­fen und annek­tier­te das König­reich Han­no­ver, das damit sei­ne Unab­hän­gig­keit ver­lor. Aus dem han­no­ver­schen Mili­tär wur­de das preu­ßi­schen X. Armee-Korps gebil­det.

Von Wursten nach Amerika

Wir treu­en Han­no­ve­ra­ner wol­len kei­ne preu­ßi­schen Sol­da­ten wer­den, deren Drill ist doch allen zu hart”, sind die über­lie­fer­ten Wor­te des Wre­mer Rudolf Theo­dor Lüt­jens. Und so zogen es auch vie­le Bewoh­ner des Lan­des Wurs­ten vor, ihrer Hei­mat den Rücken zu keh­ren und nach Ame­ri­ka auszuwandern.

In der Aus­ga­be vom 21. Janu­ar 1882 berich­te­te das Wurs­ter Wochen­blatt, dass “die Aus­wan­de­rung aus Wurs­ten nach Ame­ri­ka immer grö­ße­re Dimen­sio­nen annimmt. Außer vie­len Jugend­li­chen besteht die Zahl der Aus­wan­de­rer in letz­ter Zeit vor­wie­gend aus ver­hei­ra­te­ten Arbei­tern”. Die Haupt­ur­sa­che such­te die Zei­tung “in der Tat­sa­che des hier herr­schen­den Arbeitsmangels”.

Auswanderer

Die Aus­wan­de­rungs­wel­le stell­te für die preu­ßi­sche Armee ein gro­ßes Pro­blem dar, und die preu­ßi­schen Ver­ord­nun­gen beson­ders jun­gen Män­nern gegen­über wur­den erheb­lich ver­schärft. Das Wurs­ter Wochen­blatt wuss­te am 27. Juli 1867 zu berich­ten, dass sich kurz vor der Abfahrt ein ame­ri­ka­ni­scher Kapi­tän wei­ger­te, zwei kräf­ti­ge jun­ge Wurs­ter einem preu­ßi­schen Offi­zier aus­zu­lie­fern. Es bedurf­te der Dro­hung des Offi­ziers, das Schiff “mit Kano­nen in den Grund zu boh­ren”, damit der Kapi­tän ein­lenk­te und die bei­den Aus­wan­de­rer aus­lie­fer­te. Per­so­nen, die das Land ver­las­sen haben, um sich dem Mili­tär­dienst zu ent­zie­hen, konn­ten sich inner­halb von sechs Mona­ten den Behör­den stel­len. Nur dann soll­te ihnen auf­grund eines “Gna­den­er­las­ses” “Par­don gewährt werden”.

Auswanderer

Den­noch, der Haupt­grund für das enor­me Anwach­sen der Zahl der aus­wan­de­rungs­wil­li­gen Deut­schen lag nicht pri­mär im poli­ti­schen Bereich. Viel­mehr waren es die wirt­schaft­li­chen Nöte, dass Ende der 1860er Jah­re hun­dert­tau­sen­de Deut­sche ihre Hei­mat für immer ver­lie­ßen. Der nord­ame­ri­ka­ni­sche Bür­ger­krieg war 1865 been­det wor­den, und in den USA begann ein wirt­schaft­li­cher Auf­schwung. In den 1866 preu­ßisch gewor­de­nen Län­dern wie Hes­sen und Han­no­ver (Land Wurs­ten) flüch­te­ten vie­le jun­ge Men­schen förm­lich vor Steu­er­erhö­hun­gen und Ver­län­ge­rung der Wehrpflicht.

Auswanderer

So such­ten mehr und mehr Men­schen ihr Glück im “weit­hin gelob­ten Land Ame­ri­ka”, um der Arbeits­lo­sig­keit zu ent­kom­men. Ande­re wie­der­um woll­ten ein­fach das schnel­le Geld machen und hat­ten gro­ße Träu­me. Es kur­sier­te näm­lich das Gerücht, dass es in Ame­ri­ka für alle genü­gend Arbeit gäbe und man sehr viel Geld ver­die­nen kön­ne. So prahl­te der Wre­mer Hein­rich Wede­kind bereits im Früh­jahr 1839, dass er jetzt sei­ne Sachen packen wol­le um über den gro­ßen Teich nach Ame­ri­ka aus­zu­wan­dern: “Das Gold liegt dort auf den Stra­ßen, wenn ich wie­der­kom­me, kau­fe ich mir einen Bau­ern­hof”, soll er sich ver­ab­schie­det haben. Nie­mand hat ihn jemals wie­der gesehen.

Auswanderer

Und so bezwei­fel­te auch die in Ham­burg erschei­nen­de Zei­tung “Omni­bus” in einem Arti­kel über die Aus­wan­de­run­gen, “dass sich alle Wün­sche auch wirk­lich erfül­len wer­den”. Aber nie­mand ließ sich von die­sen Zweif­lern auf­hal­ten. “Die tätigs­ten und kräf­tigs­ten Per­so­nen wan­dern nach Ame­ri­ka aus”, resi­gnier­te 1871 der Wre­mer Pas­tor Juli­us Schünemann.

Am 5. Febru­ar 2014 wuss­te die Nord­see-Zei­tung zu berich­ten, dass es tat­säch­lich vie­le Wurs­ter in den USA zu Wohl­stand gebracht haben. So soll der Aus­wan­de­rer Johann Lübs aus Wre­men 1880 nach Sav­an­nah im süd­li­chen US-Statt Geor­gia aus­ge­wan­dert und dort durch Immo­bi­li­en­ge­schäf­te zu gro­ßem Wohl­stand gekom­men sein. Er selbst habe im Zen­trum der Stadt Sav­an­nah eine Vil­la mit 22 Zim­mern bewohnt.

Quel­len:
Nord­see-Zei­tung vom 05.02.2014
de.wikipedia.org
Anja Ben­scheid und Alfred Kube:
Brü­cke nach Über­see, Sei­te 33
ISBN 3- 86509–501‑1
His­to­ri­sches Muse­um Bre­mer­ha­ven
Deut­sches Auswandererhaus

Sie haben den Holocaust überlebt – Deutsches Auswandererhaus kauft Bilderserie

Der am 30. März 1921 in Lin­dau am Boden­see gebo­re­ne ame­ri­ka­ni­sche  Foto­graf Cle­mens Kali­scher hat den Holo­caust über­lebt und in den Jah­ren 1947 und 1948 einen Bil­der­zy­klus erschaf­fen, dem er den Namen “Dis­pla­ced Per­sons” gab. Es ist ein foto­gra­fi­sches Erin­ne­rungs­werk über Men­schen, die den Holo­caust eben­falls über­lebt haben. Nun hat das Deut­sche Aus­wan­der­er­haus die Bil­der­se­rie erwor­ben und wird sie ab Mit­te Juli ausstellen.

Die Serie umfasst 30 ori­gi­na­le groß­for­ma­ti­ge Sil­ber­ge­la­ti­ne-Abzü­ge und zeigt die Ankunft von Holo­caust-Über­le­ben­den am Hafen von New York. Nach dem Ende des Zwei­ten Welt­krie­ges waren ins­ge­samt 550.000 Dis­pla­ced Per­sons über Bre­mer­ha­ven in die USA ausgewandert.

Displaced Persons von Kalischer

Ein grei­ses Paar steht an der Schiffs­re­ling und rich­tet sei­nen Blick gera­de­aus. Es ist im Halb­pro­fil zu sehen. Lie­be­voll umarmt er sei­ne Frau und deu­tet mit dem rech­ten Zei­ge­fin­ger nach vor­ne in Rich­tung Man­hat­tan. Erleich­te­rung, Hoff­nung und Zuver­sicht erstrahlt aus bei­den Gesich­tern, in denen ansons­ten das Leid der ver­gan­ge­nen Jah­re geschrie­ben steht. Sei­ne Hän­de ver­ra­ten, dass er schwer gear­bei­tet hat. Doch nun scheint es über­stan­den, ein neu­er Lebens­ab­schnitt kann beginnen.

Als “Dis­pla­ced Per­sons“ hat das Paar 1948 den Hafen von New York erreicht. Wie Hun­dert­tau­sen­de ande­re, vor allem ost­eu­ro­päi­sche ehe­ma­li­ge jüdi­sche KZ-Häft­lin­ge, Zwangs­ar­bei­ter und Kriegs­ge­fan­ge­ne auch, sind sie nach dem Zwei­ten Welt­krieg in die USA gezo­gen, weil sie nicht in Euro­pa blei­ben woll­ten. Der deutsch­stäm­mi­ge Foto­graf Cle­mens Kali­scher, der 1933 sel­ber mit sei­ner jüdi­schen Fami­lie aus Euro­pa geflüch­tet war, hat die­se noch hei­mat­lo­sen Men­schen bei ihrer Ankunft in der Nähe von Bat­tery Park foto­gra­fiert. Dar­aus ent­stand der 30 Bil­der umfas­sen­de Zyklus “Dis­pla­ced Per­sons“, einer der ers­ten Seri­en des jun­gen Foto­gra­fen, der spä­ter für so renom­mier­te Publi­ka­tio­nen wie “News­week“ und “New York Times“ arbei­ten sollte.

Displaced Persons von Kalischer

Ein Paar in inni­ger Umar­mung. Er hält sie mit bei­den Hän­den fest, die Hüte ver­ber­gen die Gesich­ter. Es könn­te ein trau­ri­ger Abschied sein. Doch das Lächeln des in der Nähe ste­hen­den und die Sze­ne beob­ach­ten­den Pas­san­ten ver­rät, dass es sich um ein dank­ba­res, erleich­ter­tes Wie­der­se­hen han­deln muss.

Es gibt sehr weni­ge Künst­ler, die sich mit den Dis­pla­ced Per­sons so inten­siv aus­ein­an­der­ge­setzt haben wie Cle­mens Kali­scher. Sei­ne eige­ne Flucht als Jude vor dem natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Ter­ror, sei­ne Jah­re als Zwangs­ar­bei­ter in Frank­reich und sei­ne Ein­wan­de­rung in die USA 1942 spiel­ten eine gro­ße Rol­le im Umgang mit den hei­mat­lo­sen Über­le­ben­den des Holo­caust“, erklär­te Dr. Simo­ne Eick, Direk­to­rin des Deut­schen Aus­wan­der­er­hau­ses Bre­mer­ha­ven, bei der Vor­stel­lung der Foto­gra­fien. Das Muse­um hat den Zyklus jüngst für sei­ne Samm­lung erwor­ben. Er ergänzt die bereits in der Muse­ums­samm­lung vor­han­de­nen bio­gra­fi­schen Kon­vo­lu­te von Dis­pla­ced Persons.

Displaced Persons von Kalischer

Umar­mun­gen sind ein wie­der­keh­ren­des Motiv in der Serie, eben­so wie zwi­schen Kof­fern Sit­zen­de und War­ten­de – und Bli­cke vol­ler Erschöp­fung, aber auch Neu­gier auf das, was jetzt kom­men mag.

1921 in Lin­dau am Boden­see gebo­ren, war Cle­mens Kali­scher in den 1940er Jah­ren sel­ber noch ein Frem­der in New York. Wann auch immer nach dem Zwei­ten Welt­krieg ein Schiff ankam, ging er zum Hafen und mach­te Fotos. In einem Inter­view sag­te er ein­mal: „Ich sah die Angst und die Erwar­tun­gen in den Gesich­tern der Män­ner, Frau­en und Kin­der, und ich konn­te wirk­lich mit ihnen mit­füh­len, weil ich das glei­che erlebt hat­te. […] Ich war irgend­wie einer von ihnen und sie fühl­ten es, sie wuss­ten, dass ich nicht nur ein neu­gie­ri­ger Jour­na­list war.“ Cle­mens Kali­scher inter­pre­tiert und kom­men­tiert nicht – der Foto­graf hält Sze­nen und Men­schen fest, die der Betrach­ter nicht kennt, deren Geschich­ten er aber auto­ma­tisch wei­ter­zu­den­ken versucht.

Umar­mun­gen sind ein wie­der­keh­ren­des Motiv in der Serie, eben­so wie zwi­schen Kof­fern Sit­zen­de und War­ten­de – und Bli­cke vol­ler Erschöp­fung, aber auch Neu­gier auf das, was jetzt kom­men mag.

Das Deut­sche Aus­wan­der­er­haus Bre­mer­ha­ven stellt die Fotos im Rah­men der Son­der­aus­stel­lung “Dis­pla­ced Per­sons. Über­le­ben­de des Holo­caust 1938 – 1951“ vom 14. Juli bis 30. Novem­ber 2014 aus.

Fotos: C. Kali­scher, © Samm­lung Deut­sches Auswandererhaus

Quel­le:
Deut­sches Aus­wan­der­er­haus Bremerhaven

Der unehrbare Beruf eines Scharfrichters in Görlitz

Da wie­der viel über die Geschich­te des Scharf­rich­ters in Gör­litz und auch über den früh­mo­der­nen Stän­de­staat am Diens­tag, 11. Febru­ar 2014, um 17 Uhr  im Rats­ar­chiv zu erfah­ren ist, möch­te ich die Inter­es­sier­ten unter Euch mit die­sem  Bei­trag kurz auf das The­ma einstimmen.

Das blu­ti­ge Gewer­be des städ­ti­schen Hen­kers erweck­te schon immer aus den ver­schie­dens­ten Grün­den ein Inter­es­se bei einem brei­ten Publi­kum. Aller­dings erfährt aus den Gör­lit­zer Akten, dass die Auf­ga­be des Hen­kers nur zu einem klei­nen Teil so schreck­li­che Ver­rich­tun­gen wie pein­li­che Befra­gun­gen (Fol­ter), Lei­bes­stra­fen oder Hin­rich­tun­gen aus­mach­ten. Sein Brot­er­werb ver­dien­te er sich haupt­säch­lich damit, totes Vieh aus der Stadt und dem Umland zu schaf­fen. Die Fel­le, Kno­chen (Leim) und das Fett (Unschlitt­ker­zen = Ker­zen aus min­der­wer­ti­gem Talg) durf­te er verwerten.

Auch war er dafür ver­ant­wort­lich, dass sei­ne Gehil­fen aus den Gas­sen alles  “Unge­zie­fer und alle stin­ken­den Mate­ri­en“ weg­schaf­fen und die Abtrit­te auf dem Rat­haus räu­men. Aber der Scharf­rich­ter war auch “Hun­de­schla­ger”. Her­um­streu­en­de Hun­de fing er ein, erschlug sie und mach­te “Hun­de­schmalz” aus ihnen, eine Sal­be für hin­ken­de Pfer­de, die ihn einen guten Zuver­dienst einbrachte.

Der bekann­tes­te Gör­lit­zer Scharf­rich­ter war wohl der von 1602 – 1694 leben­de Lorenz Straß­bur­ger. Durch sei­nen täg­li­chen Umgang mit Tie­ren hat er sich umfang­rei­che ana­to­mi­sche Kennt­nis­se ange­eig­net, die ihn zu einem aus­ge­zeich­ne­ten Bar­bier und Chir­urg befä­hig­ten. Und den­noch, der Sta­tus des Scharf­rich­ters blieb der eines uneh­ren­haf­ten Beru­fes, der gesell­schaft­lich auf der unters­ten Stu­fe ange­sie­delt war. Er muss­te einen grün gefärb­ten Hut tra­gen, Zutritt zu Wein­kel­ler und Bier­häu­ser blie­ben ihm versagt.

Vor 370 Jah­ren aber geschah etwas noch nie Dage­we­se­nes. Der 1592 gebo­re­ne Scharf­rich­ter Valen­tin Küh­ne – auch er war ein her­vor­ra­gen­der Arzt — starb ab 13. Febru­ar 1644. Sein Leich­nam wur­de im Scharf­rich­ter­haus am Fins­ter­tor auf­ge­bahrt. Anschlie­ßend wur­de er in einer Begräb­nis­pro­zes­si­on, ange­führt von den Gym­na­si­as­ten, durch Gör­litz geführt. Vie­le Hand­wer­ker und Rats­die­ner wie­sen dem Ver­bli­che­nen ihre Ehre, indem sie dem Sarg folg­ten. Auch zahl­rei­che frem­de Scharf­rich­ter in kost­ba­ren Män­teln befan­den sich im Trau­er­zug, der sich zur Klos­ter­kir­che beweg­te, wo der Ober­pfar­rer eine fei­er­li­che Lei­chen­pre­digt hielt.

Eigent­lich war die­ser Vor­gang unge­heu­er­lich. Doch die Wit­we des Ver­stor­be­nen hat den Stadt­rat ersucht, die Pro­zes­si­on zu erlau­ben. Und tat­säch­lich, der Rat gestat­te­te erst­mals einen bür­ger­li­chen Trau­er­zug für einen Mann mit einem als unehr­bar gel­ten­den Beruf. Dass vor und nach der Pre­digt an der Kir­chen­tür gesun­gen wird und das die Waa­ge­knech­te wie bei ehr­ba­ren Bür­gern den Sarg tra­gen, die­se Bit­ten wur­den aller­dings nicht erfüllt.

Beson­ders die außer­or­dent­li­che Kunst der Scharf­rich­ter Valen­tin Küh­ne und Lorenz Straß­bur­ger als Wund- und Ross­ärz­te mach­ten sie beim Adel und  ver­mö­gen­den Bür­ger­tum sehr beliebt. Aber obgleich bei­de sehr ver­mö­gend waren, hät­te kein Hand­wer­ker sei­nen Kin­dern gestat­tet, sich mit dem Kind eines Scharf­rich­ters zu ver­mäh­len. So blieb es nicht aus, dass sich in Sach­sen, Schle­si­en, Böh­men und der Ober­lau­sitz eine enge fami­liä­re Dynas­tie der Scharf­rich­ter herausbildete.
Quel­len:
Rats­ar­chi­var Sieg­fried Hoche vom Rats­ar­chiv Görlitz

Hen­ker­mu­se­um Sissach

Wer war Martin Ephraim?

Die Monats­zeit­schrift Stadt­BILD hat in ihrer Aus­ga­be Nr. 82 vom April 2010 einen Auf­satz von Dr. Ernst Kretz­schmar über Mar­tin Ephra­im veröffentlicht.

Im Ein­gangs­be­reich der Ober­lau­sit­zer Gedenk­hal­le mit Kai­ser-Fried­rich-Muse­um (Ruh­mes­hal­le) in der Gör­lit­zer Ost­stadt befand sich eine Tafel ‚”Den Wohl­tä­tern die­ses Muse­ums zum Ehren­ge­dächt­nis“. Unter den fünf Namen las man an ers­ter Stel­le Mar­tin Ephra­im (neben Dr. Wil­helm Klee­feld, Ernst von Was­serschle­ben, Gus­tav Hen­ne­berg und Erwin Lüders). Heu­te fin­det man dort nur noch das dar­über ange­brach­te (nach 1945 unkennt­lich gemach­te) Gör­lit­zer Stadtwappen.

Das Grab des Vaters, Kom­mer­zi­en­rat Les­ser Ephra­im (1820–1900), ist mit sei­nem gut erhal­te­nen Gedenk­stein auf dem Fried­hof der jüdi­schen Gemein­de zu sehen.

Nach der Gleich­stel­lung der Juden in Preu­ßen kam der in Posen gebo­re­ne Kauf­mann 1852 nach Gör­litz und eröff­ne­te Neiß­stra­ße 25 eine Eisen­wa­ren­hand­lung. Er lie­fer­te unter ande­rem die Eisen­bahn­schie­nen für die Stre­cke Ber­lin-Gör­litz-Zit­tau. 1860 erwarb er das Grund­stück Jakobstra­ße 5 für Woh­nung und Kon­tor; noch heu­te wird es von Tou­ris­ten wegen sei­nes präch­ti­gen Por­tals bewundert.

Lager­hal­le und Lager­platz an der Bahn­hof­stra­ße kamen 1885 hin­zu, ver­legt 1902 an einen Platz mit Gleis­an­schluss hin­ter dem Schüt­zen­haus an der Zit­tau­er Stra­ße. Belie­fert wur­den Eisen­bahn­bau, Schiffs­bau, Brü­cken­bau sowie die Säch­si­sche und Preu­ßi­sche Staats­bahn. Bau­ei­sen und Eisen­kon­struk­tio­nen fan­den bei uns Ver­wen­dung auch für bekann­te Neu­bau­ten vor 1914 (Kran­ken­haus, Neue Kaser­ne, Ruh­mes­hal­le, Akti­en­braue­rei, Stadt­hal­le, Kauf­haus, Stadttheater).

Martin Ephraim

Der Sohn des Betriebs­grün­ders, Mar­tin Ephra­im (1860–1944), wur­de am 23. März 1860 in Gör­litz gebo­ren, besuch­te hier das Gym­na­si­um Augus­tum und hielt sich nach der Lehr­zeit im väter­li­chen Unter­neh­men (ab 1878) meh­re­re Jah­re in Brüs­sel und Eng­land auf, um die neu­en Erfah­run­gen der Bran­che ken­nen­zu­ler­nen. 1883 trat er als Teil­ha­ber in die Gör­lit­zer Fir­ma ein, 1891 bis 1911 war er Inha­ber, nach der Umwand­lung in eine GmbH eini­ge Zeit deren Geschäfts­füh­rer. Seit 1921 leb­te er in Schrei­ber­hau im Riesengebirge.

1884 hei­ra­te­te er Hil­de­gard Rau­the, Toch­ter eines evan­ge­li­schen Stadt­ra­tes in Gör­litz. Die Ehe­leu­te hat­ten vier Kin­der, die Töch­ter Dora, Mari­an­ne und Vera und den Sohn Her­bert. Als königs­treu­er Preu­ße und Mit­glied der libe­ra­len jüdi­schen Gemein­de in Gör­litz nahm er am gesell­schaft­li­chen Leben der Stadt regen Anteil. Als Vor­stands­mit­glied im Musik­ver­ein berei­te­te er die Schle­si­schen Musik­fes­te mit vor, 1905 gehör­te er zu den Orga­ni­sa­to­ren der erfolg­rei­chen Nie­der­schle­si­schen Indus­trie- und Gewer­be­aus­stel­lung. Er för­der­te Sport­ver­ei­ne, ins­be­son­de­re in dem noch jun­gen Auto­mo­bil­sport. Als Stadt­ver­ord­ne­ter setz­te er sich ins­be­son­de­re für die gedie­ge­ne Ent­wick­lung der Süd­stadt ein.

Villa Ephraim Foto: Mys­li | Lizenz: GFDL

Mit sei­nem neu­en Wohn­haus Goe­the­stra­ße 17 (1907) setz­te er Maß­stä­be für die hohe Bau­kul­tur der Stadt Gör­litz vor 1914. Sei­ne außer­ge­wöhn­li­che beruf­li­che Erfah­rung und sei­ne kul­tu­rel­le Bil­dung mach­ten ihn zu einem gefrag­ten Mit­ge­stal­ter kom­mu­nal­po­li­ti­scher Fortschritte.

Sei­ne beson­de­re Lie­be galt dem Bau und der Aus­ge­stal­tung des neu­en städ­ti­schen Muse­ums (Ruh­mes­hal­le). Er stif­te­te eine der zwei Figu­ren­grup­pen von Hugo Lede­rer, die den Ein­gang flan­kie­ren, und die Mar­mor-Stand­bil­der von Bis­marck, Molt­ke und Roon von Har­ro Magnus­sen auf der Gale­rie, gab für den Ankaufs­fonds eine hohe Sum­me, kauf­te die Aus­stel­lungs­schrän­ke und eine wert­vol­le Samm­lung künst­le­ri­scher und kunst­ge­werb­li­cher Gegen­stän­de, die den Grund­be­stand des Muse­ums bil­de­ten. Gemäl­de und Skulp­tu­ren, Mess­ge­wän­der und Kel­che, Zunftal­ter­tü­mer, Waf­fen und Fah­nen, Glä­ser und Fay­en­cen, Schmuck und Möbel.

Zu sei­nem 70. Geburts­tag über­sand­te ihm der Ober­bür­ger­meis­ter Dr. Georg Wies­ner ein Glück­wunsch­schrei­ben, in dem es hieß: “Möge Ihnen in den kom­men­den Lebens­jah­ren Glück und Gesund­heit in rei­chem Maße beschie­den sein!“ Nach 1933 wur­de Mar­tin Ephra­im mehr­mals ver­haf­tet und noch 1944 aus dem jüdi­schen Alters­heim in Ber­lin nach The­re­si­en­stadt depor­tiert, wo er bereits am 4. April starb (wie wenig spä­ter sein Schwie­ger­sohn, der erblin­de­te Musik­wis­sen­schaft­ler Hans Neu­mey­er, des­sen Frau in Mai­danek umkam).

Spä­tes­tens in den 1980er Jah­ren wur­de in Aus­stel­lun­gen, Vor­trä­gen und Ver­öf­fent­li­chun­gen der Städ­ti­schen Kunst­samm­lun­gen Gör­litz Mar­tin Ephra­im gewür­digt. Seit den 1990er Jah­ren tragt eine Stra­ße in Gör­litz-Wein­hü­bel sei­nen Namen, immer­hin. So wirkt sein Lebens­werk in die­ser Stadt und für die­se Stadt den­noch fort.

Sein frü­he­res Wohn­haus in der Goe­the­stra­ße 17 kauf­te 1975 die Stadt Gör­litz und bau­te es zu einer Jugend­her­ber­ge um. 1987 wur­de die Jugend­her­ber­ge, die mitt­ler­wei­le unter Denk­mal­schutz gestellt wur­de, mit den Titel “Schöns­te Jugend­her­ber­ge der DDR“ aus­ge­zeich­net. Im Okto­ber 2010 wur­de der Jugend­her­bergs­be­trieb ein­ge­stellt und die WBG Sanie­rungs- und Ent­wick­lungs­ge­sell­schaft Gör­litz begann mit umfang­rei­chen Sanie­rungs­ar­bei­ten. Seit Mai 2011 betreibt die “Alte Her­ber­ge” in der Vil­la Ephra­im ein Über­nach­tungs- und Gastronomiebetrieb.
Quel­le:
Mit freund­li­cher Geneh­mi­gung des Stadt­BILD-Ver­la­ges Görlitz.

Die Nordsee-Zeitung sucht Eure historischen Bilder

Lehe war über Jahr­hun­der­te die bedeu­tends­te Sied­lung an der Weser­mün­dung — und ist einer der ältes­ten Stadt­tei­le Bre­mer­ha­vens. In den über­lie­fer­ten schrift­li­chen Quel­len wird die Ort­schaft bereits 1275 zum ers­ten Mal erwähnt.

Hafenstraße in Lehe

Die Hafen­stra­ße wur­de 1829 als Chaus­see von Bre­mer­ha­ven nach Lehe ange­legt. In den Jah­ren 1886 bis 1889 wur­de sie als brei­te, städ­ti­sche Stra­ße her­ge­rich­tet und im Lau­fe der Jahr­zehn­te völ­lig bebaut.

Hafenstraße in Lehe

Auch die 1905 ein­ge­weih­te Pau­lus­kir­che zeugt vom rasan­ten Wachs­tum Lehes: Die Alte Kir­che mit ihrer lan­gen Geschich­te, die nach einem Brand seit 1803 in ihrer jet­zi­gen Gestalt im ursprüng­li­chen Her­zen Lehes steht, bot nicht mehr genü­gend Platz. Das Zen­trum hat­te sich ver­scho­ben; die Pau­lus­kir­che gilt heu­te als Wahr­zei­chen des Stadtteils.

Hafenstraße in Lehe

Noch Anfang der 50er Jah­re präg­ten Kopf­stein­pflas­ter und die Stra­ßen­bahn die Hafen­stra­ße . Die Bäu­me an bei­den Sei­ten der Stra­ße haben längst eben­so wei­chen müs­sen wie die Gas­la­ter­nen, die von 1893 an die Stra­ßen des Fle­ckens Lehe beleuch­te­ten. Wer heu­te durch die Hafen­stra­ße schlen­dert, dem bie­tet sich ein völ­lig ande­res Bild.

Hafenstraße in Lehe

Wie sah es frü­her an der Hafen­stra­ße in Lehe aus? Die Nord­see-Zei­tung hat eini­ge his­to­ri­sche Fotos der Hafen­stra­ße her­aus­ge­sucht, die Euch einen Ein­blick in frü­he­re Ver­hält­nis­se bie­ten. Habt Ihr auch alte Fotos oder Doku­men­te zur Hafen­stra­ße oder auch Erin­ne­run­gen, die Ihr der Nord­see-Zei­tung zur Ver­fü­gung stel­len möch­tet? Dann schickt Eure Bil­der und Erin­ne­run­gen an damals doch ganz ein­fach per Email an online@nordsee-zeitung.de.

Vor 140 Jahren wurde die Stadt Görlitz kreisfrei

Stadt­krei­se gab es frü­her nur im König­reich Preu­ßen. Bei der 1816 erfolg­ten Glie­de­rung Preu­ßens in Krei­se wur­den die Pro­vinz­haupt­städ­te der unmit­tel­ba­ren Kon­trol­le der Pro­vinz­re­gie­rung unter­stellt, sie wur­den Imme­di­at­städ­te. 

Historische Karte Schlesiens 1905

Auf­grund der Indus­tria­li­sie­rung wuch­sen vie­le Städ­te schnell. Die For­de­run­gen an die preu­ßi­sche Regie­rung, die Krei­se neu zu ord­nen und Imme­di­at­städ­te zu bil­den, wur­den immer dring­li­cher. 1872 stimm­te die Regie­rung der Neu­bil­dung von Imme­di­at­städ­ten zu. Nach Erfurt, Düs­sel­dorf und Kre­feld wur­de am 1. Juli 1873 auch Gör­litz neue Imme­di­at­stadt. Ab 1. April 1887 wur­de die Bezeich­nung “Imme­di­at­stadt” abge­schafft und durch “Stadt­kreis” ersetzt. Gör­litz soll­te bis 2008 kreis­frei bleiben.

Mit Auf­lö­sung der Pro­vinz Schle­si­en zum 8. Novem­ber 1919 wur­de aus den Regie­rungs­be­zir­ken Bres­lau und Lie­gnitz die neue Pro­vinz Nie­der­schle­si­en gebil­det. Schließ­lich nahm man im Jah­re 1925 die Land­ge­mein­den Rausch­wal­de und Moys aus dem Land­kreis Gör­litz her­aus und schlug sie dem Stadt­kreis Gör­litz zu.

Kein Denkmal für Friedrich II. in Görlitz

Die gewal­ti­gen Reich­tü­mer machen die Men­schen ent­we­der zu Schur­ken oder zu Ver­schwen­dern.” Eine heu­te noch gül­ti­ge Erkennt­nis, die der­einst bereits König Fried­rich II. von Preu­ßen fest­ge­stellt haben soll. 

Kein Denkmal für Friedrich II. in Görlitz

Otto Gebühr als Fried­rich II. von Preußen

Der am 24. Janu­ar 1712 gebo­re­ne König, den wir in der Schu­le als Fried­rich den Gro­ßen ken­nen­ge­lernt haben, besuch­te wäh­rend der Krie­ge um Schle­si­en Mit­te des 18. Jahr­hun­derts neun­mal die Stadt Görlitz.

Im Janu­ar 2007 war im “Stadt­BILD” Heft 43 nach­zu­le­sen, wann der König sich in Gör­litz aufhielt:

1745 wohn­te er vom 25. bis 26. Novem­ber im Schloss Nie­der-Moys, wo ihn die Bür­ger­meis­ter Geh­ler und Riech aufsuchten.

1745 kam der König wenig spä­ter erneut nach Gör­litz und quar­tier­te sich vom 29. Novem­ber bis 4. Dezem­ber in das Haus der Wit­we des Bür­ger­meis­ters Stra­phi­nus ein, das heu­te die Anschrift Ober­markt 31 trägt.

Wäh­rend des Sie­ben­jäh­ri­gen Krie­ges wohn­te er 1757 noch­mals in die­sem Haus, und zwar vom 28. bis 29. Janu­ar und vom 1. bis 2. Februar.

Nach der Schlacht bei Roß­bach fand er vom 23. bis 25. Novem­ber Unter­kunft im Hau­se Peter­stra­ße 8. Weni­ge Tage dar­auf errang er den welt­his­to­ri­schen Sieg bei Leuthen.

1758 hielt er sich nach den tra­gi­schen Ereig­nis­sen von Hoch­kirch in der Nacht des 26. Okto­ber im Hau­se der Frau Breh­mer (heu­te An der Peters­kir­che 1) auf, sie­del­te aber dann, um der Haus­her­rin kei­ne wei­te­ren Belas­tun­gen zuzu­mu­ten, in das Gar­ten­haus des Gym­na­si­al­di­rek­tors Bau­meis­ter in der Hei­lig-Grab-Stra­ße 20 um, wo er vom 27. bis 30. Okto­ber blieb. Bei der Rück­kehr aus Neis­se wohn­te er vom 16. bis 17. Novem­ber noch­mals dort. Erst 1761, am 8. Mai, kam Fried­rich der Gro­ße wie­der nach Gör­litz, und zum letz­ten Male reis­te er am 17. März 1763 auf dem Wege nach Gold­berg durch die Stadt.

Heu­te erin­nert am Hau­se Hei­li­ge-Grab-Stra­ße 20 eine Tafel dar­an,  dass im Okto­ber und Novem­ber 1758 Fried­rich der Gro­ße hier logierte.

Trotz sei­ner gro­ßen Popu­la­ri­tät wur­de dem König in Gör­litz kein Denk­mal gesetzt. Nur Haus­ta­feln erzäh­len von sei­nen Auf­ent­hal­ten. Dafür wur­de in Gör­litz die Erin­ne­rung an Fried­rich den Gro­ßen durch den Schau­spie­ler Otto Gebühr, der sei­ne Schau­spiel­kar­rie­re 1897 am Gör­lit­zer Stadt­thea­ter begann, wach gehal­ten. In zahl­rei­chen Fil­men, die einst unse­re Eltern und viel­leicht auch uns selbst begeis­ter­ten, gestal­te­te er die Rol­le des Preußenkönigs.

Nach 1945 war Fried­rich der II. in der DDR “uner­wünscht”, er wur­de für die Hit­ler-Bewe­gung mit­ver­ant­wort­lich gemacht. Die Natio­nal­so­zia­lis­ten – beson­ders Pro­pa­gan­da­mi­nis­ter Joseph Goeb­bels – glo­ri­fi­zier­ten den König über alle Maßen. Dabei spiel­ten vor allem die sechs Fil­me, in denen Otto Gebühr den Preu­ßen­kö­nig dar­stell­te, eine wich­ti­ge Rolle. 

Erst vie­le Jah­re spä­ter – 1981 zur Preu­ßen­aus­stel­lung in West-Ber­lin und 1986 zu sei­nem 200. Todes­tag — wur­de er in der DDR “wie­der­ent­deckt”. Zu die­ser Zeit stell­te man auch das berühm­te Rei­ter­stand­bild in Ber­lin Unter den Lin­den wie­der auf.

Quel­len:
Stadt­BILD Nr. 102 vom Janu­ar 2013

Säch­si­sche Zei­tung  vom 26.10.2013

Erster Freideutscher Jugendtag 1913

Genau hun­dert Jah­re sind ver­gan­gen, seit sich  3000 Jugend­li­che – dem Ruf des Göt­tin­ger Stu­den­ten Chris­ti­an Schnee­ha­gen fol­gend —  am reg­ne­ri­schen 11. Okto­ber 1913 auf dem Hohen Meiß­ner bei Kas­sel zum Ers­ten Frei­deut­schen Jugend­tag ver­sam­mel­ten, um zwei Tage lang gemein­sam zu tan­zen und Lie­der aus dem Zupf­gei­gen­hansl zu sin­gen.Freideutscher Jugendtag 1913Wenigs­tens für die­se zwei Tage woll­ten sie den Zwän­gen des wil­hel­mi­ni­schen All­tags ent­flie­hen, den täg­li­chen Drill daheim und in der Schu­le vergessen.

Die­ser Ers­te Frei­deut­sche Jugend­tag war wohl auch als gesell­schafts­kri­ti­scher Pro­test gedacht: Zum hun­derts­ten Jah­res­tag der Schlacht gegen Napo­le­on soll­te am 18. Okto­ber 1913 in Leip­zig  das 91 Meter hohe Völ­ker­schlacht­denk­mal ein­ge­weiht wer­den – eines der größ­ten Denk­mä­ler Euro­pas. Den Teil­neh­mern des fast 100 Jah­re nach dem Wart­burg­fest von 1817 statt­fin­den­den ers­ten gro­ßen Jugend­tref­fens war die hur­ra-patrio­ti­sche Hul­di­gung von Kai­ser und Groß­macht-Reich zuwi­der. Man  distan­zier­te sich bewusst von den Spieß­bür­gern und Kor­po­rier­ten. Frei­heit und Gleich­heit war ihnen wich­ti­ger als der auf­blü­hen­de Nationalstolz.

So ström­te dut­zen­de Grup­pen aus dem gan­zen Kai­ser­reich zum Hohen Meiß­ner. Der Deut­sche Bund abs­ti­nen­ter Stu­den­ten und die Deut­schen Aka­de­mi­schen Frei­schar eben­so wie refor­mier­te Schü­ler-und Stu­den­ten­ver­bin­dun­gen, Lebens- und Schul­re­for­mer und hun­der­te von Mit­glie­dern der Wandervögel.

Die jun­gen Leu­te, die dort oben auf dem Hohen Meiß­ner san­gen und tanz­ten, wuss­ten noch nicht, das es für vie­le Jah­re das letz­te gro­ße Jugend­tref­fen gewe­sen sein soll­te. Der Ers­te Welt­krieg stand vor der Tür, er schick­te sei­ne dunk­len Wol­ken bereits vor­aus. Etwa 12 000 Wan­der­vö­gel zogen in den Krieg, und in die­ser Zeit ver­such­ten Mäd­chen und die jün­ge­ren Jun­gen, den Wan­der­vo­gel­be­trieb auf­recht zu erhal­ten. Als der Krieg vor­bei war, soll­ten es 9 000  Wan­der­vö­gel sein, die “im Feld blie­ben” und ihre Hei­mat nicht wie­der sahen. Die­je­ni­gen aber, die zurück kamen, fan­den nicht nur einen ande­ren Wan­der­vo­gel wie­der son­dern auch einen ande­ren Staat als den, den sie zurück­ge­las­sen hatten.