75 Jahre Walfangschiff “Rau IX

Die 1872 von ihrer letz­ten Wal­fang­fahrt zurück­ge­kehr­te “Hud­son” der Bre­mi­schen Ree­de­rei Gro­ver­mann & Co. gilt als der letz­te Grön­land­fah­rer. Danach ver­ließ kein Schiff mehr die Weser, um sich auf Wal­fang zu bege­ben. Petro­le­um­lam­pen hat­ten die Tran­fun­zeln ver­drängt.Walfangschiff "Rau IX"Erst in den 1930er Jah­ren, als man die Bedeu­tung des Trans für die Mar­ga­ri­ne­pro­duk­ti­on erkann­te, wur­de die Wie­der­auf­nah­me des Wal­fan­ges vor­an­ge­trie­ben. In die­sen Jah­ren ver­brauch­te die deut­sche Mar­ga­ri­ne­her­stel­ler jähr­lich bis zu 250.000 t Wal­öl.  So wur­den auf Deutsch­lands Werf­ten von 1936 bis 1939 sie­ben Wal­fang­flot­ten gebaut, die jeweils aus einem Mut­ter­schiff und bis zu neun Fang­boo­ten bestanden.

An die­sem Geschäft woll­te auch der nie­der­säch­si­sche Ölmüh­len­be­sit­zer Wal­ter Rau teil­ha­ben, und er grün­de­te 1937 die “Wal­ter Rau Wal­fang AG”. Die Weser­mün­der See­beck­werft bau­te 1937 das Wal­fang­mut­ter­schiff “Wal­ter Rau” und acht Fang­schif­fe (“Rau I” bis “Rau VIII”). 1939 wur­den eben­falls auf der See­beck­werft “Rau IX” und “Rau X” gebaut.

Rau IX” wur­de nicht mehr, wie ursprüng­lich vor­ge­se­hen, zum Wal­fang ein­ge­setzt. Nach sei­ner Fer­tig­stel­lung wur­de der Wal­fang­damp­fer gleich der Kriegs­ma­ri­ne unterstellt.

Wahlfangflotte Rau

Bis zum Früh­jahr 1939 haben die sie­ben Fang­flot­ten in der Ark­tis und in der Ant­ark­tis gut 15.000 Wale erjagt. Dann wur­de die Wal­fang­flot­te für die Ver­wen­dung in der Kriegs­ma­ri­ne umge­rüs­tet und als Vor­pos­ten­boo­te, Flug­si­che­rungs­boo­te und U‑Jagdboote ver­wen­det. Kaum ein Schiff sah sei­nen Hei­mat­ha­fen wieder.

Auch “Rau IX” wur­de zum U‑Boot-Jäger umge­baut und als Vor­pos­ten­boot ein­ge­setzt. Nach Kriegs­en­de räum­te das Schiff vor der deut­schen Küs­te Minen. Spä­ter wur­de “Rau IX” nach Nor­we­gen abge­lie­fert und dort im Wal­fang ein­ge­setzt. Am Bug stand nun der Name “Krutt”. Noch bis 1968 wur­de das Schiff zum Wal­fang ein­ge­setzt, dann war Schluss. Das Wal­fang­ge­schäft war nicht mehr ren­ta­bel genug, das Fang­schiff sah sei­ner Ver­schrot­tung entgegen.

Zaun aus einer Walkinnlade

Mit finan­zi­el­ler Hil­fe der Fami­lie des Flot­ten­grün­ders gelang es dem Deut­schen Schif­fahrts­mu­se­um, das Schiff nach Bre­mer­ha­ven zu holen. Hier wur­de sie anhand der ori­gi­na­len Plä­nen der See­beck­werft in ihren Ursprungs­zu­stand zurück­ge­baut. Auf dem obe­ren Bild kann man die Har­pu­nen­ka­no­ne auf dem Bug erken­nen. Sie ist über eine Lauf­brü­cke mit der offe­nen Kom­man­do­brü­cke ver­bun­den. Die Har­pu­ne ist mit einer 1.200 Meter lan­gen Wal­lei­ne ver­bun­den, die ihrer­seits an ein elas­ti­sches Stahl­seil gekop­pelt ist. So soll­te ver­hin­dert wer­den, dass die Lei­ne bei zu gro­ßem Wider­stand der Wale reißt.

Im Jahr 2014 konn­te der Wal­fang­damp­fer, der im Muse­ums­ha­fen auf sei­ne Besu­cher war­tet, sei­nen 75. Geburts­tag feiern.
Quel­len:
Har­ry Gab­cke: Bre­mer­ha­ven in zwei Jahr­hun­der­ten – 1919–1947, Sei­ten 87 + 88
Ursel Kikker: Wal­fang­damp­fer fei­ert Geburts­tag, Nord­see-Zei­tung v. 16.12.2014

5 Antworten

  1. Torsten Warnke sagt:

    Mein Groß­va­ter ist im Okto­ber 1937 als Maschi­nist auf der RAU IV von Weser­mün­de über Ham­burg in die Ant­ark­tis gefah­ren. 1940 war er auf der RAU VI, die nach einem Tor­pe­do­tref­fer im Ska­ger­rak gesun­ken ist. Die gesam­te Flot­te der Fang­boo­te wur­de damals als Vor­pos­ten­boo­te für die Frie­den­au eingesetzt.

  2. Silke Zacharias sagt:

    Hal­lo,
    mein Groß­va­ter fuhr ein hal­bes Jahr (1938/39) mit auf Wal­fang und hin­ter­ließ mit ein Tage­buch und Bil­der, die auf der Fahrt gemacht wur­den. So hat­te ich das Glück, ein Buch her­aus­ge­ben zu können:
    “Eine Wal­fan­g­rei­se auf der WAl­ter Rau 1938/39”

    Mich hat es wahn­sin­nig fas­zi­niert, wie hart die Män­ner gear­bei­tet haben — und was der Wal­po­pu­la­ti­on ange­tan wurde.
    Bei Inter­es­se kön­nen hier Bil­der ein­ge­se­hen werden:
    http://www.walfangreise.de

    Herz­li­che Grüße,
    Sil­ke Zacharias

  3. Heidrun Kuchenbecker sagt:

    Nach der Flucht aus Ost­preus­sen gelang es mei­ner Mut­ter, mit mei­ner Schwester
    und mir mit dem Wal­fang­mut­ter­schiff “Wal­ter Rau” von Goten­ha­fen nach Eckern­foer­de zu gelan­gen. Es war Ende Maerz 1945 das letz­te Schiff, das Goten­ha­fen ver­liess. Am Fol­ge­tag wur­de die Stadt von den Rus­sen ein­ge­nom­men. Ich war zwei
    Jah­re alt (mei­ne Schwes­ter drei), kann mich aber an den Tag unse­rer Ankunft in Eckern­foer­de gut erin­nern. Mei­ne Mut­ter sag­te ein­mal, dass sie die Schraeglage
    des Schif­fes noch immer vor Augen habe. Es soll noch nach­traeg­lich, als wohl nie­mand mehr drauf war, ange­grif­fen und beschae­digt wor­den sein.

    • admin sagt:

      Lie­be Frau Kuchenbecker,
      sol­che Erin­ne­run­gen ver­blas­sen wohl nie, sie sind selbst für Klein­kin­der zu einschneidend.
      Vie­len Dank für Ihren Kom­men­tar. Ih wün­sche Ihnen einen schö­nen Sonntag.
      Herz­li­che Grü­ße aus Bremerhaven
      Her­mann Schwiebert

  4. Hans Joecks sagt:

    Das Wal­fang­mut­ter­schiff ‘Wal­ter Rau’ lag im Som­mer 1945 in der Bucht von Eckern­för­de. Es soll einen Sei­ten­tref­fer von den west­li­chen Alli­ier­ten erhal­ten haben und wäre auf der öst­li­chen Sei­te der Bucht auf Grund gelau­fen, um der Ver­sen­kung zu ent­ge­hen. Wir Heim­kin­der von der Insel Rügen (Flücht­lin­ge) auf dem Fähr­damp­fer ‘Deutsch­land’, der vor dem Krie­ge zwi­schen Saß­nitz und Trel­le­borg ver­kehr­te, erhiel­ten die­se Ant­wort von den Matro­sen der ‘Deutsch­land’.

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