Die Marienkirche in Geestemünde – eine wechselvolle Geschichte, Teil 3
Grabstätten wurden bereits in der frühen Steinzeit angelegt. Sie gehören zu den ältesten Zeugnissen menschlicher Zivilisation. Wurden in der Antike die Toten an Orten bestattet, die sich außerhalb des städtischen Lebens befanden, verlagerte man im Mittelalter die Friedhöfe in den Bereich der Kirchengebäude.
Während im Allgemeinen nur kirchliche Würdenträger oder Könige und Fürsten in den Genuss kamen, direkt im Kirchengebäude bestattet zu werden, hatte die damalige “Mittelschicht” immerhin eine Chance, auf eine Bestattung in geweihter Erde auf dem Kirchhof. Exkommunizierte, Kriminelle, Gaukler, Tagediebe und Bettler fanden keinen Platz auf dem Kirchhof. Sie mussten sich außerhalb der Stadtmauern zur letzten Ruhe begeben.
Eine Leserin des “DeichSPIEGEL” ließ nicht locker, sie bestand darauf, vor dem Krieg auch um die Geestemünder Marienkirche herum Grabsteine gesehen zu haben. So machte ich mich nochmals auf die Suche nach den Grabplatten und wandte mich an die Küsterin, die mir freundlicherweise die Kirchentür aufschloss. Und dort habe ich Reste früherer Gräber entdeckt.
Vermutlich sind bei dem großen Brand in der Bombennacht vom 18. September 1944 auch die umliegenden Gräber zerstört worden. Die Küsterin konnte mir jedenfalls keine Auskunft geben, woher die drei Grabplatten stammen, die im Eingangsbereich der Marienkirche aufgestellt worden sind.
Innerhalb der Kirche wird der Besucher gefangen von der schlichten Schönheit der gotischen Architektur. Die weiß gekalkten Wände sehen aus, als hätten die Handwerker erst gestern ihre Arbeit vollendet. Dabei war es bereits das Jahr 1979, in dem das Gewölbe mit wunderschönen Ornamenten verziert wurde. Die Fenster mit ihrer antiken Bleiverglasung und die dunklen Kirchenbänke bilden einen schönen Kontrast zu den weißen Wänden. Bestimmt mag die Kirche vor hundert Jahren anders ausgeschaut haben, als jetzt nach der Beseitigung der Feuerschäden. Aber schön ist sie auch heute.
Lässt der Besucher seinen Blick schweifen, erfasst sein Auge den schlichten Altar auf dem sich eine von Professor Karl-Henning Seemann angefertigte Plastik befindet. Der Künstler hat auch die Bronzeplastik über der Kirchentür — Arche Noah mit der Friedenstaube – angefertigt.
Dreht der nun vor dem Altar stehende Besucher sich um und schaut Richtung Ausgang, entdeckt er über diesem die mit 16 Registern und wohl 1000 Pfeifen bestückte Schleifladenorgel. Die Pfeifen dieser neuen Orgel konnte man erstmals am 6. Oktober 1957 in einem Gottesdienst hören.
Bei youtube kann man sich das Kirchengeläut anhören.