Das Kaufhaus Schocken

Das Kauf­haus Schocken

Das Kauf­haus Scho­cken war die  viert­größ­te Waren­haus­ket­te in Deutsch­land mit mehr als 30 Filia­len. Die Eigen­tü­mer des Waren­haus-Kon­zerns waren die Gebrü­der Simon und Sal­man Schocken.

Kaufhaus Schocken später Merkur

Die Fami­lie von Josef Scho­cken betrieb in Zwi­ckau eine Kauf­haus­ket­te. Josef Scho­cken zog nach sei­ner kauf­män­ni­schen Aus­bil­dung im Jah­re 1903 mit sei­ner Ehe­frau Jea­nette Scho­cken nach Bre­mer­ha­ven und eröff­ne­te das Kauf­haus Scho­cken in der Bür­ger­meis­ter-Schmidt-Stra­ße. 1929 erwarb er zusätz­lich das Kauf­haus S. Hirsch in Geest­e­mün­de an der Georg­stra­ße 51. Sein Unter­neh­men war eng mit der Zen­tra­le in Zwi­ckau ver­bun­den, gehör­te aber nicht zum Kauf­haus­kon­zern Scho­cken sei­ner Brü­der. 1928 wur­de Josef Scho­cken Syn­ago­gen­vor­ste­her der Gemein­de Lehe-Geest­e­mün­de und übte das Amt bis zu sei­nem Tode im Jah­re 1934 aus.

1935_Kaufhaus_Schocken

Jea­nette Scho­cken ent­stamm­te einer seit 1839 in Hal­le ansäs­si­gen Kauf­manns­fa­mi­lie. Mit ihrem Ehe­mann hat­te sie die drei Kin­der Edith (geb. 3.3.1907), Heinz (geb. 13.7.1910) und Hil­de (geb. 18.2.1918).

Nach dem Tod ihres Ehe­manns führ­te  Jea­nette Scho­cken gemein­sam mit dem Ehe­mann ihrer Toch­ter Edith die Geschäf­te der bei­den Kauf­häu­ser in Bre­mer­ha­ven und Geest­e­mün­de. Zwar han­del­te es sich um zwei selb­stän­di­ge Kauf­häu­ser, jedoch waren sie orga­ni­sa­to­risch mit der Zwi­ckau­er Kon­zern­zen­tra­le ver­bun­den. Nach­dem der Kon­zern im Som­mer 1938 “ari­siert” wur­de, muss­ten die Kauf­häu­ser zwangs­wei­se an die neue Zen­tra­le ver­kauft wer­den. Die Ära Scho­cken war vorbei.

1939 Kaufhaus Merkur wird eröffnet

In der Pro­grom­nacht auf den 10. Novem­ber 1938 bren­nen SA-Scher­gen die Syn­ago­ge in der Schul­stra­ße ab und set­zen auch meh­re­re Geschäfts­häu­ser in Brand, dar­un­ter auch das Kauf­haus Scho­cken. Nach die­sen fürch­ter­li­chen gewalt­tä­ti­gen Über­grif­fen gegen die jüdi­sche Bevöl­ke­rung emi­grier­ten Heinz und Hil­de Scho­cken nach Ame­ri­ka, Wal­ter Elke­les gelang mit sei­nen Kin­dern die Flucht nach Palästina.

Auch Jea­nette Scho­cken hät­te jetzt noch flie­hen kön­nen. Sie tat es nicht. Sie hat­te eine erwach­se­ne, schwer­kran­ke Toch­ter, die nicht nur auf die Ein­richtung einer Kli­nik, son­dern auch auf die per­sön­li­che Zuwen­dung ihrer ­Mut­ter psy­chisch ange­wie­sen war. Daher woll­te sie zunächst in Bre­mer­ha­ven blei­ben, um  die Gene­sung ihrer Toch­ter Edith abzu­war­ten. Danach war es zu spät, sie konn­ten nicht mehr aus Deutsch­land raus.

Mit ins­ge­samt 570 jüdi­schen Frau­en, Män­nern und Kin­dern wur­den Jea­nette Scho­cken und Edith Elke­les wie auch ihr Bru­der, des­sen Frau und des­sen vier­jäh­ri­ger Sohn am 17.11.1941 nach Minsk depor­tiert. Das letz­te Lebens­zei­chen von ihr war ein Gruß an eine Freun­din in Bre­mer­ha­ven, den sie einem Sol­da­ten mit­ge­ge­ben hat­te. Ver­mut­lich wur­de sie im Ver­nich­tungs­la­ger Maly Tros­ti­nez ermordet.

1951 Kaufhaus Merkur

1949 erhielt  Sal­man Scho­cken sei­ne in den west­li­chen Besat­zungs­zo­nen befind­li­chen Waren­häu­ser, die auf­grund der “Ari­sie­rung”  im Jah­re 1938 jetzt “Mer­kur AG” hieß,  zurück. Doch 1953, gera­de als der Umsatz sei­nes Unter­neh­mens wie­der das Vor­kriegs­ni­veau erreicht hat­te, ver­kauf­te er sei­ne Akti­en­an­tei­le an Hor­ten. Sal­man Scho­cken ver­starb in der Nacht auf den 21. August 1959 in sei­nem Schwei­zer Hotelzimmer.

1961 Kaufhaus Merkur

Vie­le Bre­mer­ha­ve­ner Kin­der haben sich in der Vor­weih­nachts­zeit ihre Nasen an den wun­der­schön deko­rier­ten Schau­fens­tern des Kauf­hau­ses Mer­kur platt­ge­drückt. Da gab es so viel zu sehen, was die Kin­der­her­zen höher­schla­gen ließ: Pup­pen, Ted­dys und sogar eine im Kreis fah­ren­de elek­tri­sche Eisen­bahn. Und man­ches Kind ver­such­te, eine Fahrt mit dem Fahr­stuhl zu ergat­tern. Da gab es noch einen Fahr­stuhl­füh­rer, der trug Livree und sag­te in jedem Stock­werk die Waren an, die hier auf ihre Käu­fer war­te­ten. Es war eine Zeit des Auf­bruchs. Der Krieg haben die Men­schen hin­ter sich gelas­sen, alles schau­te nach vorne.

2014 Kaufhaus Merkur

1963 hat­te das Kauf­haus Mer­kur an der Ecke Georg- und Gras­hoff­stra­ße eine Ver­kaufs­flä­che von sagen­haf­ten 2.200 Qua­drat­me­tern. Doch 1977 schloss der Hor­ten-Kon­zern das Kauf­haus. Noch im glei­chen Jahr wur­den in den ver­wais­ten Räu­men Tep­pi­che ver­kauft, spä­ter wur­de aus dem Mer­kur-Haus eine Oase für Schnäppchenjäger.

Nun ist auch die “Preis-Oase” aus­ge­zo­gen, sie bie­tet ihre Schnäpp­chen jetzt in der Hafen­stra­ße an. Mit dem bevor­ste­hen­den Abriss des Mer­kur-Gebäu­des endet die lan­ge Geschich­te. Was bleibt, sind Erin­ne­run­gen, die durch Bil­der und Erzäh­lun­gen geweckt wer­den kön­nen. Aber viel­leicht auch mit der Zeit ver­lo­ren gehen. Wenn nie­mand mehr da ist, der erzäh­len kann, der erin­nern kann.

Neubau Nordsee-Pflege

Die Abbruch­ar­bei­ten haben bereits begon­nen. Wenn der Flach­dach­bau abge­tra­gen ist, wird Eta­ge für Eta­ge das tra­di­tio­nel­le Fuss­haus und das Mer­kur-Haus dem Erd­bo­den gleich­ge­macht. Dann kann mit dem Bau eines 16 Mil­lio­nen teu­ren Neu­baus für die Nord­see-Pfle­ge begon­nen wer­den. Geplant sind 75 Ein­hei­ten betreu­tes Woh­nen, Ver­wal­tungs­bü­ros für die Nord­see-Pfle­ge, ambu­lan­te Pfle­ge und Tages­pfle­ge, eine Aka­de­mie zur Aus­bil­dung von Alten­pfle­ge­fach­kräf­ten und eine 800 Qua­drat­me­ter gro­ße Ver­kaufs­flä­che für den Dro­ge­rie­markt Ross­mann. Im Unter­ge­schoss soll es neben Kel­ler­räu­me auch eine Tief­ga­ra­ge geben. Wenn alles nach Plan läuft, soll im Okto­ber schon das Erd­ge­schoss bezo­gen werden.

Und wenn Ende 2014 der kom­plet­te Neu­bau bezugs­fer­tig ist, wird das Scho­cken-Mer­kur-Gebäu­de der Ver­gan­gen­heit eines fer­nen Jahr­hun­derts  angehören.

Quel­len:
jeanette-schocken-preis.de
monde-diplomatique.de
Nord­see-Zei­tung
de.wikipedia.org

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