Der Begriff des “Persilscheins“, mit dem sich mutmaßliche nationalsozialistische Straftäter durch die Aussagen von Entlastungszeugen „rein waschen“ konnten, ist noch heute in der kollektiven Erinnerung verankert und wird mit dem Prozess der Entnazifizierung verknüpft.
Doch wie lief dieses Verfahren eigentlich ab? Und konnte man damals allgemein gültige Antworten auf der Suche nach der Schuld der einzelnen Bürger finden? Fragen, die auch heute noch aktuell sein können.
“Die Entnazifizierung in Wesermünde und Bremerhaven“ – so lautet der Titel des Workshops, der einen Einblick in den Prozess der Entnazifizierung in Wesermünde und Bremerhaven geben soll. Anhand von Beispielen aus Bremerhavener und Bremer Akten können die Teilnehmer des Workshops, zu dem das Bremerhavener Stadtarchiv am 1. Juli 2015 einlädt, den Gang der Entnazifizierung nachvollziehen und dabei ein wichtiges Stück Bremerhavener Nachkriegsgeschichte erleben.
Jeder Deutsche über 18 Jahren musste nach dem Gesetz zur Befreiung vom Nationalsozialismus und Militarismus einen Fragebogen ausfüllen. Die Leiterin des Bremerhavener Stadtarchivs, Frau Dr. Julia Kahlayß, beschreibt in der Nordsee-Zeitung die damalige Vorgehensweise: “Falls bei einer ersten Überprüfung nichts gefunden wurde, wurde ein ‚Nichtbetroffenenbescheid‘ ausgestellt. Die Betroffenen wurden in die Kategorien Hauptschuldige, Belastete, Minderbelastete, Mitläufer und Entlastete eingeteilt, und die Angaben anschließend durch die Spruchkammern überprüft.
Die heute 87-Jährige Waltraut Sch. hat von 1947 bis 1948 Entnazifizierungsbüro gearbeitet und sogenannte Nichtbetroffenenbescheide ausgestellt. Für die Nordsee-Zeitung erinnert sie sich: Wir haben in der Geschäftsstelle der Spruchkammer die Listen durchgearbeitet und die Bescheide für die Bürger ausgestellt, die von dem Gesetz nicht betroffen waren“.
Die Spruchkammern sollen Mitte 1948 aufgelöst worden sein.
Quelle:
Nordsee-Zeitung vom 09.06.2015