Zum Volkstrauertag 2014

Nun ist auch er dahin, der Okto­ber, der in die­sem Jahr ganz gewiss wie­der ein gol­de­ner war. Jetzt lässt die Kraft der Son­ne merk­lich nach, und das Jahr neigt sich dem Ende zu. Und nach katho­li­scher und evan­ge­li­scher Tra­di­ti­on endet am Abend vor dem ers­ten Advent­sonn­tag auch das Kir­chen­jahr. Und zwei Sonn­ta­ge vor dem ers­ten Advent­sonn­tag bege­hen wir in Deutsch­land seit 1952 den Volkstrauertag.

Gefallenen-Ehrenmal in Rauschwalde

Der Volks­trau­er­tag gehört zu den “Stil­len Tagen”, an dem der Toten zwei­er Welt­krie­ge an den Fron­ten und in der Hei­mat” gedacht wird. Das ist auch immer ein Tag für die Poli­ti­ker, die in ihren Reden all­ge­mein zur Ver­söh­nung auf­ru­fen und um Völ­ker­ver­stän­di­gung und zum Erhalt des Frie­dens mahnen.

Lei­der fal­len die Mah­nun­gen zu sel­ten auf frucht­ba­ren Boden. Bereits im Jah­re 1926, so schrieb der His­to­ri­ker Dr. Ernst Kret­sch­mar in der Stadt­BILD Nr. 77 vom Novem­ber 2009, ver­sam­mel­ten sich am Sonn­tag, dem 5. Sep­tem­ber, in Rausch­wal­de Ein­woh­ner und Ehren­gäs­te, um ein Ehren­mal für die im Welt­krieg 1914 – 1918 gefal­le­nen Sol­da­ten ein­zu­wei­hen. Zahl­rei­che pri­va­te und mili­tä­ri­sche Ver­ei­ne nah­men am Fest­zug teil.

Frontseite Denkmal Rauschwalde

Dr. Kret­sch­mar gab in sei­nem Auf­satz auch die heroi­sche Wei­he­re­de wie­der, die Pfar­rer Ber­ne­witz an dem Sonn­tag im Jah­re 1926 hielt: “Mehr als zehn Jah­re sind ver­gan­gen seit dem Tage, an dem deut­sche Hel­den hin­aus­zo­gen, um für ihr Vater­land zu kämp­fen und ihre Hei­mat vor dem Fein­de zu schüt­zen. Sie haben es erreicht in har­tem todes­mu­ti­gem Kampf, dass der Krieg nicht auf die deut­schen Flu­ren getra­gen wur­de… Es ist geblie­ben der Glau­be an die deut­sche Zukunft…Und an uns ist die Pflicht des Dan­kes, sol­cher zu geden­ken, die im Tode das Ver­mächt­nis hin­ter­las­sen haben, die Lie­be zur deut­schen Hei­mat über alles zu stel­len und sol­che Lie­be ein eini­gen­des Band für alle wer­den zu lassen.”

Natür­lich muss­te auch der dama­li­ge Stadt­schul­rat Dr. Mayr­ho­fer eini­ge Wor­te sagen: “ Ein Sym­bol der Ein­tracht soll die­se Denk­mal sein, und wenn der Dra­che Zwie­tracht sein Haupt zu hoch erhebt, dann wol­len wir unse­re Bli­cke auf die­ses Mal rich­ten und wol­len sei­ne Mah­nung befolgen.”

Land­rat Schrö­ter hob in sei­ner Rede her­vor, “dass alle, die sich zur Wei­he ein­ge­fun­den haben, das Gefühl des Dan­kes ver­eint und in tie­fer Ergrif­fen­heit aller Gedan­ken bei jenen wei­len, die ihr Leben für das Vater­land, für die Hei­mat und auch für die Ange­hö­ri­gen… hin­ge­ge­ben haben. Ein Unrecht ist es daher, im Bru­der­zwist ein­an­der zu bekämp­fen, nur weil der ande­re eine abwei­chen­de Mei­nung vertritt…”

Ehrendenkmal Rauschwalde

Dr. Kret­sch­mar berich­tet wei­ter, dass auch der sozi­al­de­mo­kra­ti­sche Abge­ord­ne­te Hugo Eber­le anwe­send gewe­sen sei. Er unter­stütz­te die “Mah­nung, ehrend und in Dank­bar­keit der Toten zu geden­ken und die­sen Dank auch dadurch zum Aus­druck zu brin­gen, dass wir uns den Leben­den zuwen­den und den Hin­ter­blie­be­nen mit der Tat der Hil­fe, soweit es mög­lich ist, den Dank abzu­stat­ten, den wir den Toten schul­den. Wohl sol­len wir bereit sein, das Vater­land mit unse­rem Leben zu schüt­zen, aber unser Stre­ben soll sein, die Schre­cken eines neu­en Bru­der­mor­des zu verhüten.”

Ein Jahr vor­her, am 26. April 1925, wur­de Paul von Hin­den­burg im Alter von 77 Jah­ren zum Reichs­prä­si­den­ten gewählt. Und in jenen Jah­ren wur­den über­all in Deutsch­land Mahn­ma­le und Krie­ger­ge­denk­stät­ten errich­tet, ent­hüllt und ein­ge­weiht. Auch wenn sich die poli­ti­schen Par­tei­en bis aufs Mes­ser bekämpf­ten, bewahr­ten sie doch Anstand und Ehr­furcht vor den Toten.

Gleich­wohl haben die Mah­nun­gen bekannt­lich nichts bewirkt. 1933 berief Hin­den­burg Adolf Hit­ler zum Reichs­kanz­ler. Die benann­ten den Volks­trau­er­tag schon ein Jahr spä­ter in Hel­den­ge­denk­tag um und ver­än­der­ten sei­nen Cha­rak­ter. Nicht mehr der Toten wur­de gedacht, die­ser Tag galt jetzt der Hel­den­ver­eh­rung. Und damit nah­men die schreck­li­chen Ereig­nis­se ihren Lauf, und nur 25 Jah­re nach dem Ende des Ers­ten Welt­krie­ges fie­len die Natio­nal­so­zia­lis­ten wie­der über unse­re Nach­bar­län­der her.

Totengedenken

Zum dies­jäh­ri­gen Volks­trau­er­tag blickt der Prä­si­dent des Volks­bun­des, Mar­kus Meckel, auf den vor hun­dert Jah­ren begin­nen­den Ers­ten Welt­krieg zurück und bestä­tigt, dass der Krieg “zu Recht die Urka­ta­stro­phe des 20. Jahr­hun­derts genannt wird. Die zivi­li­sier­te Welt fiel in Abgrün­de. Doch damit nicht genug: Vor 75 Jah­ren begann nach dem Hit­ler-Sta­lin-Pakt der Zwei­te Welt­krieg, der Schre­cken und Gewalt ins Unfass­ba­re steigerte.”

Mar­kus Meckel mahnt auch, “dass der Blick zurück unse­re Auf­merk­sam schär­fen kann und uns war­nen, was kom­men kann, wenn wir unacht­sam wer­den… Bald aber wird es kaum noch Zeit­zeu­gen und Ange­hö­ri­ge geben. Die Fried­hö­fe wer­den mehr und mehr Orte des Geden­kens und Ler­nens und kön­nen auch so ihre gesell­schaft­li­che Bedeu­tung bewah­ren. Damit das aber mög­lich ist, müs­sen wir sie bes­ser erklä­ren, die his­to­ri­schen Zusam­men­hän­ge benen­nen, die ver­schie­de­nen Opfer und ihre Situa­ti­on stär­ker in den Blick nehmen.”

Erich Kästner

Vor dem Hin­ter­grund der zwei Welt­krie­ge soll­ten die Kri­ti­ker des Euro doch ein­mal beden­ken, dass Euro­päi­sche Uni­on mehr ist als eine Wäh­rungs­ge­mein­schaft. Was mit der Mon­tan­uni­on begann, führ­te zur Aus­söh­nung mit Frank­reich und zu einem dau­er­haf­ten und bis heu­te anhal­ten­den Frie­den.  Die Euro­päi­sche Uni­on ist ein Frie­dens- und Ver­söh­nungs­werk, das erhal­ten wer­den muss. Gera­de im Ange­sicht der Kri­sen in der Ukrai­ne, in Paläs­ti­na und in Syri­en muss uns bewusst sein und bewusst blei­ben, dass jeder von uns mit sei­nen Mög­lich­kei­ten für einen Frie­den ein­tre­ten muss, der uns Frei­heit und Unab­hän­gig­keit sichert.

Quel­len:
Dr. Ernst Kret­sch­mar, Stadt­BILD Nr. 77 vom Novem­ber 2009, Sei­ten 12 — 19

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