Der Weihnachtsbraten

Der Weih­nachts­bra­tenDer Weihnachtsbraten Im Win­ter, um die Weihnachtszeit, 
wenn ’s kalt wird und auch manch­mal schneit, 
dann kann man ’s schier nicht mehr erwarten, 
man freut sich auf den Festtagsbraten.

Die Schlank­heits­kur ist längst vergessen, 
man denkt schon wie­der nur ans Essen. 
Die Küche hat jetzt ungeniert 
die Haus­frau für sich reserviert, 
und wagst du den­noch dich hinein, 
da fängt sie auch schon an zu schrei’n:

Die Fin­ger weg, das wird ein Kuchen, 
du hast hier drin gar nichts zu suchen!” 
In ihrem Reich steh’n Schüs­seln, Teller, 
gesta­pelt bis fast untern Söller.

Die Gans, die noch vor ein paar Wochen 
auf einer Wie­se rumgekrochen, 
mit viel Geschnat­ter, quack, quack, quack — 
grad wie im Deut­schen Bundestag — 
ist nackt, man hört sie nicht mehr schrei ’n,
gleich kommt sie in das Back­rohr rein.

Es riecht und duf­tet schon seit langem, 
das was­ser läuft im Mund zusammen. 
Nun ist ’s soweit, erwartungsvoll 
stopft jeder sich den Ran­zen voll.

Die Klö­ße, Rot­kraut, all die Sachen, 
die Gän­se­bra­ten schmack­haft machen, 
sind, weil sie doch so köst­lich munden, 
schnell auf­ge­ges­sen und verschwunden.

Dazu ein Wein vom allerbesten, 
wie das so ist bei sol­chen Festen. 
Zum Schluss kommt auch noch ein Dessert, 
und jeder stöhnt:”Ich kann nicht mehr!”

Die Gans, sie war wohl etwas fett, 
drum willst Du erst mal zum Klosett, 
ver­suchst ver­zwei­felt aufzusteh’n,
es will und will ein­fach nicht geh’n.

Belus­tigt schon die andern gucken, 
ver­giss das Klo. Bleib lie­ber hocken. 
Jetzt kommt der Kaf­fee und der Kuchen, 
man kann ja noch ein Stück versuchen.

Jedoch beim drit­ten Stück­chen Torte 
zieht ’s dich erneut zu jenem Orte, 
der dich erleich­tert und befreit, 
von Blä­hung und von Völligkeit.

Bist du dann end­lich aufgerappelt, 
ein paar Schritt vor die Tür getappelt, 
da kommt, wie könnt ’s auch anders sein, 
das Abend­essen schon herein. 
Ein schö­ner Bra­ten und auch Soße: 
”Pass auf, spritz nur nichts auf die Hose!”

Ein Häpp­chen da und eins von hier, 
ein Lachs­brot und auch ein Glas Bier, 
dann noch ein Würst­chen und ein Ei, 
ein Käse­brot ist auch dabei.

Dann wird ein Obst­ler noch serviert, 
dass die Ver­dau­ung funktioniert. 
Dazu kommt noch ein Gla­serl Wein 
und gleich ein zwei­tes hintendrein.

Jetzt kommt auch noch ein Eis daher: 
”Das schaff’ ich ganz bestimmt nicht mehr!” 
So geht das nun schon ein paar Tage, 
beängs­tigst denkst Du an die Waage.

Am nächs­ten Mor­gen, da geht ’s los: 
Es passt der Arsch nicht in die Hos’. 
Die Blu­se ist nun auch zu klein, 
wie  kommt ’s, was kann nur Schuld dran sein?

Ab über­mor­gen, das ist klar, 
wird abge­speckt ein gan­zes Jahr, 
geplagt rufst du mit viel Gestöhn: 
”Essen und Trin­ken ist doch schön!”

von Horst Zie­gert, gebo­ren 1929 in Görlitz 
In: Gereim­tes aus dem Alltag. 
Lite­ra­tur­müh­le Arn­schwang 2010
Mit freund­li­cher Geneh­mi­gung Lite­ra­tur­müh­le Ver­lags­ge­sell­schaft mbH, 93473 Arnschwang

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