Die Gaststätte “Frenssenstube” in der Frenssenstraße
Die Gaststätte “Frenssenstube” in der Frenssenstraße
“Wenn das hier so weitergeht, dann werden noch viele Kneipen sterben”, hat “Pello” vor einigen Jahren der Nordsee-Zeitung gesagt. Georg Michael Birkel, den alle “Pello” nennen, ist seit 40 Jahren Wirt der Gaststätte “Frenssenstube” in der Frenssenstraße an der Ecke Stormstraße.
Bremerhaven soll in den 1950er und 1960er Jahren die Stadt mit der höchsten Kneipendichte gewesen sein. Gut 600 Gaststätten soll es in der Seestadt gegeben haben, und das Nachtleben pulsierte.
Der gelernte Wein- und Spirituosenkaufmann “Pello” wollte eigentlich nach Australien auswandern. Dann starb aber plötzlich sein Chef, und “Pello” übernahm am 14. März 1981 die Gaststätte “Frenssenstube”. In den Jahren konnte man in Lehe mit einer Eckkneipe noch richtig Geld verdienen.
Alle betraten sie die Gaststätte “Frenssenstube” durch die schwere Eichentür: Journalisten, Politiker und Geschäftsleute tranken hier ihr Bier ebenso wie die amerikanischen Soldaten und die Arbeiter von den Werften und die Matrosen der Fischerei. Zehn bis zwölf Faß Bier schenkte “Pello” in der Woche aus, bis seine Gäste ihren Durst gelöscht hatten. Heute reichen zwei Faß pro Woche.
Die goldenen Zeiten sind vorbei
Die goldenen Zeiten sind im Goetheviertel längst vorbei. Nach Bremerhaven kommen schon lange keine Fischdampfer mehr. Und so blieben auch die durstigen Matrosen weg. Auch die Werftenkrise in der Seestadt Ende der 1980er Jahre zwang immer mehr Kneipen aufzugeben. Alleine in der Frenssenstraße haben acht Kneipen geschlossen. Ohne seine Stammgäste hätte wohl auch “Pello” längst aufgehört.
Und heute, mehr als vier Jahre nach dem Interview der Nordsee-Zeitung, ist es noch schlimmer. Die Beschäftigten des Hotel- und Gaststättengewerbes in Bremerhaven leiden hart unter den Corona-Lockdown-Maßnahmen. Die Wirte fürchten um ihre Zukunft. Wohl kaum einer Branche setzt die Corona-Pandemie so sehr zu, wie den Kneipen.
Nachtrag vom 10.06.2021
Soweit die Bremerhavener Gastronomen die Hygieneregeln einhalten und ein Schutzkonzept vorlegen können, dürfen sie seit dem 3. Juni 2021 auch wieder die Innenräume für ihre Gäste öffnen. Allerdings nur bis 23 Uhr. Und die Gäste müssen ein negatives Corona-Testergebnis vorlegen. Bremerhaven erwacht, und viele Kneipenbesitzer können aufatmen.
Auch “Pello” freut sich über die Rückkehr in das Nachtleben. Auf seine Stammgäste muss er nicht lange warten, die warten selbst schon ganz ungeduldig darauf, bei “Pello” wieder ein Bier trinken zu können. Viele Gäste sind auch schon komplett geimpft. GTrotzdem wird es in “Pellos” Kneipe zunächst nicht eng werden. 15 bis 20 Gäste darf er in seine Frenssenstube lassen. Und so appelliert der Wirt der Frenssenstuben auch an seine Kollegen, sich an die Regeln zu halten, damit es im Herbst nicht einen erneuten Lockdown gibt.
Bisher ist Georg Michael Birkel gut durch die Corona-Krise gekommen. Seine finanziellen Reserven hat er aufgebraucht. Aber der 66.jährige Wirt bekommt seit dem letzten Jahr Rente, und sein Eckhaus mit der Kneipe hat er längst abbezahlt. Doch sein 40-jähriges Betriebsjubiläum am 14. März 2020 konnte er wegen Corona nicht feiern. Und die Feier wird er auch nicht nachholen. Dazu fehlen die finanziellen Mittel. Nun hofft “Pello” darauf, seine Gäste zum 45-jährigen Jubiläum einladen zu können.
Quellen:
G.-D- Meyer “Pello, der Psychologe”, Nordsee-Zeitung vom 22.11.2016
L. M. Langen “Die Frenssenstube hält dem Kneipensterben stand”, nord24.de vom 18.02.2020
L. M. Langen “Pello, der Veteran der Frenssenstube”, norderlesen.de vom 19.02.2020
L. M. Langen “Wirt Pello hat in der Coronakrise seine Ersparnisse aufgebraucht”, Nordsee-Zeitung vom 7.6.2021